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Ob der Nachbar die von einer Photovoltaikanlage ausgehende Blendwirkung dulden muss, hängt vor allem davon ab, wie oft und wie stark sie auftritt. In Deutschland hat der Gesetzgeber - ähnlich wie beim Schattenwurf von Windkraftanlagen - zum Schutz Grenzwerte festgelegt. Anwohner dürfen lediglich 30 Minuten täglich, insgesamt jedoch nicht mehr als 30 Stunden im Jahr, geblendet werden.
In Österreich fehlen solche Normen. Die Beeinträchtigung des Nachbarn hängt nach der aktuellen Rechtsprechung nicht nur von der Dauer der Spiegelung während des Tages und der Jahreszeit ab, sondern auch von der räumlichen Ausdehnung und den Witterungsverhältnissen. Gesundheitsgefährdende Blendwirkungen müssen Nachbarn grundsätzlich nie dulden. Auch wenn die Beseitigung der Anlage erhebliche Kosten bewirkt.
Lichtreflexionen im Ausmaß, dass schon einige Sekunden direkter Betrachtung ausreichen, massive Augenschäden zu verursachen, beeinträchtigen die Benützung einer Liegenschaft wesentlich. Insbesondere wenn zum Beispiel eine nordseitig montierte Solaranlage durch eine unübliche Winkelstellung die Spiegelungen begünstigt.
Physikalisch ist Einstrahlwinkel gleich Ausstrahlwinkel. Deshalb versagen manchmal Markisen und ähnliche Sonnenschutzvorrichtungen, das Licht strahlt daran vorbei. Ob eigene Abwehrmaßnahmen (wie Jalousien, Vorhänge, Hecken) zumutbar sind, beurteilen die Gerichte unterschiedlich. Dabei spielt auch die Förderung regenerativer Energie eine Rolle und prägt das Erscheinungsbild heutiger Bebauung.
Immissionen sind dann zu dulden, wenn sie keine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung hervorrufen und nicht gesundheitsgefährdend sind. Dass es in einer Gemeinde viele Photovoltaikanlagen gibt, sagt nichts darüber aus, ob es auch zu vergleichbaren Blendwirkungen auf Wohnungen kommt. Es kommt nicht auf die Ortsüblichkeit der emittierenden Anlagen, sondern auf die Ortsüblichkeit der Emissionen an.
Nicht zuzumuten ist dem Nachbarn, seine Wohnung während der gesundheitsgefährdenden Blendwirkung völlig zu verdunkeln. Das würde die Verwendung künstlichen Lichts erfordern. Entscheidend ist, welcher Bereich des Hauses betroffen ist. Sind es kurzzeitig am Tag genutzte Räume wie Bad oder Schlafzimmer - oder zum längeren Aufenthalt dienende Bereiche wie Wohnzimmer oder Terrasse?
Der Oberste Gerichtshof (OGH) wertet zum Beispiel die bei Sonnenschein vom glasierten Ziegeldach auf den Balkon und Teile des Wohn- und Esszimmers ausgehenden Sonnenreflexe (Aufhellungen) samt Blendwirkung nicht als wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung. Der mehrmals die Woche für etwa eine Stunde auftretenden Lichteinwirkung könne "durch Verwendung eines (schwenkbaren) Sonnenschirms" und Jalousien begegnet werden.
Hingegen verneint der OGH eine Selbsthilfe bei der von einer Photovoltaikanlage ausgehenden Blendwirkung. Davon war der Eigentümer einer nach Süden ausgerichteten Wohnung mit einer verglasten Fensterfront betroffen. Die auf der gegenüberliegenden Dachnordseite des Nachbarhauses später montierten Solarmodule blendeten ihn von Frühjahr bis Sommer bis zu eine Stunde pro Tag.
Die Photovoltaikanlage kann verboten werden, wenn Kinder besonders gefährdet sind, Sonnenbrillen als Schutz nicht ausreichen oder die Wohnung großflächig und weitgehend dicht abgeschirmt werden müsste. Einen Trost hatten die Richter für den Anlagenbetreiber: Sein Aufwand (teilweiser Abbau der Solarzellen) mit rund 5000 Euro ließe sich sogar teilweise wieder hereinbringen, wenn er die Solarzellen auf seinem Dach nicht nordseitig, sondern effizienter positionieren würde.
Martin Kind ist Univ.-Doz. für Öffentliches Recht, Universität Wien
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