Manchen „Silver Agern“ werden ihre Villen irgendwann zu groß.
| SN/bernhard schreglmann |
"Auf dem Markt für Wohnimmobilien zeichnen sich sehr heterogene Entwicklungen ab", sagt Georg Spiegelfeld, Präsident Immobilienring (IR): "Silver Ager" verkaufen ihre Villen, Wohnungen im Hochpreissegment sind schwer verwertbar und im mittleren und unteren Segment herrscht in den Großstädten Wohnungsnot. Regionale Kleinstädte sind die Gewinner, sofern diese über eine öffentliche Anbindung verfügen. Die Erhaltung der Bausubstanz von Zinshäusern könnte in 20 Jahren ein Problem werden. Im Osten ist es im Bereich rund um Gewerbeimmobilien ruhig, aber: "Im Salzburger Tennengau entsteht mit dem Wissenspark das größte Bauprojekt Westösterreichs", berichtet IR-Vizepräsident Andreas G. Gressenbauer. Doch der Reihe nach:
"Silver Ager" sichern ihren Wohlstand
In den nächsten Jahren werden in Wien und naher Umgebung verstärkt Villen auf den Markt kommen. Villenbesitzer, die schon in Pension sind und deren Kinder im Ausland leben und/oder kein Interesse am elterlichen Haus haben, meiden die hohen Sanierungs- und Investitionskosten, die zur Erhaltung notwendig sind. Die Werterhaltung des Hauses für die Familie rückt gegenüber dem persönlichen Wohlstand in den Hintergrund.
"Um ihren Wohlstand zu halten, planen viele, ihre Immobilie zu verkaufen und sich mit dem Geld in servicierte Residenzen einzukaufen oder einzumieten", nennt Spiegelfeld einen der neuen Trends.
Über ein sehr großes Angebot verfügt der Markt im Sektor exklusive Wohnungen im Bereich der Vier-Millionen-Euro-Marke. "Hier sind Anfrage und Angebot nicht im Gleichklang. Es gibt nur sehr wenige Interessenten für hochpreisige Wohnungen, diese sind daher sehr schwer zu verwerten", weiß Spiegelfeld. Verkäufer würden diese Wohnungen aber eher leer stehen lassen, um das Preisgefüge nicht zu stören. Auch Mietwohnungen jenseits der 2000- bis 2500-Euro-Grenze seien zurzeit nicht nachgefragt.
Zwischen Wohnungsnot und Leerstand
Spiegelfeld: "Im mittleren und unteren Bereich können wir in Wien und Graz bereits von einer extremen Wohnungsnot sprechen. Es werden nicht einmal halb so viele Wohnungen gebaut, wie benötigt werden." Obwohl der starke Zuzug in Wien seit Längerem prognostiziert wurde, könne die gestiegene Nachfrage nicht kompensiert werden. Deshalb wünscht sich der Experte mehr Anreize, um privates Investment zu forcieren. "So könnten sich Bauträgergesellschaften gründen, die erschwingliche Wohnungen bauen."
Eine verschärfte Situation zeigt sich in Salzburg. Es wird geschätzt, dass es gleich viele leer stehende Wohnungen wie Wohnungssuchende gibt. Seitens der Politik gibt es deshalb Überlegungen zu einer Solidaritätsabgabe. Gressenbauer: "Salzburg-Stadt verfügt über keine Bodenressourcen mehr. Es kann nur mehr an der Peripherie gebaut werden." Aber auch da seien Lebensqualität, Infrastruktur und Nahversorgung gut und private wie gewerbliche Bauträger aktiv.
Regionale Kleinstädte mit Bahnanschluss, guter Nahversorgung und einem attraktiven Schulangebot verzeichnen vermehrt einen Zuzug der Wiener. "Homeoffice und dezentrales Arbeiten nehmen dem Pendeln den Schrecken", erklärt Spiegelfeld den Trend. Sei eine öffentliche Anbindung vorhanden, so stelle auch die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz nach Wien kein Problem dar: "Regionale Städte sind lebenswert und bieten finanzierbaren Wohnraum." Deshalb würde die Grenze zwischen Stadt und Land immer mehr verschwimmen und urbaner Lifestyle Einzug in ländliche Regionen halten.
Bausubstanz Zinshaus erhalten
Viele Wiener Zinshäuser wurden in den vergangenen Jahren von Grund auf saniert, die Wohnungen parifiziert und verkauft. Gerade in den Wiener Zinshäusern gibt es nun viele Miteigentümer und Spiegelfeld befürchtet, dass sich in 20 oder 30 Jahren massive Probleme daraus ergeben könnten: "Häuser, die heute super saniert und schön sind, könnten bei der nächsten notwendigen Investition ein Problemfall werden. Wohnungskäufer sind Miteigentümer am gesamten Objekt. Bei einer Kreditaufnahme muss die Mehrheit der Eigentümergesellschaft zustimmen und das kann schwierig werden. Wir brauchen dringend Lösungen, um einen Wertverfall zu vermeiden."
In Salzburg sieht die Situation laut Gressenbauer aber anders aus. "Die Gebäude sind in erster Linie aus dem 17. und 18. Jahrhundert und haben eine andere Eigentümerstruktur. Es gibt oft nur eine kleine Anzahl an Miteigentümern, welche die Wohnungen zudem meist selbst nützen." Solche, die als Mietwohnungen genutzt werden, würden des Öfteren leer stehen, da die Eigentümer mit den vorgegebenen Nutzungsbedingungen (Widmungen, Garagen etc.) nicht einverstanden sind.
Ruhiger Markt für Gewerbeimmobilien
"Im Osten Österreichs ist die Situation ruhig", erklärt Spiegelfeld. Es gebe zwar größere Übersiedlungen in neue Gebäude, etwa durch Zentralisierung von Organisationen, aber kaum Neubau. Erst für 2017 sieht Spiegelfeld, bei positivem Wirtschaftsausblick, wieder das Entstehen neuer Flächen. Im Handel herrsche zwar ein Verdrängungswettbewerb, aber grundsätzlich sei die Welt hier noch in Ordnung.
In Salzburg liege der Leerstand bei rund fünf bis sieben Prozent, berichtet Gressenbauer. Es würden keine großen Einheiten gebaut, da in Salzburg keine Flächen vorhanden sind. Westösterreichs größtes Bauvorhaben, der Wissenspark, entsteht im Salzburger Puch-Urstein (Tennengau). Das 100-Millionen-Euro-Projekt wird in vier Bauschritten hergestellt. Eigentümer ist die Sapeg GmbH, die zu 70 Prozent dem Salzburger Immobilienbüro Stiller & Hohla und zu 30 Prozent dem Hilfswerk Salzburg gehört.
Interessierte Investoren
Das Interesse von internationalen Investoren an Österreich und im Speziellen an Wien ist noch immer ungebrochen. "Vor allem Bürohäuser und Fachmarktzentren sind nach wie vor gefragt", fasst Spiegelfeld zusammen. "Fachmarktzentren nur auf die grüne Wiese stellen ist vorbei", ergänzt Gressenbauer. In Salzburg werde nur nahe Ballungszentren in entsprechende Größen mit guten Ankermietern investiert.
Weniger DINKs, dafür mehr Singles sind auf der Suche
Waren im Westen Österreichs bei der IR-Maklerbefragung im ersten Quartal 2015 noch vorwiegend DINKs (=Double Income No Kids) und Familien auf Wohnungssuche, so hat sich das im ersten Quartal 2016 völlig geändert. "Der Anteil wohnungssuchender Singles hat sich innerhalb eines Jahres beinahe verdoppelt", weiß Gressenbauer. Im Osten Österreichs stieg der Anteil, basierend auf einem bereits hohen Niveau, nur leicht.
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