Viele Wohnungen "verschwinden"

Airbnb sorgt für einen Rückgang langfristig vermietbarer Wohnungen. In New York beispielsweise führt das bereits zu spürbaren Auswirkungen auf den Immobilienmarkt.
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New York: Im Big Apple sind schon zehn Prozent der langfristig vermietbaren Wohnungen vom Markt verschwunden. 
New York: Im Big Apple sind schon zehn Prozent der langfristig vermietbaren Wohnungen vom Markt verschwunden. 
SN/www.bilderbox.com

House-Sharing-Portale wie Airbnb schaden dem Bestand an Wohnungen in Großstädten enorm. So reduzierte sich allein in New York der Anteil der auf lange Zeit mietbaren Immobilien bereits um zehn Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der beiden Interessengruppen Housing Conservation Coordinators und MFY Legal Services.

"Airbnb hat einen Schwarzmarkt für illegale Hotelanbieter generiert", beschreibt die US-Politikerin Linda Rosenthal die aktuelle Situation in New York. Durch diese Praxis verringere sich automatisch auch die Anzahl an bezahlbaren Wohnungen für Bürger der Stadt. Die aktuelle Erhebung zeigt darüber hinaus, dass rund 55 Prozent der in New York verfügbaren Airbnb-Lokalitäten illegal angeboten werden. Auch hierzulande ist das ein Problem, das von den lokalen Behörden zunehmend ernst genommen wird und deshalb durch neue Regelungen entschärft werden soll, wie das Beispiel Wien zeigt, das im Herbst strengere Regeln beschließen will.

Vermieter machen allein in New York bereits etwa 300 Mill. Dollar Umsatz, indem sie ihr Eigentum oder gemietete Wohnungen für kurze Zeit über Portale an Fremde vermieten beziehungsweise den Wohnraum gegen Geld mit ihnen teilen. Wären die Appartements auch im normalen Immobilienmarkt der Stadt vertreten, würde die Anzahl verfügbarer Wohnmöglichkeiten im Big Apple wieder ansteigen.

"Trend ist, dass oft zahlreiche Einheiten aus einem einzigen großen Haus vom Mietmarkt verschwinden", unterstreicht Marti Weithman von MFY Legal Services die Ergebnisse des Reports. Airbnb bezog zu der harschen Kritik aus der Studie folgendermaßen Stellung. "Wir müssen jetzt zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden, sodass die Mittelschicht in New York profitiert, aber auch unsere Home-Sharer geschützt werden", meint Airbnb-Sprecher Peter Schottenfels.

In New York gibt es seit Jahren Konflikte mit Aufsehern, die einen großen Teil der vermieteten Zimmer und Apartments für illegal halten und zudem klagen, dass etliche Nutzer keine Steuern auf ihre Airbnb-Einnahmen zahlen würden. In Berlin ist es seit Mai sogar verboten, ganze Wohnungen als Ferienwohnungen anzubieten. Wer es dennoch tut, riskiert bis zu 100.000 Euro Bußgeld.

Airbnb meldet Übernachtungsrekord

Ungeachtet der Auswirkungen auf den Immobilienmarkt und die Behebergungsbetriebe meldet die 2008 gegründete Internetplattform Airbnb neue Rekorde. So habe man inzwischen mehr als 100 Millionen Übernachtungen vermittelt. "Das ist eine Größenordnung, bei der man definitiv von einer neuen Art des Reisens sprechen kann", sagte Mitgründer Nathan Blecharczyk dem "Spiegel": "Damit demokratisieren wir den Tourismus."

Der Konflikt mit vielen Städten, die kurzfristige Vermietungen von Wohnungen einschränken wollen, sei nicht zuletzt eine Folge dieses schnellen Wachstums, urteilte Blecharczyk: "Lang sind wir belächelt oder ignoriert worden." Ein gutes Verhältnis mit den Städten sei aber "zwingend nötig, um langfristig erfolgreich zu sein".

Das vor acht Jahren in San Francisco entstandene Unternehmen vermittelt weltweit Zimmer und Wohnungen von privat an privat. Hotelbetreiber werfen Airbnb seit Langem unfaire Konkurrenz vor, weil für die Vermietungen oft keine Steuern gezahlt würden. Inzwischen erhebt Airbnb in zahlreichen Städten eine Bettensteuer.

Das rasante Wachstum von Airbnb stellt eine Bedrohung für die etablierte Hotelindustrie dar. Das Unternehmen listet nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Zimmer und Ferienwohnungen rund um den Globus. Zum Vergleich: Die beiden vor der Fusion zum Branchenprimus stehenden Hotelkonzerne Marriott International und Starwood hätten gemeinsam gut eine Million Betten. Den Weg an die Börse will das zuletzt mit rund 30 Mrd. Dollar bewertete Unternehmen vorerst nicht suchen. "Ein Börsegang ist für uns nicht das Ziel, sondern Mittel zum Zweck", sagte Blecharczyk: "In Quartalszahlen zu denken wäre eine zusätzliche Belastung."

Dass die Expansion aber nicht konfliktfrei verläuft, zeigen auch weiter Aspekte: Verärgerte Nachbarn können sich künftig direkt bei Airbnb über Nutzer beschweren, die ihre Wohnungen über das Mitwohnportal vermieten. Seit Anfang Juni bietet das Unternehmen aus San Francisco eine entsprechende Funktion auf seiner Internetplattform an. Der Service gilt zunächst allerdings nur in den USA. "Wir arbeiten daran, das Tool weltweit verfügbar zu machen", sagte der Firmensprecher.

Klagen über kommerzielle und rücksichtslose Nutzer, die Lärm und Stress für Nachbarn bedeuten, begleiten den rasanten Aufstieg von Airbnb schon lang. Nun will das Unternehmen helfen, schwarze Schafe auszusortieren, betont aber im Firmen-Blog: "Die überwältigende Mehrheit der Gäste sind respektvolle Reisende, sodass Beschwerden und Probleme unglaublich rar sind." Über die neue Funktion können anonym Hinweise gegeben werden, die Airbnb dann prüfen und, wenn nötig, auch Nutzer suspendieren oder ausschließen will.


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