Shoppingcenter sind auch in Innenstädten, wie hier in London, verbreitet.
| SN/bernhard schreglmann |
Die Dynamik bei der Entwicklung von Shoppingcentern ist in Europa nach der Immobilienkrise dauerhaft verschwunden. Die derzeitigen Zuwächse an vermietbarer Fläche liegen lediglich auf dem Niveau von vor 20 Jahren - eine wesentliche Veränderung ist nicht in Sicht. Das schreibt Regio Data Research in einer aktuellen Analyse.
Ende der Neunzigerjahre war die europäische Shoppingcenter-Branche demnach von satten jährlichen Zuwächsen der auf den Markt gebrachten Verkaufsflächen gekennzeichnet. Ab etwa 2005 setzte, vor allem bedingt durch heftige Aktivitäten in Russland, der Türkei und Polen, ein Hype ein, der mit der Immobilienkrise 2008 abrupt endete. Seitdem ist es nicht besser geworden: Politische und wirtschaftliche Krisen in Russland und der Türkei, verhaltenes Wirtschaftswachstum und eine Verlagerung der Umsätze von der stationären Fläche in Richtung Internet lassen die Retailer stark auf die Expansionsbremse treten. Die Nachfrage der Handelsunternehmen nach neuen Flächen ist dementsprechend schwach geworden.
Die jährlichen Zuwächse an neuer vermietbarer Fläche scheinen sich derzeit in Europa (inklusive der Türkei und Russland) auf einem Niveau von knapp unter vier Millionen Quadratmetern einzupendeln, wobei sich der räumliche Fokus verlagert hat: Weniger Projekte in Russland, der Türkei, der Ukraine und Polen (das schon ziemlich dicht besetzt ist) hin zu Deutschland, wieder Rumänien und Bulgarien.
In den vergangenen fünf Jahren wurden in Russland mit 6,2 Millionen Quadratmetern vermietbarer Fläche (GLA) die mit Abstand meisten Flächen neu errichtet. Die Türkei folgt mit 3,9 Millionen Quadratmetern mit Respektabstand. Polen brachte es in diesem Zeitraum auf 2,4 Millionen Quadratmeter, Deutschland auf 2,2 Millionen Quadratmeter. Generell werden die Neuprojekte knapp, sowohl bei den Shopping-Malls als auch bei den Retail-Parks (Fachmarktzentren).
Ein deutliches Zeichen ist die Zunahme von Transaktionen bei den Handelsimmobilien: Einzelne Immobilien, aber auch ganze Portfolios wechseln den Eigentümer, zumal eben die neuen Projekte fehlen, Geld, das investiert werden will, jedoch in hohem Maße vorhanden ist.
In Österreich läuft die Branche
Einige Neuprojekte und Erweiterungen bestehender Shopping-Malls sorgen in Österreich wieder für einen Umsatzzuwachs. Nachdem der Marktanteil in den vergangenen beiden Jahren stagniert hatte, konnte im Jahr 2015 wieder eine Steigerung des Umsatzes auf 17,7% des gesamten inländischen Handelsumsatzes erreicht werden. Gemeinsam mit den Fachmarktzentren erreichen die Shopping-Malls als "synthetische" Handelszonen bereits 28%, die "gewachsenen" Einkaufsstraßen und Ortskerne hingegen nur zirka 14% und die Onlineeinkäufe zirka elf Prozent.
Die wichtigsten Trends in Österreich:
Bestehende Shopping-Malls werden immer größer
Während vor zehn Jahren die durchschnittliche Größe der Top-100-Shopping-Malls in Österreich noch 16.800 Quadratmeter Verkaufsfläche betrug, liegt sie nun bereits bei 21.500 Quadratmetern. Und die Zentren wachsen weiter: Von den derzeit 32 (halbwegs realistisch) geplanten Projekten handelt es sich bei 17 um Erweiterungen bereits bestehender Shopping-Malls.
Neue Projekte werden rar
Wenn man von den beiden großen Langzeitprojekten, also der Neubelebung des leer stehenden UNO Shopping bei Linz und die Erweiterung des Merkur EKZ in St. Pölten, absieht, sind derzeit keine größeren Planungen mit 20.000 Quadratmetern oder mehr bekannt.
In fortgeschrittenem Planungsstadium bzw. in Bau sind derzeit mittelgroße Projekte in Neusiedl am See, Bregenz, Liezen, Weiz, Steyr und Wien.
Shopping-Mall-Dichte in Europa: Österreich schon auf Platz 5
Mit zirka 360 Quadratmetern Verkaufsfläche pro 1000 Einwohnern erreicht Österreich einen Spitzenplatz bei der Abdeckung mit Shopping-Malls. Lediglich die skandinavischen Länder, wo aufgrund der regionalen Struktur und des Klimas Shopping-Malls eine besonders geeignete Einkaufsform darstellen, erreichen noch höhere Werte. Übrigens: Während die Schweiz fast die Werte von Österreich erreicht, ist die Dichte in Deutschland hingegen nur halb so hoch.
Jeder Österreicher geht durchschnittlich ein Mal pro Woche in eine Shopping-Mall
Etwa 400 Mill. Besucher verzeichnen die österreichischen Shopping-Malls pro Jahr. Die am häufigsten besuchten sind die Shopping City Süd in Vösendorf, das Donauzentrum in Wien, die Millenium City ebenfalls in Wien und jene Malls, die sich an oder in Bahnhöfen befinden: Wien Westbahnhof, Wien Hauptbahnhof und Wien Mitte.
Große regionale Unterschiede bei der Shopping-Mall-Dichte
Obwohl die Dichte (Verkaufsfläche pro Einwohner) in Wien aufgrund der raschen Bevölkerungszuwächse statistisch gesehen sogar etwas gesunken ist, führt die Bundeshauptstadt das Ranking klar an. Hohe Bevölkerungspotenziale und das anhaltende Interesse vor allem ausländischer Immobilieninvestoren haben die Verkaufsflächen in den vergangenen zehn Jahren in die Höhe getrieben.
Erstaunlich ist hingegen die hohe Dichte im Burgenland, wohl eine Folge der relativ liberalen Raumordnung und großflächiger Handelseinrichtungen im Raum Parndorf. Am anderen Ende des Bundesländerrankings liegt Vorarlberg mit einer Dichte, die nur einen Bruchteil jener in Wien erreicht und das trotz der anhaltend starken Zuströme Schweizer Konsumenten, für die Vorarlberg aufgrund des teuren Franken ein Shoppingparadies ist. Ausschlaggebend ist hier die bei Handelsansiedlungen besonders restriktive Raumordnung.