Ob man auf einem Grundstück überhaupt bauen darf, sollte vor dem Kauf geklärt werden.
| SN/bernhard schreglmann |
Waren in den vergangenen Jahren besonders Wohnungen für Investitionen nachgefragt, so ändern sich derzeit die Prioritäten. Zunehmend wird in Grundstücke investiert, von Profis ebenso wie von Privatanlegern. "Aber ein Grunderwerb ist nicht so simpel, wie manche glauben", warnt Michaela Ragoßnig-Angst, Geschäftsführerin und Eigentümerin des österreichischen Familienunternehmens Vermessung Angst, vor vielen Stolperfallen: "Böse Überraschungen können unerwartete finanzielle Forderungen der Gemeinde oder unangenehme Nachbarschaftskonflikte sein." Ein genauer Blick ins Grundbuch zeigt etwa, ob eine Hypothek eingetragen ist oder alte Benutzungs- oder Wegerechte bestehen. Viele Liegenschaften tragen versteckte Altlasten mit sich. "Das kann eine vergessene Hypothek sein, die das Objekt noch belastet, oder alte Benutzungs- oder Wegerechte." Wer vermeiden will, dass ein Nachbarn unerwartet, aber zu Recht einen Durch- bzw. Zugang zum Grundstück fordert oder bei der Obsternte auf alte Nutzungsrechte pocht, ist gut beraten, vor dem Kauf die Details im Grundbuch zu lesen.
Zentrale Frage: Was ist mit dem Grundstück geplant? Soll das Grundstück selbst bebaut werden, soll ein Bauplatz geschaffen und dann weiterverkauft werden oder soll das Grundstück unbenutzt "warten"?
Nicht jedes Grundstück ist ein Bauplatz
"Wer eine Liegenschaft bebauen will, muss zuerst einen Bauplatz schaffen", erklärt Ragoßnig-Angst. Das ist dann der Fall, wenn die Grundgrenze nicht mit der Widmungsgrenze zusammenfällt. Zum Beispiel können in Wien Abtretungen zum öffentlichen Gut, also der Straße, notwendig werden. Dafür gibt es oft keine Entschädigung. Oder der umgekehrte Fall: Es muss öffentliches Gut in den Bauplatz einbezogen werden, wofür wiederum Zahlungen an die Gemeinde fällig werden. Außerdem kann fallweise ein Bauverbot ausgesprochen werden. "Ist in der Straße noch kein Kanal oder Wasseranschluss verlegt oder die Straße noch nicht befestigt, wird ein Bauverbot mangels Anbaureife von der Baubehörde auferlegt", warnt die Expertin. Will man trotzdem bauen, muss man die Anbaureife z. B. über Servitutsvereinbarungen nachweisen. Auch das ist bei den Kosten für den Ankauf einer Liegenschaft zu berücksichtigen.
Natürliche Grenzen versus Katastergrenzen
Die im Kataster eingetragenen Grenzen stimmen nicht immer mit dem Naturstand überein. "Die natürliche Grenze verläuft zum Teil völlig anders, als der Kataster vorgibt", erklärt Ragoßnig-Angst, "wer Ärger und Probleme mit den zukünftigen Nachbarn vermeiden will, sollte eine Vermessung in Auftrag geben. Fachleute vergleichen die vorhandenen Urkunden mit der Natur und schlagen den Eigentümern den korrekten Grenzverlauf vor." Im Zuge einer Grenzverhandlung wird Klarheit über den genauen Grenzverlauf zum Nachbargrundstück geschaffen und Bauherren ersparen sich unnötige Streitereien während der Realisierung des Bauvorhabens.
Nicht nur Streitigkeiten mit den Nachbarn lassen sich durch eine neue Vermessung vermeiden. Denn wurde der Zaun falsch gesetzt, wirkt sich das natürlich auch auf den Preis aus. Bei einem 1000 Quadratmeter großen Grundstück mit 25 mal 40 Metern, ergibt sich, wenn der Zaun an nur einer Ecke um 50 Zentimeter versetzt ist, bereits eine Differenz von plus/minus zehn Quadratmetern. Bei einem Quadratmeterpreis von 420 Euro wären das 4200 Euro, um die die Immobilie zu teuer oder zu billig verkauft worden wäre. "Egal ob Kauf oder Verkauf, nur wer sich den Naturstand exakt vermessen lässt und das Ergebnis im Grundbuch abgleicht, ist auf der sicheren Seite", sagt Ragoßnig-Angst.
Makler unterliegen Aufklärungspflicht
Grundstücke sind laut der Expertin ein Ausweg für Menschen, die unbedingt in Immobilien investieren wollen, aber keine geeignete Wohnung finden. "Wenn die Vermittlung durch einen Makler erfolgt, ist es dessen Aufgabe, im Kataster und Flächenwid- mungsplan nachzuschauen, ob die Grundgrenze mit dem Naturstand übereinstimmt." Auch bei Unklarheiten zur Eignung des Grundstücks als Bauplatz solle man sich am besten an den zuständigen Makler wenden. "Ob ein Grundstück bereits als Bauplatz zugelassen wurde, ist im Grundbuch ersichtlich. Makler unterliegen einer Aufklärungspflicht und haften für ihre Informationen."
Vorsicht vor kontaminierten Böden
"Grundstücke sollten vor dem Kauf auch unbedingt auf etwaige Kontaminierungen geprüft werden", empfiehlt die Expertin. "Der Altlastenkataster ist nicht immer aktuell und detailliert, die Gesetze aber sind sehr streng." Besondere Vorsicht sei bei aufgelassenen Fabriksgeländen oder Tankstellen geboten. Auch wenn die Kontamination schon lang zurückliegt und eindeutig einem "Schuldigen" zuzuordnen ist, trägt der Eigentümer die Kosten. Es ist also auch hier besser, noch vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags den Boden prüfen zu lassen. Eine Dekontaminierung des Bodens als Kaufbedingung oder eine entsprechende Preisreduktion kann so noch rechtzeitig ausverhandelt werden.
Eine genaue Studie des Bebauungsplans ist ebenfalls unerlässlich, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. "Den Baugrund als bedingungslose Wertanlage gibt es nur selten. Meist ist der Grundstückskauf oder -besitz an konkrete Auflagen geknüpft", erklärt Ragoßnig-Angst. "Etwa eine Bebauungspflicht, die vorgibt, bis wann eine Immobilie auf dem Grundstück fertiggestellt sein muss." Abgesehen davon gibt es oft strenge Vorgaben, wie das geplante Objekt auszusehen hat. "Von der Gebäudehöhe über die Anzahl der Stockwerke bis zum Objektstil gibt es je nach Gemeinde mehr oder weniger strenge Bestimmungen, die bei der Hausplanung zu erfüllen sind." Wer sehr konkrete oder besonders extravagante Pläne für sein Traumhaus hat, sollte bereits im Vorfeld klären, ob seine Pläne auf der vorgesehenen Liegenschaft überhaupt rechtlich umsetzbar sind.
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