Geld sucht Immobilie

Den Investoren gehen weltweit die Objekte aus. Immobilien als Anlageform waren noch nie so gefragt wie heute. Die neueste Zinssenkung der EZB tut hier ein Übriges, um den Markt langfristig am Laufen zu halten.
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Auf der MIPIM in Cannes finden auch Großprojekte potente Investoren.
Auf der MIPIM in Cannes finden auch Großprojekte potente Investoren.
SN/bernhard schreglmann

Viel Geld, wenig Angebot. Auf diese Kurzformel lässt sich die aktuelle Situation auf dem Immobilieninvestmentmarkt bringen. Bei der MIPIM 2016, der weltweit bedeutendsten Standort- und Immobilienmesse, die vor Kurzem in Cannes zu Ende ging, zeigte sich in bislang nicht gekannter Deutlichkeit, wie attraktiv Immobilien für Investoren derzeit sind und in welch großem Ausmaß Mittel aus anderen Investmentbereichen in den Immobilienmarkt fließen.

Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting: "Das EHL-Team hat in den vergangenen Tagen weit mehr als 100 Einzelgespräche mit führenden internationalen Investoren geführt und der Tenor der Gespräche war immer: Wohin mit dem Geld? Einen so klaren Nachfrageüberhang wie jetzt gab es auf dem Immobilienmarkt vielleicht überhaupt noch nie."

Befeuert wird das bereits seit mehreren Jahren starke Investoreninteresse vor allem durch die jüngste Zinsentscheidung der EZB, die die Leitzinsen auf null senkte und Geschäftsbanken nun sogar die Möglichkeit bietet, Geld zu Negativzinsen zu leihen. "Das hat die Überzeugung gefestigt, dass Immobilienfinanzierungen nicht nur kurzfristig extrem billig möglich sind, sondern dass die Refinanzierung über Jahre hinweg zu äußerst günstigen Konditionen möglich sein wird. Wann, wenn nicht jetzt, sollte man dann kaufen?", fragt Pöltl.

Der starke Mittelzufluss prägt den Markt in vielfältiger Weise:

Die Stunde der Big Player: Besonders stark ist die Nachfrage nach Investitionsmöglichkeiten mit Volumina von mehr als 100 Mill. Euro. In erster Linie sind dabei Pensionsfonds, Investmentfonds, Staatsfonds und Versicherungen aktiv.

Globales Geld strömt nach Europa: Der günstige Wechselkurs, die billigen Refinanzierungsmöglichkeiten im Euro sowie die Möglichkeit zu starker regionaler Diversifizierung locken in großem Stil globale Investoren, insbesondere aus Asien und Nordamerika, in die Eurozone. Besonders gefragt sind die deutschsprachigen Länder.

Investoren setzen auf Forward Purchases: Der Mangel an fertiggestellten Objekten motiviert Investoren, Entwicklungsprojekte bereits in sehr frühen Stadien in Form von Forward Purchases (Terminkäufen) zu erwerben.

Alle Nutzungsarten sind stark nachgefragt: Ein Ausweichen in weniger gesuchte Immobiliensektoren ist kaum mehr möglich, da mittlerweile Objekte aus allen Nutzungsbereichen stark nachgefragt sind.

Entwickler nehmen mehr Risiko: Die guten Aussichten, fertiggestellte Projekte zu sehr attraktiven Preisen zu verkaufen, die niedrigen Zinsen und die Bereitschaft der langfristigen Investoren, bereits lange vor Fertigstellung Objekte zu kaufen, motivieren zur Entwicklung spekulativer Projekte. Außerdem führt dies zu einem überproportionalen Anstieg der Grundpreise.

Eine Überhitzung des Marktes sieht Pöltl dennoch nicht. "Die Renditen sind zweifellos auf einem sehr niedrigen Niveau, aber der Abstand zwischen Anleihezinsen und Mietrenditen ist im Gegensatz dazu sogar deutlich höher als im langjährigen Durchschnitt. Dazu kommt, dass die fundamentalen Marktdaten ebenfalls positiv sind: Die Leerstandsraten sind in den meisten Märkten niedrig und das aktuelle Mietenniveau erscheint zumindest gut abgesichert."

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