Der offene Kamin hat bald ausgedient

Offene Feuerstellen sind beliebt, aber auch gefährlich. Mit verstärkten Kontrollen und neuem Baurecht sollen Unfälle weitgehend vermieden werden.
Von    /   
Für den Beruf des Rauchfangkehrers sollte man schwindelfrei sein und sehr auf Sicherheit und Ökologie achten.
Für den Beruf des Rauchfangkehrers sollte man schwindelfrei sein und sehr auf Sicherheit und Ökologie achten.
SN/richard schuster

Man sieht sie vor allem in englischen Krimis, aber auch hierzulande gibt es noch einzelne Exemplare eines offenen Kamins. Jetzt dürfte sich deren Ära dem Ende zuneigen.

Allerdings: Offene Feuerstellen erfreuen sich einer ungebrochenen Beliebtheit. Für viele sind sie eine Alternative im Falle eines Heizungsausfalls oder in der Übergangszeit. Sehr oft auch als zusätzliche, gemütliche Strahlungswärme. 2015 haben allein die Wiener Rauchfangkehrer 2810 Befundungen für offene Feuerstellen durchgeführt. Manche Antragsteller erlebten dabei allerdings ein böses Erwachen. Immer häufiger würden Wiener Rauchfangkehrer vor der unangenehmen Situation stehen, einem enttäuschten Bewohner klarmachen zu müssen, dass der Einbau eines Kamins oder Einzelofens technisch nicht möglich sei.

Aber auch der gemütliche, offene Kamin wird, nach einer Novelle der Wiener Bauordnung, in Neubauten oder sanierten Altbauten bald der Vergangenheit angehören. In den vergangenen drei Jahren wurde von den Rauchfangkehrern ein Sicherheitspaket ausgebaut und umgesetzt, das Unfälle durch Kohlenmonoxid mit Todesfolge beinahe gänzlich verhindert. "Wir sind unserem Ziel, Wohnen in Wien noch sicherer zu machen, wieder ein gutes Stück näher gekommen", sagt Josef Rejmar, Innungsmeister der Wiener Rauchfangkehrer.

Ein verkürzter Zeithorizont für Abgasmessungen und strenge Grenzwerte ergänzen das Umwelt- und Sicherheitsprogramm. Dazu hat sich bereits fast die Hälfte der Rauchfangkehrerbetriebe nach strengen Umweltmanagement-Standards zertifizieren lassen. 2015 wurden die Wiener Rauchfangkehrer dafür mit dem EMAS-Preis und dem Öko-Preis-Pokal der Stadt Wien ausgezeichnet.

Bis vor Kurzem war in Wien die Versorgung jeder Wohnung mit einem Rauchfanganschluss gesetzlich festgelegt. Seit der Baurechtsnovelle 2014 ist dies nicht mehr flächendeckend vorgesehen, in Neubauten müssen keine Kamine mehr eingebaut werden. Auch bei der Sanierung von Altbauten, vor allem beim Aufbau neuer Dachwohnungen, kann bei Erreichen des Niedrigenergiestandards auf den Kamin verzichtet werden.

Nicht jeder Kamin ist verwendbar
Das führt dann allerdings dazu, dass auch andere Wohnungen im Haus plötzlich keinen Zugang mehr zu einem Rauchfanganschluss haben. "Selbst ein optisch vorhandener Kaminanschluss bedeutet nicht, dass dieser auch noch genutzt werden kann", erklärt Rejmar. Die Auswirkungen dieser Novelle seien bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes deutlich zu spüren gewesen. "Seit Veröffentlichung der geplanten Gesetzesänderung wurden fast ausschließlich Anträge für Neubauten ohne Kamin eingereicht. Die individuelle Heizalternative wird künftig wohl dem gehobenen Wohnbau vorbehalten bleiben", bemängelt Rejmar.

Prüfung schützt vor Vergiftung
Die Luftzahlmessung stellt die effektivste und kostengünstigste Methode zur Überprüfung der Verbrennungsluftzufuhr dar. Dabei wird das Verhältnis von Zu- und Abluft verglichen, um zu sehen, ob genügend Verbrennungsluft bzw. Sauerstoffzufuhr vorhanden ist, und der Zustand der Heizanlage (Abgasanlage) geprüft. Außerdem wird sichergestellt, dass der Kohlenmonoxid-Anteil keine gesundheitsschädlichen oder lebensbedrohlichen Werte erreichen kann. Defekte Anlagen werden so frühzeitig erkannt und können rechtzeitig repariert oder ersetzt werden.

Seit 2012 wird diese Luftverbundprüfung in Wien im Rahmen der jährlichen Hauptkehrung durchgeführt. Dadurch konnten Kohlenmonoxid-Unfälle um 30 Prozent und Todesfälle um 85 Prozent reduziert werden. Außerdem konnten 2015 im Zuge der Überprüfungen mehr als 8000 defekte Anlagen sichergestellt und somit knapp 20.000 Wiener und Wienerinnen vor einer potenziellen Kohlenmonoxid-Vergiftung bewahrt werden.

Alle drei Monate wird jedes Wohnhaus mittels "Kehrtermin" überprüft, ein Mal im Jahr jede Wohnung. Es geht vor allem um Brandsicherheit und die einwandfreie Funktion der Feuerstätte. "Die Dichtheit der Gebäude mit Niedrigenergiestandard ist ein großes Plus, um weniger Heizenergie zu verbrauchen, jedoch muss gleichzeitig auf den Lufthaushalt geachtet werden", erklärt Rejmar. Der Einbau eines WC-Ventilators, ein mobiles Klimagerät, ein Teppich oder neue Vorhänge können das Verhältnis von Zu- und Abluft stören und lebensbedrohlich werden. Auch Stiegenhaus, Gänge und Dachböden werden von den Rauchfangkehrern auf freie Fluchtwege überprüft. "Manche Bewohner verstehen die Wichtigkeit nicht. Aber freie Fluchtwege sind lebensrettend", appelliert der Funktionär: "Daher starten wir im Spätherbst eine Sicherheitsaktion für freie Fluchtwege in den Gebäuden, um die Bewohner darauf aufmerksam zu machen."


Bitte stimmen Sie der Einwilligung zu.