Ob Heizung, Wasser oder Licht, das ganze Haus soll über eine App gesteuert werden.
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Das Handy schlägt Alarm, wenn man das Haus verlässt, der Herd aber noch eingeschaltet ist. Auch die Temperatur im Wohnzimmer kann man damit nach einem frostigen Skitag bereits auf der Nachhausefahrt auf wohlige 22 Grad hinaufdrehen - und bekommt gleich auch noch die Nachricht, dass man die Wäsche billiger erst morgen wäscht, da es dann sonnig ist und die Photovoltaikanlage am Dach genügend Strom liefert.
Mit "Heimo" will die Salzburg AG diesen November in den viel diskutierten Bereich "Smart Home" einsteigen. Eine kleine Technikbox und eine Smartphone-App als Starterpaket für 200 bis 300 Euro werden genügen, um das ganze Haus klug und energiesparsam managen zu können und zugleich bei Bedarf das Zusammenspiel von Photovoltaikanlage und zugekauftem Strom zu steuern, kündigt Salzburg-AG-Vorstand Leonhard Schitter an. Die monatliche Gebühr von "wenigen Euro" werde umso günstiger, je mehr Leistungen - ob Strom, Gas oder Internet - man von der Salzburg AG bezieht. Details lege man gerade erst fest.
"Heimo" ist nur ein Schritt von vielen, mit denen sich der Salzburger Energiekonzern in den kommenden Monaten komplett neu aufstellen will. Der Hintergrund ist einfach: Galten die Stromversorger über viele Jahre als sichere Cashcow, so hat sich das zuletzt rapide gewandelt. Mit Strom allein ist kaum noch Geld zu verdienen, da die Großhandelspreise durch den rasanten Ausbau von Wind- und Solarstrom vor allem in Deutschland massiv gefallen sind. Investitionen etwa in teure Gaskraftwerke rechnen sich kaum noch. Dazu kommen Energiewende, Klimadiskussionen und damit der Trend, dass immer mehr Kunden ihren Strom selbst auf dem Hausdach produzieren wollen. Die Stromkonzerne stehen europaweit unter Druck, neue Geschäftsfelder werden verzweifelt gesucht.
"Stromerzeugung kann nicht mehr unser einziges Geschäft sein", sagt auch Schitter. Die Energiewirtschaft stehe vor einem Paradigmenwechsel. Seien bisher hohe Investitionen in Kraftwerke immer durch gute Renditen abgesichert gewesen, müsse man sich jetzt neu positionieren. Vom Infrastrukturanbieter - der freilich auch weiterhin für Strom und verlässliche Netze sorge - zum "Lösungsmanager, am besten für Ihr ganzes Haus", wie es Schitter formuliert. Der Kunde von 2025 solle damit im Idealfall nicht nur Strom, Gas und Internet sowie Kabel-TV von der Salzburg AG beziehen, sondern auch ein von ihr zur Verfügung gestelltes Elektroauto vor der Tür stehen haben, verbunden mit einem Jahresticket für den öffentlichen Verkehr, der ja auch unter das Dach der Salzburg AG fällt. Und das Haus selbst - ob Heizung, Licht oder Alarmanlage - würde ebenfalls durch das Salzburg-AG-System gemanagt, wünscht sich Schitter. "Der Kunde muss einen klaren Mehrwert haben, wenn er unsere Angebote nutzt, nur dann hat er keinen Grund, den Anbieter zu wechseln."
Die Salzburg AG - Eigentümer sind Land, Stadt und die oberösterreichische Energie AG - ist dabei bisher in einer vergleichsweise komfortablen Situation. Ihr Marktanteil bei Strom in Salzburg liegt - egal ob Privathaushalt, Industrie oder Gewerbe - bei nach wie vor über 90 Prozent. Wechsel gebe es kaum, "auch weil wir zu den billigsten Anbietern zählen", wie Schitter betont. Mit bald 30 eigenen Wasserkraftwerken - in den nächsten Tagen fällt der Spatenstich für das Kraftwerk Gries im Pinzgau - kann man zudem Strom vergleichsweise günstig produzieren, nur in der Stadt werden die beiden Heizkraftwerke mit Gas betrieben. Dazu kommen Beteiligungen an Windkraft in Deutschland und Solarkraftwerken in Italien.
Doch auch jene, die ihren Strom selbst auf dem Hausdach produzieren, fürchtet Schitter nicht als Konkurrenz. Für sie sei man interessanter Partner. "Schließlich haben wir das Know-how in diesem Bereich." Zwar seien die Tarife, zu denen der so erzeugte Strom ins Netz eingespeist werden muss, gesetzlich fixiert, mit Dienstleistungen könne man aber punkten. Das gehe so weit, dass die Salzburg AG die Photovoltaikanlage auf ihre Kosten aufs Dach montiert und der Kunde das über zwölf Jahre zurückzahlen kann, dann gehört die Anlage ihm. Das Angebot gelte nicht nur für Private und Firmen, sondern seit Kurzem auch für Gemeinden, die so auf den Dächern ihrer Schulen und Ämter Strom erzeugen könnten.
Verstärkt setzen wolle man bei der künftig breiteren Aufstellung auf Partnerschaften, aber auch auf Beteiligungen an jungen, innovativen Unternehmen. Auch das eigene Know-how wolle man verstärkt nutzen. "Wenn es um Softwareentwicklung oder Cybersecurity geht, haben wir hohe Kompetenz, da ja Kraftwerke und Netze besonders gefährdet sind", betont Schitter. Dieses Wissen könne man weiterverkaufen. Bisher sei vieles reine Idee. Auch bei "Heimo" erwarte man keinen sofortigen breiten Erfolg. Aber: "Nur wer dabei ist, kann lernen, was der Kunde will."
Bisher macht die Salzburg AG noch 80 Prozent ihres Geschäfts im Strom- und Energiebereich, jeweils zehn Prozent entfallen auf Verkehr und Internet/Kabel-TV. Gerade bei Letzterem gebe es starke Zuwächse. Der Umsatz des Konzerns mit über 2000 Mitarbeitern ging im Vorjahr durch den niedrigen Strompreis um fast fünf Prozent auf 1,2 Mrd. Euro zurück, das Ergebnis aber konnte man halten.