Wohnen auf dem Land, aber in einem urbanen Umfeld, das wünschen sich die Österreicher.
| SN/bernhard schreglmann |
Warum begibt sich jemand auf Immobiliensuche? Die Motive dafür könnten vielfältiger nicht sein: Für jeden Vierten ist die derzeitige Immobilie zu klein geworden, meist in Zusammenhang mit Familienzuwachs. Das geht aus einer Wohnumfrage von sREAL und Wohnnet hervor. Weitere Hauptmotive waren demnach mit jeweils 17 Prozent ein Berufs- und damit verbundener Ortswechsel, außerdem der Wunsch nach einem Eigenheim anstelle einer Mietimmobilie.
Weniger oft genannt wurde der Wunsch nach der ersten eigenen Wohnung (acht Prozent), nach Kostensenkung (sechs Prozent) und ein ausgelaufener Vertrag (drei Prozent). Die Menschen in Österreich ziehen also nicht deshalb um, weil sie Kosten sparen wollen oder ein auslaufender Vertrag sie dazu zwingt, sondern hauptsächlich deshalb, weil sie eine Verbesserung ihrer Wohnqualität wünschen oder sich die persönliche Lebenssituation verändert und weiterentwickelt hat.
Etwas mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer möchte Eigentum an einer Immobilie erwerben, also Eigentumswohnungen oder Häuser. Der Rest sucht Mietwohnungen (21 Prozent) oder Miethäuser (sieben Prozent); 16 Prozent sind auf der Suche nach land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften oder Genossenschaftswohnungen.
Der mit Abstand am häufigsten genannte Grund für einen Immobilienkauf ist mit 33 Prozent das Faktum, dass im Eigenheim keine weiteren Übersiedlungen mehr nötig sind. Immerhin 19 Prozent sehen in einer Immobilie eine Vorsorge für das Alter, weitere 13 Prozent in Zeiten niedriger Zinsen eine Geldanlage. Allerdings erwarten nur drei Prozent wirklich eine Wertsteigerung, Spekulanten waren also keine unter den Interessenten.
Unter den Gründen für eine Miete landen Flexibilität und Freiheit mit 25 Prozent ganz weit vorn, gefolgt von mangelnden finanziellen Möglichkeiten mit 21 Prozent. Für 20 Prozent spielt die aktuelle Lebensphase die Hauptrolle.
Wohnen auf dem Land
mit den Vorzügen der Stadt
Der Wunsch, auf dem Land zu leben hat sich bei den Österreicherinnen und Österreichern im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch verstärkt: 53 Prozent der Befragten wünschen sich ländliche Idylle (2015: 45 Prozent), weitere 19 Prozent ziehen ein Leben in einer Bezirksstadt dem in der Bundeshauptstadt Wien oder einer der Landeshauptstädte vor. In einer dieser größeren Städte wollen nur 28 Prozent aller Umfrageteilnehmer wohnen.
Eine intelligente Raumaufteilung hat zuletzt an Bedeutung verloren und rangiert nur mehr bei 30 Prozent an vorderster Stellen, dagegen steigt der Wunsch nach einer Terrasse bzw. einem Balkon, also einer sogenannten Freifläche, mit ebenfalls 30 Prozent deutlich an. Seit zwei Jahren wird auch das Bedürfnis nach einer größeren Wohnfläche wieder stärker: Waren es 2012 nur 18 Prozent, stieg es im Vorjahr auf 23 Prozent und kommt heuer auf 26 Prozent. Höhere Stockwerke mit Lift sind etwas häufiger nachgefragt als untere Stockwerke.
Gefragt nach Wohnraum und (integrierter) Küche wollen insgesamt 38 Prozent diese beiden Räume in einem Zimmer, wobei sich 22 Prozent davon einen Kompromiss mit einem halb abgegrenzten Raum wünschen. 25 Prozent möchten diese zwei Räume komplett getrennt, um Lärm und Geruchsbildung im Wohnraum zu vermeiden. Eine große Mehrheit (46 Prozent) wünscht sich eine sehr ruhige Lage, weitere 30 Prozent wollen zwar urban leben, jedoch ruhige Schlafbereiche.
Als wichtig erweist sich die Infrastruktur in der Nähe des neuen Zuhauses. Am wichtigsten sind öffentliche Verkehrsanbindung (56 Prozent sehr wichtig, 18 Prozent wichtig), jedoch werden auch Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte gewünscht. Aber auch Standorte von Bildungsstätten wie Schulen, Kindergärten und Universitäten sowie Gesundheitsinstitutionen wie Ärzte oder Apotheken werden von der Mehrheit als (sehr) wichtig betrachtet. Etwas überraschend ist das Interesse an Informationen zur Luftqualität: 47 Prozent betrachten diese als sehr wichtig, weitere 31 Prozent als wichtig.
Nach dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG) vom 1. Dezember 2012 ist die Vorlage eines Energieausweises und die Angabe von Heizwärmebedarf (HWB) und des Gesamtenergieeffizienz-Faktors (fGEE) in Immobilieninseraten bei Verkauf oder Vermietung verpflichtend. Das Interesse an diesen Informationen ist aber noch nicht ausgeprägt: So ist der Prozentsatz derer, die eine Immobilie aufgrund von schlechten energetischen Faktoren nicht kaufen oder mieten würden, selbst wenn sie sich in der gewünschten Lage befände, zwar auf 30 Prozent gestiegen. Mit nur 40 Prozent sank aber der Prozentsatz derer, denen Energieeffizienz zwar wichtig, aber kein Musskriterium ist. Ein Drittel gab an, dass die Lage der Immobilie allemal entscheidender sei als gute Kennzahlen im Energieausweis. Michael Pisecky, Geschäftsführer der sReal Immobilien: "Die Lage ist nicht zu verändern, die Energieeffizienz allerdings sehr wohl, wenn auch manchmal nur mit erheblichem finanziellen Aufwand."
Mehr Dichte ermöglicht auch
mehr finanzierbaren Wohnraum
"Die Herausforderungen ,finanzierbarer Wohnraum' wird der soziale Wohnbau nicht allein bewältigen können, es bedarf also vermehrt auch Anreizen für private Investitionen, um die Situation durch ausreichendes Angebot auf Dauer zu entspannen", glaubt Pisecky. Potenzial, weiteren Wohnraum ohne zusätzliche Infrastrukturkosten zu schaffen, bietet die Bestandsverdichtung. Wenn die Bauordnung und die Flächenwidmung dementsprechend angepasst würden, könnte bis zur Hälfte des Wohnbedarfs durch Nachverdichtung abgedeckt werden.
Des Weiteren gelte es, neben der Bestandsverdichtung auch mehr Flächen für den Neubau zu mobilisieren, zum Beispiel durch "eine praktisch fertig vorliegende Baurechtsnovelle, die Erhöhung der Baudichte und die forcierte Bereitstellung der Flächen, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen", fordert der sReal-Immobiliensxperte.
In Österreich will man - das zeigt ja auch unsere Wohnumfrage - eigentlich auf dem Land wohnen, sucht aber gleichzeitig die Infrastruktur der Stadt und will deren Vorteile genießen. Das führt dazu, dass auch in den Städten vielerorts mit zu geringer Dichte gebaut und viel Platz verbraucht wird, was wiederum mit hohen Infrastrukturkosten für die Allgemeinheit einhergeht. "Es wird immer nur davon gesprochen, dass zu wenig neuer finanzierbarer Wohnraum gebaut wird. Es gibt ihn aber schon, vor allem im Bestand", weiß Pisecky, "doch fast niemand stellt hier die Frage, wer in diesen günstigen Wohnungen wohnt. Dann würde man wahrscheinlich bemerken, dass die Begünstigten längst nicht mehr die heute Bedürftigen sind."
Zudem gebe es viel zu wenige Kleinwohnungen, weshalb auch im Neubau mehr kleinere Einheiten auch in den oberen Stockwerken errichtet werden sollten. "Dabei sollte auch der Gesetzgeber Anreize schaffen, denn derzeit sind Wohnungszusammenlegungen steuerlich begünstigt, nicht aber der Umbau von großen Wohnungen in kleinere." Gefragt seien kreative Lösungsansätze, beispielsweise eine Zwischennutzung von leer stehenden Geschäftslokalen als Wohnraum für Zuwanderer. "Das würde auch helfen, so manches Grätzel, so manche sterbende Einkaufsstraße wiederzubeleben."