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Wie viel ist das geerbte Zinshaus wert?

Verpflichtungen und Belastungen führen oft zu Streit. Um den Wert zu ermitteln, ist eine Fülle von Indikatoren zu berücksichtigen.

Vor allem in Wien gibt es Tausende von Zinshäusern.
Vor allem in Wien gibt es Tausende von Zinshäusern.

Oft währt die Freude einer Zinshaus-Erbschaft nur kurz. Denn finanzielle Belastungen und das Auszahlen von Anteilen sorgen immer wieder für Familienstreitigkeiten. Der Besitz eines Zinshauses ist eine Vermögensanlage, nicht aber mit einem simplen Sparbuch zu vergleichen.

Kommt es im Fall einer Erbschaft zu unterschiedlichen finanziellen Vorstellungen, kann eine Immobilie meist nicht einfach aufgeteilt werden. Zudem müssen sich die neuen Eigentümer mit ihren zu erfüllenden Pflichten hinsichtlich der Liegenschaft auseinandersetzen: Vermietung, Verwaltung und Instandhaltung. Zusätzlich erschweren aktuelle Auflagen und Regulationen die Immobilienverwaltung für private Zinshausbesitzer immer mehr.

Verkauf of als sinnvolle Lösung

Grunderwerbssteuer und eine mögliche Vermögenssteuer sind für den oder die Eigentümer bei der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Themen wie hohe Instandhaltungskosten, riskante Haftungsfragen und nicht zuletzt niedrige Mieteinnahmen durch sogenannte Altmieter können zudem eine ungeahnte finanzielle Belastung für die neuen Immobilieneigentümer bedeuten. Patrick Rezazadeh, geschäftsführender Gesellschafter von VRG Immobilien, sieht den Verkauf für Erben, die sich mit Immobilien nicht auskennen, daher oft als sinnvolle Lösung: "Wir wissen, dass Erben meist emotional mit ihren Objekten verbunden sind. Das ist vollkommen verständlich. Oft bringt so ein Objekt aber mehr Aufwand mit sich, als man es sich vorstellen kann."

Bei Erbstreitigkeiten sieht sich der Zinshausexperte daher nicht nur als Immobilienentwickler, sondern auch als Mediator der verschiedenen Interessenlagen und als Helfer, um potenzielle Verkäufer aus unangenehmen Lagen einer Erbstreitigkeit zu führen. "Beim Kauf eines Zinshauses achten wir daher besonders darauf, den Vorstellungen der Erben gerecht zu werden, und versuchen die verschiedenen Ansichten und Vorstellungen aller Parteien in Einklang zu bringen."

Bewertung schwierig

Auch unabhängig von Erbschaften ist die Bewertung eines Zinshauses oft schwierig. Wer gerade über einen möglichen Verkauf seiner Liegenschaft nachdenkt, den beschäftigt in erster Linie eine fundamentale Frage: Wie viel ist meine Immobilie denn überhaupt wert? Rezazadeh: "Die drei wichtigsten Aspekte sind die aktuelle Bestandssituation, der allgemeine Zustand des Hauses und das Vorhandensein eines Entwicklungspotenzials." Zudem beeinflussen etwaige Leerstände beziehungsweise befristete und unbefristete Mietverträge die Preisgestaltung sowohl im Negativen als auch im Positiven.

Parameter für die Wertfindung

Den höchsten Wert haben definitiv leer stehende Wohnungen. Verfügt die Liegenschaft über die Möglichkeit einer Aufstockung oder eines Dachausbaus erhöht sich ebenfalls der Immobilienwert. Nicht überraschend ist, dass die Lage einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung eines Zinshauses hat. Die Standortbewertung erfolgt anhand der vorhandenen Infrastruktur und der öffentlichen Verkehrsanbindung. Beispiel Wien: Hier ist auch die Position - ist die Immobilie innerhalb oder außerhalb des Gürtels gelegen - ein Parameter für die Berechnung des Verkaufswertes.

Höhere Preise sind in sogenannten Trendvierteln zu finden. Preisunterschiede kann es also auch innerhalb eines Bezirks geben. Gewerbeflächen werden bei der Berechnung ebenso herangezogen. Die Preisgestaltung beziehungsweise der Wert orientiert sich dabei auch nach der Art des Gewerbes. So hat beispielsweise ein gastgewerblicher Betrieb ab einer bestimmten Größe durch Lärm- und/oder Geruchsbelästigung einen negativen Einfluss auf die Bewertung der Liegenschaft.

Vorsicht vor unaufgeforderten Kaufanboten

Die Vermietung an einen praktischen Allgemeinmediziner bringt allerdings durchwegs eine Wertsteigerung mit sich, denn es handelt sich um eine medizinische Nahversorgung. Fehlende Barrierefreiheit und renovierungsbedürftige Objekte sind wiederum wertmindernd. Dazu zählen unter anderem fehlende Liftanlagen, desolate Fassaden oder ein kaputter Dachstuhl.

Grundsätzlich rät Rezazadeh Immobilieneigentümern zur Vorsicht. Denn oft erhalten sie ungewollt beziehungsweise unaufgefordert Kaufanbote - postalisch oder elektronisch. "Diese in derartigen Blindangeboten gebotenen Preise können oft nicht gehalten werden, Verunsicherung ist daher die Folge. Immobilieneigentümer profitieren ausschließlich von verbindlich gelegten Angeboten und der Anzahl der Kriterien, die der potenzielle Käufer für die Bewertung in Betracht gezogen hat," weiß Rezazadeh. Weiters sollten unter anderem Gewährleistungs- und Haftungskriterien sowie Zahlungsabwicklungen Bestandteil eines seriösen Angebots sein.