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Energiethema Photovoltaik: Mythen und Realität

Der Leiter der Energieberatung Salzburg, Georg Thor, im Gespräch über aktuelle technische Standards, Investitionen und die Erträge aus der Sonne.

Auch für Häuser in nicht optimaler Lage kann sich eine Photovoltaikanlage rechnen.
Auch für Häuser in nicht optimaler Lage kann sich eine Photovoltaikanlage rechnen.

Zahlreiche Förderungen erleichtern derzeit den Umstieg auf alternative, erneuerbare Energieformen. Gleichzeitig wird aber das "Raus aus dem Öl"-Programm sehr kontroversiell diskutiert. Wie beurteilen Sie die Lage aus Sicht der Energieberatung? Georg Thor: Wenn die Energieziele des Landes wie festgelegt erreicht werden sollen, sprich: der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien bis 2050 vollzogen sein soll, dann ist der Weg, erneuerbare Energie zu forcieren und zu fördern, konsequent und richtig. Aber noch wichtiger ist die Reduktion des Energieverbrauchs, beispielsweise durch Dämmung und Fenstertausch. Selbst wenn ich mit Öl heize und durch verschiedene Maßnahmen den Gesamtenergieverbrauch vielleicht um ein Drittel senken kann, ist das ja auch schon ein beachtlicher Erfolg. Wie auch von der EU-Gebäuderichtlinie vorgeschrieben und für die Vergabe von Förderungen gefordert, sollte man immer die Gesamteffizienz im Blick haben. Ich glaube, es ist der falsche Weg, irgendeinen Kesseltausch durchzuführen, ohne dass dem Kunden bewusst gemacht wurde, dass das Gesamtkonzept stimmig sein muss.

Welche Möglichkeiten gibt es grundsätzlich, Sonnenenergie zu nutzen, und wie kann man heraus-finden, welches die geeignetste Variante ist? Es gibt prinzipiell drei Möglichkeiten, Sonnenenergie für eine Heizungsunterstützung bzw. Warmwasserbereitung zu nutzen. Die einfachste Variante funktioniert mittels Energiegewinnung durch die Fenster: Dabei geht es um die sogenannten passiven solaren Gewinne. Gut positionierte Fensterflächen können hier enorm viel an Heizungsunterstützung leisten. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung müssen dies keine riesigen Fensterflächen sein. Die Sonne liefert, wenn sie im richtigen Winkel einstrahlt, pro Quadratmeter ungefähr 1000 Watt, wovon rund die Hälfte durch das Fenster in den Raum kommt. Je besser ein Haus gedämmt ist, desto mehr Anteil an der "Heizleistung" können die Fenster übernehmen. Die zweite Variante besteht darin, einen thermischen Kollektor zu verwenden, also die klassische Solaranlage, in die ein Boiler oder Pufferspeicher eingebunden ist, wodurch Wasser erwärmt wird. Damit kann geheizt oder Warmwasser aufbereitet werden. Die dritte Nutzungsmöglichkeit bietet sich durch Photovoltaik, die Stromerzeugung. Diese wird derzeit stark nachgefragt , auch weil die Preise im Verhältnis sehr attraktiv sind. Eine kleine PV-Anlage, auf ein Einfamilienhaus ausgerichtet, kostet in Kombination mit einer Brauchwasserwärmepumpe etwa gleich viel wie eine thermische Solaranlage - bei gleichem Ertrag.

Also stimmt die Annahme nicht, dass eine Solaranlage zur Warmwasseraufbereitung rund sechs Quadratmeter und eine eigenverbrauchsoptimierte Photovoltaikanlage mit 2,5 kW/p etwa 17 Quadratmeter Fläche benötigen? Das wird schon ungefähr stimmen. 1,5 Quadratmeter pro Person ist eine von uns empfohlene Auslegungsgröße für Warmwasseraufbereitung. Eine Photovoltaikanlage muss größer sein, wenn das mit einer Elektropatrone gemacht, also der Strom direkt elektrisch umgesetzt wird, sprich eine Kilowattstunde Strom in eine Kilowattstunde Wärme umgewandelt wird. Wenn man eine Wärmepumpe dazwischenschaltet, ist auch eine Photovoltaikanlage nicht viel größer dimensioniert als eine thermische Anlage.

Gibt es die Variante, beide Nutzungsmöglichkeiten zu kombinieren? Für das typische Einfamilienhaus ist das im Regelfall nicht optimal: Man hat dann ein paar Quadratmeter Solaranlage und noch ein paar Quadratmeter PV-Anlage und beide Systeme müssen ja auch gewartet werden. Bei der Photovoltaikanlage gilt das Prinzip, dass zuerst der häusliche Stromverbrauch durch die Anlage gedeckt wird: Wenn es dann zu Überschüssen kommt, können diese Überschüsse zum Beispiel auch in die Brauchwasseraufbereitung "umgeleitet" werden. Erst wenn das eigene Gebäude keine Energie mehr benötigt, gehen die Überschüsse ins Netz. Bei einer Solaranlage besteht diese Möglichkeit so nicht.

Wird mit einer Photovoltaikanlage mehr Energie produziert, als der Nutzer verbrauchen kann? Das ist periodisch unterschiedlich. Im Sommer kann das durchaus so sein. Zum einen, weil die Sonne länger scheint und das grundsätzlich mehr Erträge bringt, zum anderen weil in dieser Jahreszeit eigentlich kaum geheizt und eben weniger Strom gebraucht wird. Im Winter verhält es sich natürlich entsprechend anders.

Darin liegt auch die künftige Herausforderung: Einmal vorausgesetzt, dass in Zukunft noch viel mehr Flächen zur Energiegewinnung zur Verfügung stehen, stellt sich sicher irgendwann die Frage, wie man das entstandene Überangebot möglichst effizient nutzen und intelligent umleiten kann. Der solcherart gewonnene Strom könnte dann in die Mobilität gehen oder man könnte mit ihm erneuerbares Gas erzeugen.

Wäre es möglich, mit einer Photovoltaikanlage stromautark zu leben? Man muss da präzise unterschieden: Es gibt den Begriff der Autarkie und den Begriff der Autonomie: Wir reden bei den Energiezielen immer von einer "Autonomie", Das Ziel ist also, bilanziell übers Jahr ausgeglichen zu wirtschaften. Eine echte Autarkie, im Sinne einer Selbstversorgung und "Netzloslösung" ist zwar theoretisch und auch technisch möglich, aber auf jeden Fall sehr aufwendig und nicht zielführend. Auch die Batteriespeicher, die ich dafür benötige, arbeiten nur mit Verlusten von zwischen zehn und fast 40 Prozent, also etwa einem Drittel. Wirtschaftlich und wahrscheinlich auch volkswirtschaftlich, ist Autarkie deshalb überhaupt nicht sinnvoll, auch weil es eine gute bestehende Netzinfrastruktur gibt. Was wirklich etwas bringt, ist, den Strom, den ich mittels PV produziere, sofort und direkt zu verbrauchen - ohne Verluste.

Jede Speicherung bringt also auch Verluste? Jede Energieumwandlung löst Verluste aus. Es gibt viele Kunden, die glauben, es kommt beim Speichern zu keinerlei Energieverlusten, und deshalb falsche Wirtschaftlichkeitsrechnungen erstellen. Zudem haben die typischen kleinen Haushaltsspeicher mit einer Leistung zwischen zwei und vier kW ihre Leistungsgrenzen. Plastisch ausgedrückt: Wenn ich einen Föhn und das Backrohr gleichzeitig einschalte, könnte möglicherweise das Limit erreicht sein.

Wie kann ich als Photovoltaik Neukunde in Erfahrung bringen, wie viel die Anlage bringt? Das können wir in der Energieberatung näherungsweise grob berechnen, wobei wir natürlich das Lastprofil der Kunden nicht kennen. Bei einer normal dimensionierte Anlage auf einem Einfamilienhaus, die fünf kWp Leistung erbringt, mit etwa 35 Quadratmetern Photovoltaikfläche können zehn bis 30 Prozent der Energie selbst genutzt werden. Die Vorstellung vieler Kunden, den Strom zur Gänze selbst zu nutzen, ist leider nicht realistisch.

Es gibt verschiedene Technologien bei Photovoltaik - wie kann da die richtige Entscheidung getroffen werden? Die Entscheidung trifft man eigentlich mit der Wahl der sogenannten kW-Peak, also mit der installierten Leistung. Der Unterschied zwischen den einzelnen technischen Varianten ist nicht so gravierend und besteht oft nur im Flächenverbrauch bzw. den Kosten. Die dünnschichtigen Anlagen sind flexibler in der Anbringung, zum Beispiel biegbar, dafür aber oft schlechter in ihrer Effizienz. Die monokristallinen Anlagen sind technisch die kompaktesten, also die effizientesten, pro Quadratmeter gerechnet. Die polykristallinen Anlagen sind zwar nicht so effizient, dafür preislich oft deutlich attraktiver.

Gibt es Gebäude, die sich in Lagen befinden, wo Photovoltaikanlage im Hinblick auf die Erträge überhaupt nicht sinnvoll sind? Es gibt hier noch eine Reihe von vorgefassten und zum Teil oft falschen Meinungen, wie etwa: "Ich wohne auf der Schattenseite und habe den Winter über viel zu wenig Sonne." Der Umstand, dass manche Gebäude im Winter oft einen schlechteren Ertrag haben, muss sich nicht unbedingt nennenswert in der Gesamtjahresbetrachtung niederschlagen.

Befinden sich Photovoltaik und Solarthermie in einer Art Konkurrenzkampf? Eine Solarthermie, die eine reine Brauchwasseraufbereitung bietet, kostet derzeit ungefähr gleich viel wie eine ähnlich große Photovoltaikanlage, die mit einem Wärmepumpenboiler kombiniert ist. Einander gegenübergestellt, bietet die PV-Anlage den Vorteil, dass, auch wenn der Speicher voll ist - die Sonne aber noch scheint und Energie liefert - dieser Strom zu den eigenen Gunsten genutzt werden kann. Hier liegt einfach ein Vorteil der PV-Anlagen und daher glaube ich persönlich, dass sich diese Variante eher durchsetzen wird. Strom ist einfach flexibler verwendbar, man kann aus ihm nahezu 100 Prozent Wärme generieren oder Bewegungsenergie.