Wer vergleicht, kann die derzeit günstigen Konditionen für längere Zeit fixieren. Doch inwiefern beeinflusst die Coronakrise die Immobilienfinanzierung?

In Österreich reagierten Haus- und Wohnungsbesitzer mit bestehenden Wohnbaukrediten sowie Häuslbauer auch trotz der Coronakrise besonnen, wenn es um die Finanzierung ihrer Immobilie gehe, sagt Andreas Luschnig, Niederlassungsleiter des auf Finanzierungen spezialisierten Interhyp-Standorts in Wien. Es gelte für die Kunden individuell und langfristig tragbare Lösungen zu finden. Die Digitalisierung stelle sich an vielen Stellen als wertvoll heraus. Er hat die fünf aktuell wichtigsten Fragen von Eigenheimbesitzern und Kreditnehmern in Österreich zusammengefasst.
Können Kreditnehmer in Österreich in der Coronakrise einen Kredit erhalten?
"Immobilienkäufer können auch während der Coronakrise eine private Wohnbaufinanzierung abschließen oder bestehende Finanzierungen umschulden und dabei auf ein breites Angebot zugreifen", sagt Luschnig. Viele Kreditinstitute hätten zwar auf Homeoffice und digitale Prozesse umgestellt, Kundentermine werden aber per Telefon, zum Teil per Video angeboten. Bei der Immobiliensuche habe die Coronakrise zu Einschränkungen bei Besichtigungen geführt, aber auch hier die Digitalisierung beschleunigt. Besichtigungen fanden zum Beispiel online oder per Videobesichtigung statt. Mitunter gab es unter Einhaltung der Bestimmungen auch Einzelbesichtigungen mit Maklern. Notartermine sind unter Einhaltung der geltenden Regeln möglich.
Was ist, wenn Kreditnehmer in Österreich wegen der Coronakrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten?
Bei Zahlungsschwierigkeiten von Privaten in der Coronakrise ist eine Stundung der Zins- und Tilgungsleistung gesetzlich geregelt. Bei Personen, die vor dem 15. März 2020 einen Kredit aufgenommen haben und nun unmittelbar von der Coronapandemie betroffen sind, wird die Fälligkeit dieser Zahlungen jeweils um drei Monate nach dem vertraglich vorgesehenen Zahlungstag verschoben. Luschnig rät, sich dazu gut zu informieren und bei Zahlungsschwierigkeiten auf das Kreditinstitut zuzugehen. Oft seien individuelle Lösungen möglich und sinnvoll. Tilgungsaussetzungen seien zum Beispiel zum Teil länger als gesetzlich geregelt möglich. "Wir sehen, dass etliche Banken derzeit kulant und flexibel reagieren."
Was gilt in der Coronakrise für die Wohnbaufinanzierung in Österreich?
"Die Wohnbaufinanzierung sollte jetzt und auch in Zukunft tragfähig sein. Wir raten grundsätzlich und vor allem in der derzeitigen Situation zur Besonnenheit und einer wohlüberlegten Finanzierung", erklärt der Experte: "In Österreich sind traditionell variable Kredite verbreitet, bei denen der Zinssatz regelmäßig dem Zinsumfeld angepasst wird." Derzeit könne es jedoch nicht schaden, darüber nachzudenken, die aktuell günstigen Konditionen mittel- bis langfristig zu fixieren. "Fixzinskredite eröffnen mehr Kalkulationssicherheit und sind gerade bei einem hohen Fremdkapitaleinsatz eine Überlegung wert." In Sachen Eigenmitteleinsatz gelte weiterhin die Regel: Je mehr Eigenmittel desto bessere Zinskonditionen.
Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Zinsen von Wohnbaufinanzierungen?
Laut Interhyp sind die Zinsen für Wohnbaufinanzierungen seit einigen Wochen volatiler als üblich. Trotz eines leichten Konditionsanstiegs finden Immobilieninteressenten noch immer günstige Zinsen auf vergleichsweise niedrigem Niveau vor.
Welche Auswirkungen wird die Coronakrise auf die Nachfrage von Immobilien und Wohnbaufinanzierungen haben?
"Für den Bereich der Immobiliennachfrage in Österreich können die Auswirkungen noch nicht final beurteilt werden und hängen vor allem von der Dauer der Ausnahmesituation ab." Was sich allerdings jetzt schon zeige, ist, dass die eigenen vier Wände als Rückzugsort in den vergangenen Wochen eine neue Bedeutung bekommen haben und neben einer möglichen Aussicht auf Wertentwicklung vor allem als Zuhause, das Unabhängigkeit verspricht, wahrgenommen werden. In den vergangenen Jahren habe sich die Immobilie schon als relativ krisensicheres Investment herauskristallisiert. "Das Interesse an der Sicherheit, die Immobilien nicht zuletzt auch in Krisenzeiten bieten, wird bestehen bleiben. Und solange Menschen sich den Traum der eigenen Immobilie erfüllen wollen, wird auch die Nachfrage nach entsprechenden Finanzierungslösungen bleiben." Leichte Preisrückgänge könnten bei einer sich stabilisierenden Wirtschaftslage und weiter niedrigen Zinsen dazu führen, dass der Erwerb von Eigentum attraktiver wird.
Kommentare