Finanzierung & Recht

FMA dreht Kredithahn zu

Neue Richtlinien erschweren die Aufnahme von Immobilienkrediten. Vor allem für junge Familien wird es noch schwerer, Eigentum zu erwerben.

Eine neue Verordnung der Finanzmarktaufsicht verschärft den Zugang zu Immobilienkrediten.  SN/MACLEG - stock.adobe.com
Eine neue Verordnung der Finanzmarktaufsicht verschärft den Zugang zu Immobilienkrediten.

Und wieder ein Rückschlag für all jene, die gern im Eigentum leben wollen: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat ein Regelwerk aufgestellt, das den Zugang zu Immobilienkrediten verschärft. "Es gab von der FMA-Aufsicht verschiedene Varianten seit 2016", bestätigt Christoph Paulweber, Generaldirektor der Salzburger Sparkasse. Die FMA wurde ermächtigt, solche für den Bankensektor verbindliche Regeln aufzustellen, die nun in einer Verordnung, die am 1. August in Kraft treten soll, vorliegen.

Drei neue Regelungen erschweren den Zugang zum Immokredit

Drei wesentliche Punkte machen das Regelwerk aus, das alle Verbraucherkredite, die den Verwendungszweck "Immobilien" haben, betrifft: Die Laufzeit wurde auf maximal 35 Jahre beschränkt. Das allein wäre noch nicht der Knackpunkt. Viel wichtiger sind die Eigenkapitalregelungen. Die Belastung aus der Kreditrate darf 40 Prozent des Nettoeinkommens des Kreditnehmers nicht übersteigen, wenn beispielsweise ein Ehepaar unterschreibt, werden die beiden Einkommen zusammengezählt. Dazu kommt, dass die sogenannte Beleihungsquote maximal 90 Prozent betragen darf. "Die Summe der Sicherheiten muss die Höhe des Kredits übersteigen", erklärt Paulweber. Umgekehrt gerechnet bedeutet das: Wer beispielsweise einen Kredit über 100.000 Euro benötigt, muss Sicherheiten für 112.000 Euro beibringen. Eine Schwierigkeit, vor allem für junge Familien.

Alle drei Kriterien müssen eingehalten werden

Es nützt also nichts, wenn die Sicherheiten hoch genug sind, die monatlichen Raten aber die 40 Prozent des Nettoeinkommens übersteigen. "Schon bisher haben sich alle im Kreditgeschäft tätigen Banken an ähnliche Kennzahlen gehalten, aber es war immer wieder möglich, dass ein Kriterium überschritten wurde, am wenigsten jenes mit den 35 Jahren", sagt der Generaldirektor. "Wir bei der Sparkasse haben üblicherweise maximal 30 Jahre angestrebt."

Auch die 40 Prozent des Einkommens waren schon bisher ein Richtwert. Vor Kreditzusage machten alle Banken eine Haushaltsrechnung, um festzustellen, ob sich die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer die Rate auch leisten kann. Paulweber: "Je höher das Einkommen ist, desto höher konnte aber der Prozentsatz sein, weil die ,Grundkosten' zum Leben ja ähnlich sind und somit mehr Spielraum für die Rückzahlung bleibt." Und auch bei der Beleihungsquote gab es Richtwerte, jedoch mit Spielraum.

"Wenn ein Kunde kaufen wollte, das Einkommen nicht hoch genug war und er keine Eigenmittel hatte, hat er auch bisher schon nichts bekommen", erzählt der Experte. Allerdings kann man auch andere Beleihungen zur Verfügung stellen, sei es eine andere Immobilie, Wertpapiere oder Beteiligungen.

Die Banken haben wenig Ermessenspielraum

Die neuen fixen Regelungen schränken aber den Ermessensspielraum der Banken deutlich ein: "Was das in Zukunft bedeutet, kann ich nicht sagen. Man muss alle drei Kriterien erfüllen, aber mit dieser Konsequenz, das ist schon außergewöhnlich." Das greife schon deutlich in die Geschäftspolitik der Finanzinstitute ein, denn es gebe auch gute Gründe für eine Kreditvergabe, auch wenn ein Kriterium nicht vollständig erfüllt ist. "Wir müssen dann als Bank ohnehin dafür haften", betont Paulweber.

Als Begründung für die strengen Regeln gilt laut Experten, dass das "systemische Risiko bei Immobilienkrediten bei österreichischen Banken minimiert werden soll". Paulweber: "Das verstehen wir nicht, denn die gesamte Verschuldungsquote der österreichischen Bevölkerung liegt bei 85 Prozent und hat sich auch in den vergangenen Jahren, trotz stark gestiegener Immobilienpreise, kaum erhöht." Im Europavergleich liege dieser Wert sogar deutlich unter dem EU-Schnitt von 96 Prozent. "Wir sehen das systemische Risiko nicht und das gilt für den gesamten Sektor der Banken", kritisiert der Sparkassen-Generaldirektor.

Entscheidender bei der Finanzierung ist, ob es sich um eine Veranlagung handelt oder das Objekt selbst bewohnt werden soll. Gerade bei der Selbstnutzung achte man umso genauer darauf, seine Raten zahlen zu können. "Außerdem ist das auch ein soziales Thema, denn wenn man die Rate nicht zahlen kann, dann wohl auch nicht die Miete."

Beispiel "junge wachsende Familie": "Was wir befürchten, ist, dass vor allem die Jungen noch größere Schwierigkeiten bekommen, eigenen Wohnraum kaufen zu können." Denn diese Generation habe in der Regel wenige Eigenmittel, verfüge aber durchaus über eine gute Einkommenssituation und könnte sich höhere Raten leisten. Der Kredit würde dann an der Beleihungsquote scheitern. Das könnte bedeuten, dass solche Familien durch die FMA-Regeln gezwungen sind, in teuren Mietwohnungen zu wohnen, die mehr als 40 Prozent des Einkommens auffressen.

Ausnahme: Banken dürfen 20 Prozent ihres Kreditvolumens anders vergeben

"Für uns bedeutet das, wir müssen die drei Regeln einhalten", sagt Paulweber. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Banken können 20 Prozent des Kreditvolumens anders vergeben. Paulweber: "Bei der Salzburger Sparkasse haben wir ein Kreditvolumen für Immobilienkredite von rund 400 Millionen Euro im Jahr. Wir dürfen also 80 Millionen Euro an jene vergeben, die nicht alle drei Kriterien genau einhalten können." Allerdings: Alle Kredite über die Salzburger Wohnbauförderung fallen in diese 80 Millionen Euro, weil die Kriterien bei der Kreditaufnahme erfüllt sein müssen, die Wohnbauförderungszuteilung aber erst danach erfolgt. Auch wenn viele danach die Kriterien erfüllen (denn Förderungszuschüsse werden als Eigenmittel bewertet), müssen sie bankintern den Ausnahmen zugeordnet werden.

Es bleibt also wenig Spielraum für jene, die die Kriterien nicht vollständig erfüllen, weil eben der "Ausnahmetopf" de facto nicht zur Verfügung steht. Paulweber: "Ich gehe davon aus, dass künftig weniger Personen Immobilien kaufen können."

Auch bei Sanierung gelten die gleichen Anforderungen

gleichen Kriterien gelten übrigens auch für die Sanierung ab einem Kreditvolumen von mehr als 50.000 Euro. Allerdings sind in diesen Fällen die Umstände etwas anders. "Denn wenn etwas wirklich alt ist, ist es meist ausbezahlt. Dann ist das auch kein Problem mit der Beleihungsquote", sagt der Experte. Schwieriger wird es, wenn eine Sanierungsmaßnahme zu finanzieren ist - etwa der gewünschte Ausstieg aus Ölheizungen -, aber noch Raten aus der Finanzierung zu bezahlen sind. Die neuen Finanzierungsregeln werden also auch bei der Sanierung "die Begeisterung der Kunden nicht erhöhen". Das ist angesichts der ohnehin niedrigen Sanierungsrate in Österreich kontraproduktiv. Es könnte also leicht passieren, dass von Umweltseite her gewünschte energetische Sanierungen nicht erfolgen, nur weil die FMA-Vergaberichtlinien nicht exakt zu 100 Prozent erfüllt sind.

Bild: SN/wildbild
Für gewisse Gruppen wird es schwierig, Kredite zu bekommen.
Christoph Paulweber, Generaldirektor Salzburger Sparkasse

Noch ein Paradoxon könnte sich übrigens auftun: die unterschiedlichen Kriterien der FMA und der Förderrichtlinien der einzelnen Bundesländer. Denn wenn man unter den Einkommensgrenzen für Förderungen bleibt, kann es leicht sein, dass dann die FMA-Richtlinien einen Kauf oder eine Sanierung verhindern, weil man mehr als 40 Prozent des Einkommens für die notwendigen Raten bräuchte.

Paulweber: "Es bleibt abzuwarten, welche Zielgruppe das einschränken wird. Es wird wohl junge Familien treffen. Für gewisse Gruppen wird es schwierig, Kredite zu bekommen, genau die, die es am meisten brauchen."

Die FMA-Richtlinien werden sich jedenfalls dämpfend auf die Nachfrage und damit auf die Immobilienpreise auswirken, glaubt der Experte. Wesentlich stärker werde dieser Effekt aber durch die bevorstehende Zinserhöhung sein.

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