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Zukunft Recyclingbeton: Wenn aus Bauschutt neue Gebäude entstehen

Recyclingbeton wird unter Zugabe hochwertiger Abbruchmaterialien aus der Bauwirtschaft hergestellt. Anders als in der Schweiz wird der Baustoff mit Recyclinganteil hierzulande im Hochbau derzeit noch wenig eingesetzt.

Seit mehr als 2000 Jahren wird das Gemisch aus Kies, Sand, Zement und Wasser als Baustoff genutzt
Seit mehr als 2000 Jahren wird das Gemisch aus Kies, Sand, Zement und Wasser als Baustoff genutzt
Aus Beton wird wieder Beton.
Aus Beton wird wieder Beton.
„Verwertungsorientierter Rückbau“ auf den Baustellen.
„Verwertungsorientierter Rückbau“ auf den Baustellen.

Beton ist dauerhaft, stabil und extrem langlebig: Seit mehr als 2000 Jahren wird das Gemisch aus Kies, Sand, Zement und Wasser als Baustoff genutzt. Heute wie damals inspiriert Beton die Architektur und das Bauwesen und ist vor allem im Bereich der Industrie und vieler Infrastrukturprojekte nicht wegzudenken. Trotzdem haftet dem Baustoff der Nimbus der Zerstörung an. Die Möglichkeit einer umweltgerechten Wiederverwertung wird mit dem Produkt Beton kaum assoziiert. "Zu Unrecht", meint Josef Eder, Chef der Salzburger Sand- und Kieswerke, "denn: Sortenreiner Beton bleibt immer in einem Kreislauf - er ist kein Problemstoff." Seit vielen Jahren sei es bei den Salzburger Sand- und Kieswerken gängige Praxis, Altbeton aus abrissbereiten Baukörpern und Gebäuden wiederzuverwerten, erklärt Eder. "Solche Aufbereitungen werden bei uns schon seit 30 Jahren durchgeführt."

Brechen, Sieben und Fraktionieren
Das Verfahren verläuft folgendermaßen: Der Betonabbruch wird durch Brecher zu Betonsplitt und Brechsand zerkleinert, Metall und Fremdstoffe werden aussortiert und das gewonnene Granulat wird anschließend wieder - als Kiesersatz - zu Beton verarbeitet. Die Qualität hängt dabei stark vom verwendeten Material ab. "Wird der Bauschutt nach dem Brechen durch Siebklassierung und Sichten entsprechend den üblichen Kornfraktionen sortiert, kann auch Beton produziert werden, der höheren Anforderungen, also jenen im Hochbau, entspricht. Allerdings", erklärt Eder, "wurde der Recyclingbeton - kurz RC-Beton - bisher hauptsächlich im Straßenbau nachgefragt und eingesetzt." Als Hauptgrund für diese eingeschränkte Nutzung sieht der SSK-Chef die lange Zeit vorherrschende Rechtsunsicherheit: "Es bestand vor 2018 keine explizite Regelung zur Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen", erklärt er. "Erst durch die jüngsten gesetzlichen Neuerungen tun sich hier auch im Hochbau neue Türen auf."

Verwertungsorientierter Rückbau
"Die wichtigste Grundlage für diese Neuausrichtung bildet die novellierte Recycling-Baustoffverordnung aus dem Jahr 2016", erklärt Martin Car, Geschäftsführer des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbands. "Darin sind jene Anforderungen festgelegt worden, die beim Abbruch von Baukörpern heute standardisiert zu erfüllen sind." Der Fokus liege dabei auf einem "verwertungsorientierten Rückbau". Der Sinn dahinter: Trennung und Vorsortierung des Bauschutts erfolgen schon im Hinblick auf seine Eignung als künftiger Recyclingbaustoff. Im Jahr 2018 wurde die Verwendung der Recyclingbaustoffe dann erstmalig in der nationalen ÖNORM B4710-1 konkretisiert. Darin ist nun festgelegt, wie hoch die zulässigen Austauschraten von Recyclinggesteinskörnungen sein dürfen: Je nach Betonklasse sind hier zwischen 15 und 50 Prozent Recyclinganteile möglich, wobei aber auch weiterhin einige Klassen vom Austausch ausgenommen bleiben. So wird bei Spezialbetonen mit sehr hohen Festigkeitswerten derzeit noch kein Recyclingbeton eingesetzt. Das sollte aber nicht zu Rückschlüssen verleiten, sagt Car: "Beton mit Recyclinganteilen ist nicht von minderer Qualität."

Zukunft RC-Beton
"RC-Beton kann durch die neuen gesetzlichen Grundlagen zu einem Baustoff aufsteigen, der erheblich zum Ressourcenschutz beiträgt", zeigt sich der Leiter des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbands überzeugt. "Der Vorteil für die Umwelt liegt klar auf der Hand: Wertvolle Rohstoffe, knapp gewordene Deponiekapazitäten und umweltbelastende Transporte können eingespart werden." Das zeige auch der Blick über die Grenzen, meint Car. Während man hierzulande noch am Beginn der Erfahrungen mit Recyclingbeton im Hochbau steht, verhält es sich in der Schweiz schon deutlich anders: Um die schwindenden Kiesressourcen zu schonen, setzt etwa die Stadt Zürich den Recyclingbaustoff seit dem Jahr 2004 bei allen öffentlichen Vorhaben gezielt ein. Ungefähr 90 Prozent des verbauten Betons bestehen hier aus RC-Beton. Und nicht nur das: Seit 2015 kommt auch CO2-reduzierter Zement zum Einsatz. Anstelle des konventionellen Klinkers wird Flugasche verwendet. Für diesen innovativen und nachhaltigen Einsatz wurde die Stadt 2019 mit dem "Procura+Award" ausgezeichnet.
IMPRESSUM:
"Bauen, sanieren, Energie sparen" ist ein
"SN-SPEZIAL". Redaktion: Kathrin Hagn,
Projektbetreuung: Christian Rieder.

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