SN.AT / Leben / Wohnen

Wohnen im Alter - Informationen und Tipps

Ältere Menschen sind mit ihrer Wohnumgebung grundsätzlich zufrieden. Allerdings fehlt es oft an Barrierefreiheit und dem Zugang zur örtlichen Infrastruktur.

Schön, wenn man gemeinsam fit ist. Jedoch lebt ein Drittel der 60- bis 79-Jährigen allein.
Schön, wenn man gemeinsam fit ist. Jedoch lebt ein Drittel der 60- bis 79-Jährigen allein.

Wie leben ältere Menschen in Österreich und welche Ansprüche und Wünsche haben sie an ihr Wohn- und Lebensumfeld? Der "Wohnmonitor Alter 2018" von Franz Kolland, Soziologe und Gerontologe und seit 1997 außerordentlicher Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Wien, in Zusammenarbeit mit SeneCura hat in einer österreichweiten Studie die Wohnsituation älterer Menschen erhoben und ortet Verbesserungspotenziale. Obwohl etwa sieben von zehn über Achtzigjährige mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden sind, sind nur 16 Prozent der relevanten Wohnungen barrierefrei und auch die Infrastruktur lässt zu wünschen übrig. Die Forderungen reichen von mehr Modularität und Vielfalt über verbesserte Beratung und erhöhte öffentliche Förderungen.
Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung über 60 Jahre leben in Eigentumsverhältnissen, 54 Prozent in ihrem eigenen Haus und 14 Prozent in einer Eigentumswohnung. Im Durchschnitt beträgt die Wohnungsgröße pro Person 67 Quadratmeter und liegt somit deutlich über jener der Durchschnittsbevölkerung. "Ältere Menschen leben länger und gesünder als früher und können dank mobiler Dienste oder 24-Stunden-Betreuung länger in der eigenen Wohnung bleiben", erklärt Studienautor Kolland: "Nachdem die Kinder ausgezogen sind oder die Partnerin bzw. der Partner verstorben ist, bleiben viele ältere Menschen aus praktischen, finanziellen oder gesellschaftlichen Gründen - etwa wegen der Nachbarschaft - in ihrer Wohnung, auch wenn sie eigentlich zu groß ist." So lebt etwas weniger als ein Drittel der 60- bis 79-Jährigen in Österreich allein, bei den über Achtzigjährigen steigt der Anteil auf knapp die Hälfte.
"Besonders erfreulich ist, dass mit 54 Prozent über die Hälfte der Befragten ein positives Bild von Pflegeheimen hat, sowohl was die Pflegequalität als auch die sozialen Kontakte betrifft", freut sich SeneCura-Chef Anton Kellner. Rund ein Viertel weist eine negative Einstellung auf und rund ein Fünftel der Befragten liegt dazwischen. In ländlichen Räumen, sowohl in kleineren als auch mittelgroßen Gemeinden, ist die Einstellung deutlich positiver als in urbanen Gegenden mit mehr als 50.000 Einwohnern.
Gut bewertet werden an Pflegeheimen das soziale Leben (48 Prozent positiv), die Qualität der Pflege (46 Prozent positiv) und der Wohnkomfort (44 Prozent positiv). Weniger günstig bewertet werden die Privatsphäre in Heimen (30 Prozent positiv) und die selbstbestimmte Lebensführung (27 Prozent positiv). Kellner: "Diese Aspekte sollten von allen Errichtern und Betreibern somit noch stärker beim Bau von Pflegeheimen mitberücksichtigt werden. Wir müssen uns hier noch stärker an den Wünschen und Bedürfnissen der Älteren ausrichten, auch was die technologische Ausstattung betrifft." Denn 83 Prozent der 60- bis 74-Jährigen erwarten im Pflegeheim Internet und 50 Prozent smarte Technologien wie z. B. Sprachsteuerung des Fernsehapparats.

Tipps fürs Wohnen im Alter

Das Forschungsprojekt hat Empfehlungen aus den Ergebnissen abgeleitet:

Die Wohnbedürfnisse der älteren Leute bereits bei der Planung berücksichtigen
Für die Wohnsituation sollten Wohnungen schon vor Errichtung modularer geplant werden, um sie besser anpassen zu können. Neben Barrierefreiheit sollte schon in der Planung eine Erweiterung des Angebotsportfolios für ältere Menschen forciert werden. "Mehr Selbst- und Mitbestimmung der Älteren ist unser erklärtes Ziel. Neben einer deutlichen Erhöhung des Pflegegeldes und stärkeren Pensionsanpassungen fordern wir schon seit Langem von der öffentlichen Hand, bereits in der Angebotsplanung im städtischen und ländlichen Raum die Wohnbedürfnisse der älteren Menschen zu berücksichtigen", betont Peter Kostelka, Präsident des Seniorenrats.

Wohnberatung für ältere Leute
Weiters empfehlen die Studienautoren den Aufbau einer aufsuchenden Wohnberatung für ältere Menschen, die Tipps zur Instandhaltung und Anpassung des Wohnraums und Informationen über Umzugsmöglichkeiten und helfende Technologien geben. Außerdem sollten mehr finanzielle Förderungen für sozial belastete Zielgruppen, die sich für einen Umbau oder Umzug interessieren, sowie zur Anschaffung technischer Hilfsmittel zur Verfügung stehen.

Einflüsse auf die Wohnzufriedenheit

"Eine Besonderheit des Wohnens im Alter ist die lange Wohndauer von im Durchschnitt 35 Jahren, was häufig zu einem Trickle-down-Effekt führt, sprich zu einem Qualitätsverlust, wenn nicht ständig Investitionen vorgenommen werden", ergänzt Kolland. Die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnung korreliert mit dem Alter. Während in der Altersgruppe 60 bis 64 Jahre 38 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen eine sehr hohe Wohnzufriedenheit aufweisen, sind es in der Altersgruppe 80 plus 68 Prozent der Männer und 74 Prozent der Frauen. Erklären lässt sich die Wohnzufriedenheit im Alter nicht durch einen einzigen Faktor, sondern über eine Reihe von Einflüssen. Dazu gehören Wohndauer, Verbundenheit mit der Wohnung, Wohnumwelt, Einkommen, subjektives Gesundheitsempfinden, Barrierefreiheit und Wohnungsgröße.

Verbundenheit mit der Wohung
Die stärkste Wirkung geht von der Verbundenheit mit der Wohnung aus. "Eine hohe Zufriedenheit bedeutet aber nicht, dass es keine Wohnmängel gibt. Nur 16 Prozent der Wohnungen sind zum Beispiel barrierefrei, hier gibt es eindeutig Nachholbedarf", schildert Kolland.

Die Wohnumgebung
Die Zufriedenheit mit der Wohnumgebung weist keinen Altersgradienten auf, rund die Hälfte der Befragten ist über alle Altersgruppen hinweg mit der Wohnumgebung sehr zufrieden. Die fußläufige Erreichbarkeit infrastruktureller Einrichtungen in der Wohnumgebung ist für alte Menschen je nach Wohnlage und Einrichtung sehr unterschiedlich gegeben. Ältere Menschen in ländlichen Gemeinden (weniger als 5000 Einwohner) geben größere Entfernungen zu lokalen Einrichtungen wie Ärzten oder Freizeiteinrichtungen an. Die nächste Haltestelle des öffentlichen Verkehrs in Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern kann etwa in elf Minuten erreicht werden. Personen in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern erreichen die nächste Haltestelle durchschnittlich in fünf Minuten.
"Menschen in ländlichen Gebieten sind aufgrund der schlechteren Erreichbarkeit auch weniger zufrieden mit ihrer Umgebung, haben aber mehr Grünflächen und eine bessere Einbindung in die Nachbarschaft, was sich wiederum Menschen im urbanen Raum eher wünschen", weiß Kolland: "Empfehlenswert wäre es darum, die Wohnumgebung stärker in die Angebotsplanung miteinzubeziehen. Die Einbindung in die Nachbarschaft braucht Zeit, wirkt sich aber nachweislich auf die Lebensqualität aus."

Ein möglicher Umzug
Aufgrund der relativ hohen Wohnzufriedenheit erachten auch nur 34 Prozent der Befragten einen Umzug in Zukunft als wahrscheinlich und ein Fünftel (22 Prozent) als sehr wahrscheinlich. Für die Hälfte der Älteren kommt ein Umzug allerdings nicht infrage. Als mögliche Umzugsgründe gibt knapp die Hälfte Einschränkungen in der Selbstständigkeit und Autonomie der Haushaltsführung an, 28 Prozent wollen Angehörigen nicht zur Last fallen und fünf Prozent nennen Einsamkeitsgefühle. Überraschend ist der geringe Anteil an Personen, die Einsamkeit als Push-Faktor angeben. Und: Personen, die ein positives Bild vom Pflegeheim haben, halten einen Umzug deutlich häufiger für wahrscheinlich (27 Prozent) als Personen mit einer ablehnenden Einstellung (15 Prozent). "Rationale Gründe wie Kosten-Nutzen-Überlegungen spielen eine vergleichsweise geringe Rolle bei den Umzugsgedanken der Älteren. Wesentlich ist dagegen die ,Residential Normalcy', also Geborgenheit in der Wohnumwelt und Kontrolle der Wohnsituation. Sind beide gegeben, dann ist die Umzugsbereitschaft gering", erläutert Kolland.

Gewünschte Wohnräume

Gefragt nach "traditionellen" Wohnformen wünschen sich 60 Prozent der Befragten ein Haus auf dem Land. Das sind insbesondere die jungen Alten (60-80 Jahre) und jene, die bereits auf dem Land wohnen. 35 Prozent wünschen sich eine Stadtwohnung. Diese ist eher von Interesse für Personen mit höherem Einkommen. 43 Prozent können sich vorstellen, mit nahen Angehörigen zu wohnen. Diese Personengruppe verfügt über kleine und mittlere Einkommen und sie haben ein enges Verhältnis zu Kindern und Enkelkindern. 51 Prozent der Befragten haben Interesse an Betreutem Wohnen, wobei das größte Interesse in der Altersgruppe 70-79 Jahre gegeben ist. Weiters analysierte die Studie auch das Interesse an "neuen" Wohnformen: 52 Prozent können sich vorstellen, in einem Mehrgenerationenhaus zu wohnen, eher jene Personen, die nicht mit Hilfe aus dem eigenen Verwandtenkreis rechnen. 49 Prozent der Befragten können sich das Leben im Alter in einem Wohndorf ausschließlich für ältere Menschen vorstellen. Diese Wohnform spricht Personen mit mittleren Einkommen und gesundheitlichen Einschränkungen an.
"Die dritte Wohnform, die Alters-WG, die sich mehrere ältere Personen teilen, erfährt von nur 15 Prozent der Befragten eine positive Bewertung. Interesse an dieser Wohnform haben signifikant häufiger Personen, die eine posttraditionale Wertehaltung aufweisen", sagt Kolland. Helfende Technologien wecken bei der Generation 60 plus zwar Interesse, allerdings sind sie kaum im Einsatz. Am ehesten könnten sich die älteren Befragten ein Notrufarmband (88 Prozent) oder Bewegungssensoren zur Sturzerkennung (75 Prozent) vorstellen. Smarte Technologien wie Serviceroboter zum Putzen oder Rasenmähen stoßen dagegen auf wenig Zustimmung (30 Prozent).