SN.AT / Leben / Wohnen

Wien - Neue Herausforderungen für die Gemeinnützigen

Die Bundeshauptstadt wächst rasant. Der Wohnungsmarkt muss damit Schritt halten. Das bedeutet auch neue Aufgaben für die Gemeinnützigen.

Josef Ostermay4er, Vorstandsvorsitzender der Sozialbau AG.
Josef Ostermay4er, Vorstandsvorsitzender der Sozialbau AG.

Was wurde eigentlich aus Josef Ostermayer? Der frühere Minister und "Schatten" von Ex-Kanzler Werner Faymann wechselte 2016 in den Vorstand der größten gemeinnützigen Baugesellschaft Österreichs, der Sozialbau. Seit 1. Jänner 2018 ist er deren Vorstandsvorsitzender. Die Sozialbau verwaltet aktuell 52.000 Wohnungen, 90 Prozent davon sind Mietwohnungen. Der Schwerpunkt liegt auf Wien, dort warten auch künftig die größten Herausforderungen auf die Gemeinnützigen.

Wien wächst stark. Was bedeutet das für die Wohnungswirtschaft? Josef Ostermayer: Die Bevölkerungszahl von Wien wächst derzeit pro Jahr um 20.000 bis 25.000 Menschen. Das bedeutet, wir brauchen 10.000 bis 12.000 Wohnungen, um den Bedarf zu decken. Die Hälfte davon versuchen die Gemeinnützigen anzubieten, vergangenes Jahr haben wir 4000 Wohnungen gebaut, unser Ziel sind 5000 Wohnungen pro Jahr.

Woher kommen die neuen Bewohner? Städte sind grundsätzlich attraktiv, das geht oft zulasten des Landes, aber diese Entwicklung gab es schon immer. Wien verzeichnet starken Zuzug aus Österreich, aber auch aus vielen anderen Teilen der Welt.

Gibt es nicht genug anderen Wohnraum in Wien? Die Leerstandsrate ist nicht so groß, bei uns liegt sie bei 0,4 Prozent. Wir haben jährlich eine Fluktuation von vier bis fünf Prozent. Wir haben jetzt das Glück, dass es im Vergleich zu den Siebziger- bis Neunzigerjahren relativ wenig Wohnungsverluste gibt. Damals verloren wir 1000 bis 2000 Wohnungen durch Aufwertung von Substandardwohnungen, Zusammenlegungen etc. Das ist heute nicht mehr so.

Wie wichtig ist die Miete in Wien? Wien hat einen starken Mieteranteil, der zum Großteil auf die Gemeinnützigen entfällt, ein Teil auch direkt auf die Stadt Wien. Im gewerblichen Bereich setzt man eher auf Eigentumswohnungen.

Hat Wien denn überhaupt noch genügend Reserven, um das Bevölkerungswachstum zu stemmen? Es gibt einige neue Quartiere im 10., 11., 21., 22. und 23. Bezirk, viele davon sind aber kleinere Projekte. Zusammen sind da 900 Wohnungen im Entstehen. Die ganz großen Stadtentwicklungsprojekte finden sich in den äußeren Bezirken, etwa im 21. Bezirk, wo in der Nähe von Siemens 1200 Wohnungen entstehen.
Gemeinsam mit der BIG-Tochter ARE sind wir auch im 12. Bezirk tätig, dazu kommt die Seestadt Aspern oder das Nordbahnhofgelände, wo wir ein Hochhaus bauen. In Zukunft wird auch das Nordwestbahn-Gelände dazukommen, das ist ein Projekt für das kommende Jahrzehnt. Im 22. Bezirk wird es durch den U2-Ausbau zu einem Schub kommen, da errichten wir in der Berresgasse 3000 Wohnungen.

Passiert das alles auf der sprichwörtlichen grünen Wiese? Die Gemeinde Wien versucht, die nötige soziale Infrastruktur zu schaffen, also Kindergärten, Schulen, Parks etc. Auch eine möglichst gute Verkehrserschließung ist ganz wesentlich und das hängt stark von den U-Bahn-Achsen ab. Siehe Seestadt Aspern. Ziel ist es, möglichst neue Stadtquartiere entstehen zu lassen, etwa mit Erdgeschoßzonen für Geschäfte.

Läuft das mit der Stadt reibungslos? Manchmal dauern die Widmungen länger und wenn die Stadt nicht genug Budget hat, um etwa einen Kindergarten zu bauen, müssen die Bauträger für solche Einrichtungen mitzahlen. Das bedeutet, dass wir zwischen 20 und 90 Euro pro Quadratmeter zusätzlich für die Infrastruktur aufwenden müssen. Dafür bekommen wir die Widmung früher. Das ist eine Praxis, die gibt es nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Städten. Da wir Mietzinsobergrenzen haben, müssen wir das über die Bau- bzw. Grundkosten reinbringen.

Ist das denn so einfach möglich? Nein. Seit 2017 sind die Baukosten stark angestiegen. Wir hatten bisher eine Baukostenobergrenze von 1800 Euro pro Quadratmeter in Wien. Heute ist das unter 1900 oder 1950 Euro nicht mehr zu schaffen, die Stadt hat deshalb die Obergrenze angehoben. Allerdings ist die Mietzinsobergrenze gleich geblieben. Wir müssen das also irgendwie dennoch darstellen. Hilfreich ist dabei der historisch niedrige Stand bei den Finanzierungskosten, also den Zinsen. Sollte die EZB 2019 das Zinsniveau erhöhen, bedeutet das für uns aber neue Rahmenbedingungen. Wien versucht jedenfalls über die Bauordnung, bei den Grundstückskosten etwas zu tun. Dafür gibt es die neue Widmungskategorie "geförderter Wohnbau". Damit sollten wir die Höchstgrenze von 188 Euro pro Quadratmeter schaffen.

KOMMENTARE (0)