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Vorsorge gegen Hagelschäden

Immer öfter kommt es zu Starkregen und Hagelschlag. Wer ein paar Tipps befolgt, kann seine Immobilie ausreichend gegen Schäden schützen.

Hagel wird für Immobilien zur immer größeren Gefahr.
Hagel wird für Immobilien zur immer größeren Gefahr.

Die Häufigkeit und Intensität von Hagelunwettern haben in den vergangenen Jahren bedingt durch die generellen klimatischen Veränderungen weltweit zugenommen, natürlich auch in Österreich. Allein in den vergangenen 20 Jahren seit dem Jahrtausendwechsel ist die Zahl der Wetterlagen mit Unwetterpotenzial laut einer Auswertung der ZAMG um 20 Prozent gestiegen.

Die Auswirkungen solcher Hagelunwetter stellen eine große Bedrohung dar und die Höhe der Schäden steigt. Dabei lassen sich Schäden an Gebäuden durch präventive Schutzmaßnahmen und den Einsatz hagelresistenter Baumaterialien verhindern oder zumindest verringern. Das ist nicht nur zum Schutz des Eigentums vor Schäden sinnvoll, sondern auch um die Versicherbarkeit dauerhaft zu gewährleisten.

Darum kommt es immer häufiger zu Hagelunwettern
"Die Luft ist durch die Klimaerwärmung speziell im Sommer wärmer als früher und kann mehr Wasser aufnehmen. Pro Grad Erwärmung verdunsten sieben Prozent mehr Wasserdampf in die Luft. Mehr Wasserdampf in der Luft bedeutet aber auch mehr ,Treibstoff' für Gewitter", erklärt der Meteorologe Andreas Jäger: "Sobald Wassermoleküle zu Tröpfchen kondensieren, wird Wärme frei, Warmluftblasen steigen in die Höhe und bauen den Gewitterturm auf. In Gewittertürmen entstehen so Aufwinde mit Vertikalgeschwindigkeiten von weit über 100 km/h." Sie machen Hagel erst möglich, da ein Hagelkorn nur so lange wachsen kann, solange es vom Aufwind getragen wird. "Dabei frieren Wassertropfen Schicht für Schicht ans Hagelkorn an und lassen es wachsen", weiß der Experte.

Für die Zukunft gehen die Klimatologen davon aus, dass im Norden Europas die Unwettertätigkeit ansteigt, weil es wärmer wird, während sie im Süden abnimmt, weil es dort trockener wird. Österreich liegt mit den Alpen genau im Übergangsbereich und erfährt eine interessante Entwicklung: Die Gewittersaison wird sich verlängern, also mehr Gewitter im Frühling und Herbst. Dafür sollte die Gewittertätigkeit im Hochsommer, im Juli und August, eher zurückgehen, da trockene Sommer mit dem Klimawandel häufiger werden und es den Gewittern damit an Treibstoff fehlt.

Hagel dominiert Sachschadenbilanz
Hagelschäden stehen in der Schadenbilanz bei Naturgefahren regelmäßig an erster Stelle und richten verheerende Schäden an. Die konzentrierten Unwetter im Sommer 2021, vor allem die massiven Hagelschläge Ende Juni, beschäftigen die Versicherungen noch heute. "Rund 22.500 Schäden sind bereits in Bearbeitung beziehungsweise wurden erledigt. Die meisten und größten Schäden entstehen dabei selbstverständlich überall dort, wo Dächer und Fassaden von Gebäuden betroffen sind. Das trifft sowohl auf private als auch gewerbliche Objekte und natürlich auf Landwirtschaften zu", berichtet Othmar Nagl von der Oberösterreichischen Versicherung: "Zu den Hagelunwettern kamen letztes Jahr noch die Ausläufer der deutschen Hochwasserkatastrophe sowie weitere Sommerunwetter, die die Schadenlast aus Naturkatastrophen insgesamt auf mehr als 170 Mill. Euro anschwellen ließen, was einer Verdreifachung zum bisher teuersten Schadenereignis - Hagel ,Wolfgang' im Jahr 2009, der Schäden in Höhe von rund 50 Mill. Euro verursacht hat - gleichkommt."

Gerade der Hagel ist ein Wetterphänomen, das sehr kurzfristig auftritt und schlecht prognostizierbar ist. Deshalb weicht die Realität oft stark von der getroffenen Vorhersage ab. "Betroffen vom Hagel ist grundsätzlich jede Region, nur in unterschiedlichem Ausmaß. Deshalb ist die Schadenprävention von zentraler Bedeutung", mahnt Arthur Eisenbeiss, Vorstand des Instituts für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung IBS, und erklärt, wie man sich in drei Schritten vor den Schäden, die Hagel verursacht, schützen kann.

Effizienter Hagelschutz sei in nur drei Schritten realisierbar und zielt auf eine optimale Zusammenarbeit zwischen allen an einem Bau beteiligten Personen.

Überprüfung der Hagelgefährdung des eigenen Standorts
Für Österreich wurde auf Basis aller vorhandenen Aufzeichnungen über Hagelschläge der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) eine Hagelzonierungskarte erstellt. Jeder kann unter der Internetadresse www.hora.gv.at kostenlos die individuelle Hagelgefährdung für seinen Standort anhand dieser Hagelgefährdungskarte abrufen.

Zudem empfiehlt Andreas Jäger eine genaue Wetterbeobachtung mittels Wetterberichten und Wetter-Apps. Sie kann Zeit verschaffen, sich selbst und sein Hab und Gut in Sicherheit zu bringen.

Einsatz hagelresistenter Baumaterialien
Baumaterialien sollten mittels Hagelsimulationsmaschine auf ihre Hagelresistenz überprüft werden. Die Hersteller können ihre Prüfergebnisse in das öffentlich einsehbare Hagelregister www.hagelregister.at eintragen lassen. So können Bauherrn und Gebäudeeigentümer einfach hagelresistente Baumaterialien suchen und finden.

Ein Unternehmen, das sich im Bereich Hagelschutz und Hagelresistenz seiner Produkte ganz besonders engagiert, ist der bayerische Dachziegelhersteller Erlus. "Wir wollen, dass unsere Kunden ein starkes Dach haben. Deshalb ist unser gesamtes Dachsortiment hagelzertifiziert und im Hagelregister eingetragen", erklärt Guido Hörer, Vertriebsleiter Dach: "Dazu wurden unsere Ziegel am Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) in Linz mit einer Hagelsimulationsmaschine auf Hagelresistenz getestet. Dabei werden bis zu hühnereigroße Eiskugeln in hohen Geschwindigkeiten auf die Ziegel geschossen." Das Ergebnis: Alle Tondachziegel erreichen mindestens Hagelwiderstandsklasse (HW) 4, das entspricht einem Hagelschauer mit bis zu vier Zentimeter großen Hagelkörnern.

Umsetzung individueller Schutzmaßnahmen
Passend zur eigenen Standortsituation sollten also geeignete Baumaterialien aus dem Hagelregister ausgewählt, aber auch individuelle Schutzmaßnahmen umgesetzt werden, zum Beispiel vorsorglich Abdeckplanen besorgen, Auffangmöglichkeiten für eindringendes Wasser bereitstellen usw. Dazu ist ein Informationsfolder unter www.elementarschaden.at/service downloadbar.

"Man kann Gewitter nicht zähmen und die Entstehung von Hagelschlägen nicht verhindern. Allerdings lässt sich das Risiko von Gebäudeschäden gegen null reduzieren, indem man geeignete, auf ihren Hagelwiderstand hin geprüfte Bauprodukte für die Gebäudehülle - insbesondere für Dach und Fassade - verwendet", erklärt Arthur Eisenbeiss.

Dabei gibt Guido Hörer von Erlus zu bedenken, dass ein hagelsicheres Dach nicht nur Schäden am Dach selbst verhindert, sondern auch Folgeschäden minimiert: "Bei Starkregen oder Hagelschauern ist das Dach die Hauptangriffsfläche. Wird das Dach durch Hagelkörner beschädigt oder zerstört, kann Wasser eintreten und die Folgeschäden am Gebäude sind hoch. Auch deshalb ist für Immobilienbesitzer und Versicherungen sowohl bei Neubau als auch bei Sanierung eine gute Baustoffqualität so entscheidend", rät Hörer.

Heftige Gewitter prägten viel zu warmes Jahr 2021

Das vergangene Jahr war mit einem Plus von 1,2 Grad im Vergleich zu den Jahren 1961 bis 1990 viel zu warm und zudem von heftigen Unwettern und lokalen Rekordregenmengen geprägt, das zeigt der "Klimastatusbericht 2021". Der Sommer insgesamt war der Klimabilanz zufolge österreichweit der neuntwärmste der über 250-jährigen Messgeschichte. Am stärksten spürbar war dies wohl bei den Tagen mit 30 Grad und mehr ("Hitzetage") und den Nächten, in denen es nicht unter 20 Grad abkühlte ("Tropennächte").

24 solcher Hitzetage gab es im Vorjahr jeweils in Graz (plus 20 gegenüber dem Mittelwert 1961-1990), Wien (plus 14) und Eisenstadt (plus 13). 23 Hitzetage waren es in Klagenfurt (plus 17), 20 in St. Pölten (plus 8), 19 in Innsbruck (plus 10), 13 in Linz (plus 7), 10 in Salzburg (plus 4) und 6 in Bregenz (plus 3). Das führt zu starken Unwettern mit enormen finanziellen Schäden. So betrugen allein die bei der Österreichischen Hagelversicherung 2021 gemeldeten Verluste durch Hagel und Sturm in der Landwirtschaft in Summe 110 Mill. Euro.