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Vier Megatrends prägen die Immobilienbranche

Herausfordernde Zeit bis zum Ende der 20er-Jahre. Entwicklung erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

„Glokalisierung“, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die fortschreitende Entwicklung von Remote Work und Office Sharing sind die zu erwartenden Trends der Immobilienbranche in den kommenden Jahren.
„Glokalisierung“, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die fortschreitende Entwicklung von Remote Work und Office Sharing sind die zu erwartenden Trends der Immobilienbranche in den kommenden Jahren.

Vier Megatrends werden die Immobilienbranche bis zum Ende dieses Jahrzehnts prägen: "Glokalisierung", Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die fortschreitende Entwicklung von Remote Work und Office Sharing.

Dies geht aus der aktuellen Immobilientrendstudie hervor, die das Wiener Beratungsunternehmen Advicum Consulting veröffentlichte. Vorerst aber ist bei vielen Bestandshaltern, Investoren und Projektentwicklern noch Verunsicherung zu spüren, denn das Transaktionsvolumen ist in einem Marktumfeld hoher Baukosten und steigender Zinsen zuletzt massiv eingebrochen.

"Der Immobilienmarkt wird sich erst 2024 wieder stabilisieren."
Matthias Ortner, Advicum-Partner

"Der zunehmende Anstieg der Inflation und die damit einhergehende Erhöhung der Zinssätze werden die weitere Entwicklung der Immobilienmärkte stark beeinflussen. Die steigenden Zinsen werden das Transaktionsvolumen weiter reduzieren, aber zugleich auch den Anstieg der Immobilienpreise bremsen", erwartet Advicum-Equity-Partner und Studienautor Matthias Ortner. "Wir gehen davon aus, dass sich der Immobilienmarkt frühestens im Jahr 2024 stabilisieren wird."

Vor diesem Hintergrund seien vier Trends für die kommenden Jahre zu erwarten.

Trend 1: "Glokalisierung" im Vormarsch

Immobilien sind in den vergangenen Jahren gleichermaßen zu globalen wie lokalen Vermögenswerten geworden, das Motto heißt: "Global denken - lokal bauen". "Der Einfluss dieser ,Glokalisierung' hat zu einem starken Wachstum des Nearshorings und damit zu einem Anstieg der Nachfrage nach Lagerflächen und Logistikimmobilien in der DACH-Region geführt, wesentlich beeinflusst durch eine starke Zunahme von E-Commerce und Onlinehandel", heißt es in der Studie. Sogenannte "Black Swans", kaum vorhersehbare Ereignisse wie Pandemien oder Kriege, sollten damit künftig weniger dramatische Konsequenzen für die Branche nach sich ziehen. Aber auch die zunehmende Migration sei ein Trend, der auf globaler Ebene eine immer größere Rolle spiele und die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeflächen erheblich beeinflusse.

Trend 2: Nachhaltigkeit

"40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes werden durch Immobilien verursacht, dennoch wird pro Jahr nur ein Prozent der Gebäude hinsichtlich ihrer Energieeffizienz modernisiert", erklärt Ortner. Der Nachholbedarf ist offensichtlich. Der Druck kommt mittlerweile von Politik und Öffentlichkeit ebenso wie von Investorenseite und wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken, ist man bei Advicum überzeugt.

Die EU-Taxonomie und diverse Offenlegungsverordnungen sollen zukünftig Kriterien und Klassifikationen für Immobilienfonds, Gebäude etc. vorschreiben, um den ESG-Anforderungen gerecht zu werden. Zudem können bereits jetzt ein starker Aufschwung der Nachfrage nach Green Buildings und ein erheblicher Anstieg von Nachhaltigkeitszertifizierungen festgestellt werden. Diese bedürfen allerdings dringend einer internationalen Standardisierung, um tatsächlich vergleichbar zu werden. "Schließlich darf die Immobilienbranche auch die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit nicht vergessen und muss Kriterien wie Barrierefreiheit, Mobilitäts- und Sicherheitsbedürfnisse beachten", betont Ortner.

Trend 3: Digitale Transformation

In engem Zusammenhang mit der Realisierung von Nachhaltigkeitszielen steht laut Advicum-Studie auch der Trend zur Digitalisierung, denn die Erreichung von Klimazielen sei ohne die Verfügbarkeit und Transparenz digitaler Daten nicht möglich. Dabei gehe es nicht nur um die Planung und Errichtung von Gebäuden, sondern auch um ein entsprechend nachhaltiges Gebäudemanagement und somit um Daten, die auch für die Gebäudenutzer von Bedeutung sind.

Als Beispiele nennt die Studie intelligente Stromzähler, intelligente Sensoren für die Heizungs- und Lüftungstechnik oder Tools für den effizienten Einsatz von Wärmepumpen. Die Immobilienbranche zähle zwar nicht gerade zu den Vorreitern der digitalen Transformation, diese sei aber nicht mehr aufzuhalten, meinen die Studienautoren.

Die Verknüpfung von künstlicher Intelligenz, Blockchain und Smart Home biete zukunftsträchtige Lösungen. Proptechs, die dies anbieten, verzeichnen mittlerweile bereits einen enormen Wachstumsboom.

Trend 4: Suburbanisierung

Die Pandemie lieferte den Turbo für einen Trend, der sich schon länger abgezeichnet hat: die Verlagerung des Wohnorts in den ländlichen Bereich, vor allem in der Altersgruppe der 25- bis 49-Jährigen. Diese Suburbanisierung werde sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, ist Ortner überzeugt. Vorausgesetzt, es gelingt, die Strukturprobleme in vielen Regionen zu beseitigen und insbesondere den Breitbandausbau weiter zu forcieren.

An den Arbeitgebern sollte es dabei nicht scheitern: Weltweit arbeiten derzeit bereits 16 Prozent der Unternehmen vollständig im Homeoffice, 25 bis 30 Prozent könnten es schon in den kommenden Jahren tun. Wohnen in der Großstadt aus rein beruflichen Gründen erübrige sich damit, heißt es in der Studie. Für die Immobilienbranche bedeute dies voraussichtlich ansteigende Leerstände im städtischen Bereich und Umwidmungen von Büro- auf Wohnflächen.

"Insgesamt steht der Immobilienmarkt weltweit und auch in Österreich in den restlichen 20er-Jahren vor eminenten Herausforderungen", fasst Advicum-Experte Ortner zusammen: "Die Marktteilnehmer werden Flexibilität und Anpassungsfähigkeit beweisen und eingefahrene Pfade verlassen müssen. Denn es kommen spannende und anspruchsvolle Zeiten auf uns zu."