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Die Wertigkeit bei Möbeln

Die Pandemie sorgt für ein intensiveres "Daheimgefühl". Nachhaltigkeit und Natur kontrastieren mit der "neuen Eleganz" mit Samt und bunten Mustern.

Flexible Möbel für Homeoffice und „Normalzustand“ stehen hoch im Kurs.
Flexible Möbel für Homeoffice und „Normalzustand“ stehen hoch im Kurs.
Flexible Möbel für Homeoffice und „Normalzustand“ stehen hoch im Kurs.
Flexible Möbel für Homeoffice und „Normalzustand“ stehen hoch im Kurs.

Auch wenn niemand mehr das Wort "Corona" hören will, so beeinflusst die Pandemie das Leben der Menschen auch weiterhin. Dazu gehört auch die Möbelbranche. "Corona hat auch einen positiven Einfluss auf die Möbelindustrie gehabt", sagt Georg Emprechtinger, Eigentümer von Team7 und Vorsitzender des Verbands der Österreichischen Möbelindustrie. "Positiv war, dass die Menschen viel zu Hause waren und das Bewusstsein für das Daheim gestiegen ist." Dem stehen aber auch negative Folgen gegenüber, vor allem im Bereich der Lieferketten. Emprechtinger: "Wer kurze Lieferketten hat, war kaum betroffen, durch lange Lieferketten war die Beeinträchtigung dagegen viel stärker." Das Bekenntnis zu Regionalität habe sich also ausgezahlt, hier könne man nicht nur die Qualität unter Kontrolle haben, sondern eben auch die Lieferwege. "Es hat sich gezeigt, dass es besser ist, möglichst viel selber zu produzieren."

Die internationalen Probleme haben trotzdem durchgeschlagen, vor allem auf der Preisebene, wo es in manchen Märkten steil nach oben ging, etwa bei wichtigen Rohstoffen wie Holz, Metall oder auch bei Chips. "Gegensteuern lässt sich hier nur durch langfristige Lieferbeziehungen, die auch eine höhere Wertschöpfung im Land auslösen, sowie durch eine starke Mitarbeiterbindung." Denn die Pandemie habe die Mitarbeitersuche und den Fachkräftemangel noch weiter verschärft. "Das ist zwar ein altes Lied, wurde aber noch einmal herausfordernder", sagt der Experte.

Von den wirtschaftlichen Kennzahlen her nähert sich die heimische Möbelindustrie aber wieder den Vorkrisenwerten an, auch wenn diese noch nicht erreicht sind. Immerhin ist der Produktionswert in den ersten drei Quartalen 2021 um 16 Prozent auf 1,84 Mrd. Euro angestiegen, der Export legte auf 835 Mill. Euro zu (plus 6,4 Prozent), was eine Exportquote von 45 Prozent ergibt. Zugelegt haben alle Bereiche, dank Homeoffice vor allem der Bürobereich (plus 14,6 Prozent), Sitzmöbel (plus 12,8 Prozent) und ganz besonders Küchen (plus 22 Prozent), was ebenfalls dem aktuellen Trend entspricht. Besonders gefragt sind Möbel für den Schlaf-, Ess- und Wohnzimmerbereich und auch für neue Badezimmer.

Die Nachfrage nach heimischen Möbeln ist nicht nur im Land gestiegen, sondern auch außerhalb. Qualität aus Österreich schätzt man vor allem in Deutschland und der Schweiz, was Emprechtinger positiv auch für das laufende Jahr 2022 stimmt. Auch beim Import stehen die Deutschen an vorderster Stelle, gefolgt von Polen und China, das einen besonders steilen Anstieg verzeichnet.

Um sich von Billigimporten abzuheben, hat der Verband kürzlich das Gütezeichen "Möbel Austria" eingeführt, das beispielsweise eine 50-prozentige Wertschöpfung in Österreich erfordert. Emprechtinger: "Das ist quasi ein Zeichen für Qualität und Herkunft."

Aktuelle Trends beflügeln Industrie

Doch welche Möbel, welche Materialien, welche Farben sind denn nun bei den Österreicherinnen und Österreichern besonders gefragt? Wohnen und arbeiten verschmelzen, der Wohnwert steigt, lautet eine Antwort. Gleichzeitig gebe es die Sehnsucht nach Natur, die Küche entwickle sich zur Werkstatt für Lebensfreude, erklärt Emprechtinger. Die Menschen ziehen sich in den Wohnbereich zurück - Stichwort: Cocooning - und wollen sich daher dort wohlfühlen. Dafür braucht es Rückzugsorte und für das Homeoffice flexible Möbel.

Ganz deutlich sichtbar ist der Trend zu Nachhaltigkeit beim Einrichten. Neben den von Emprechtinger erwähnten Vorteilen für heimische Produkte und transparente Lieferketten geht es den Menschen vor allem um ein gesundes Wohnumfeld und natürliche Materialien. "Es gibt eine gewisse Sehnsucht nach Sinnlichkeit als Gegenpol zur Digitalisierung", erklärt Emprechtinger. Gefragt sind helle, natürliche Oberflächen, im Schlafzimmer beispielsweise aus Zirbe. Gleichzeitig hält der Trend zur Küche als Mittelpunkt des Hauses unvermindert an. Neben den natürlichen Materialien gibt es hier derzeit die Tendenz zu einer "neue Eleganz" mit dunklen Oberflächen und Keramik- oder Marmoroberflächen.

New Work und Homeoffice integrieren sich zunehmend in den Wohnbereich, die Digitalisierung ermöglicht neue Arbeitskonzepte, denen die Möbelindustrie folgen muss. Eine professionelle Ausstattung wird erwartet, die formschön ist und funktional. Emprechtinger: "Flexibilität ist sehr wichtig, etwa Klapplösungen oder ergonomische Funktionen. Wichtig sind auch akustische Lösungen, also Insellösungen, mit denen man sich abschotten kann." Die erweiterte Funktionalität soll man den Möbeln allerdings im "Normalzustand" nicht ansehen, das sei eine Spezialität der österreichischen Hersteller. Mit wenigen Handgriffen lassen sich dann ein Coffee Table und ein Tischchen für den Laptop hervorzaubern.

Zum erwähnten Purismus mit natürlichen Materialien gibt es aber auch einen Gegentrend: jenen zur neuen Eleganz und Art-deco-Elementen. Hier sind geometrische Muster gefragt, oft mir goldenen Kanten, gerade bei Polstermöbeln, Samt ist etwa in einem Mix mit Holz wieder stark im Kommen, gewürzt mit einem gewissen Retrohauch.

Auch der Einzelhandel ist zufrieden

Auch der österreichische Einzelhandel im Bereich Möbel, Heimwerkerbedarf, Elektrowaren legte in den ersten neun Monaten 2021 laut Statistik Austria insgesamt nominell mit einem Plus von 6,6 Prozent deutlich zu (real plus 5,1 Prozent). Christian Wimmer, Geschäftsführer der Einkaufs- und Dienstleistungsorganisation Service & More: "Das Vorjahr ist für unsere Branche allgemein und für Service & More im Besonderen sehr gut gelaufen. Dieses Feedback haben wir auch von unseren Lieferanten bekommen." Der Einrichtungsfachhandel ist also gut unterwegs. Die Möbelhändler und Raumausstatter profitieren davon, dass viele Menschen sich ein neu gestaltetes Heim wünschen. Das Thema Nachhaltigkeit spiele dabei eine stetig wachsende Rolle.

Diese Philosophie, immer in der Region zu bleiben, Lieferanten sorgsam auszuwählen und auf deren CO2-Fußabdruck und möglichst kurze Transportwege zu achten, mache sich in Zeiten von Rohstoffknappheit und Lieferengpässen besonders bezahlt. Wimmer: "Selbstverständlich leiden wir darunter, wenn für auszuliefernde Geschirrspüler keine Halbleiter zur Verfügung stehen oder der Schaumstoff für Matratzen rar ist. Da geht es uns nicht anders als dem großflächigen Mitbewerb." Allerdings genössen die Händlerpartner bei den Kunden aufgrund ihrer persönlichen Beziehung großes Vertrauen. "Gerade in einer global agierenden Welt werden Produkte und Leistungen im eigenen Umfeld gesucht und wenn ein Anbieter für etwas steht und sich um Lösungen bemüht, dann hat das seinen Wert, der von der Kundschaft anerkannt wird." Wimmer blickt optimistisch ins Jahr 2022, denn die eigene Wohnung und das eigene Haus werden seiner Meinung nach weiter an Bedeutung gewinnen. Zudem bleiben die Zinsen auf den Sparkonten äußerst niedrig. Auch das gebe dem Möbelfachhandel starken Rückenwind.