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Neue Anforderungen ans Zinshaus

Freiflächen werden auch hier immer stärker eingefordert. Steigende Baukosten und ein Rückgang im Bestand lassen Preissteigerungen erwarten.

Auch im klassischen Zinshaus werden immer mehr Freiflächen erwartet.
Auch im klassischen Zinshaus werden immer mehr Freiflächen erwartet.

Der Sektor Zinshaus ist für den österreichischen Immobilienmarkt eine fixe, relativ konstante Größe. Hauptmarkt ist Wien und das wird auch so bleiben, sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup, einem seit drei Generationen bestehenden Wiener Familienunternehmen, in einer Markteinschätzung: "Aber Graz, Linz und Salzburg gewinnen immer stärker an Bedeutung." Zurück zu Wien, wo der Bestand zweifelsohne der Größte ist, umso heißer ist er aber auch umkämpft. Das Wiener Stadtbild ist von den wunderschönen Fassaden der Gründerzeit geprägt wie kein anderes. Doch der Bestand dieser Gebäude sinkt, weniger durch Abriss als durch eine Veränderung der Nutzung. "Die Gebäude, die weiterhin im Bestand bleiben, sind nach Lage, Größe, Qualität zu beurteilen. Besonders einzigartige Objekte in hoher Qualität und zentraler Lage werden deshalb massive Preissteigerungen erfahren", erwartet Schmidt.

Trend: mehr Freiflächen

Neu ist für diesen Markt, dass ein Trend auch hier zum Tragen kommt, jenem nach mehr Freiflächen. "Nach mehreren Lockdowns wissen wir es alle zu schätzen, wenn die frische Luft nicht nur durch das Fenster kommt. Dementsprechend verzeichnen Wohnungen und Häuser mit Freiflächen einen enormen Nachfrageschub", erklärt Schmidt. Und auch wenn die prächtigen Altbauten in Innenstadtlagen davon keine wirkliche Konkurrenz zu befürchten haben, so wird der Faktor Freifläche dennoch beim Zinshaus wichtiger.

Anbieter von nachträglichen Anbaulösungen verzeichnen deshalb steigende Nachfrage. "In Kombination mit den Eigenheiten und der Historie des jeweiligen Altbaus heißt es hier deshalb für Architekten wie auch bauausführende Unternehmen, kreativ zu sein", rät der Experte: "Bei zahlreichen Altbauprojekten des vergangenen Jahres realisierte die 3SI Immogroup im Zuge der Revitalisierung auch zeitgleich attraktive Freiflächen, die dem pandemiegeprägten Wunsch nach Balkon, Terrasse und Loggia Rechnung tragen." Wie sich zeitgemäße Freiflächenschaffung und die Bewahrung historischer und das Stadtbild prägender Substanz auf höchstem Niveau vereinen ließen, zeige das 2021 fertiggestellte 3SI-Immogroup-Projekt "The Masterpiece". Der Stilaltbau in der Wiener Skodagasse 15 verfügt über einen parkähnlichen Innenhof, auf den neu geschaffene Balkone und Terrassen hin ausgerichtet sind und so Innenstadt- und Ruhelage vereinen. Zwei der Wohnungen verfügen über Eigengärten, die luxuriösen Penthousewohnungen über Dachterrassen. "In der Kategorie Residential Redevelopment/Renovation (Sanierung/Renovierung von Wohngebäuden) wurde "The Masterpiece" auch als bestes Projekt mit dem European Property Award 2021 ausgezeichnet", ist Schmidt stolz.

Preissteigerung unausweichlich

Immobilien sind seit jeher eine beliebte Anlageform, insbesondere in unsicheren Zeiten. Doch das flächendeckende Netz internationaler Märkte, die Logistik- und Transportketten, die man über die vergangenen Jahre gewohnt war und auf die man angewiesen ist, hat Risse bekommen. Rohstoffe - allen voran Holz, aber auch Stahl und Beton - sind Mangelware. "Ein Faktum, das die Baubranche nicht nur im vergangenen Jahr prägte, sondern auch im kommenden spürbar sein wird", prognostiziert Schmidt: "Es ist zu erwarten, dass das Bauvolumen 2022 im Vergleich zum heurigen Jahr zurückgehen wird. Erstmals wird also weniger gebaut werden."

Kombiniert mit der Tatsache, dass der Zinshausbestand im Sinken begriffen ist, liege es nahe, dass eine Preissteigerung unausweichlich sei. Mitentscheidend für die stark gestiegenen Preise waren auch die niedrigen Zinsen, einerseits für Kredite, andererseits aber auch für Bankguthaben, für die immer höhere Minuszinsen verrechnet werden. Die Konsequenz: Das Geld wird von den Banken abgezogen und in den Immobilienmarkt investiert.

Grundvoraussetzung Nachhaltigkeit

Das Zinshaus als bewährte und sichere Wertanlage wird davon natürlich profitieren. Interessant ist, dass die Renditeerwartungen bei der Kaufentscheidung weniger relevant scheinen, als der "sichere Hafen" Immobilie, weshalb der Anteil der Stiftungen und Vermögenden unter den Käufern steigt.

Nachhaltigkeit ist inzwischen jedenfalls eine Grundvoraussetzung. Der Grüne Deal ist Realität: Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Der straffe Zeitplan bringt die Immobilienbranche nun unter Zugzwang. "War Nachhaltigkeit bisher ein Verkaufsargument, wird es nun verpflichtend. Während im Neubau entsprechende neue Kriterien einfacher und rascher, direkt bei Beginn der Projektumsetzung, anwendbar sind, bedingt deren Umsetzung im Bestand eine andere Herangehensweise", weiß der Experte.

Allerdings: Gerade durch eine ressourcenschonende Revitalisierung von bestehenden Immobilien wie Zinshäusern, könne ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet werden. Schmidt blickt trotz aller Herausforderungen optimistisch auf das kommende Jahr: "Die vergangenen zwölf Monate können wir als herausfordernd, aber sehr erfolgreich bezeichnen. Wir haben unseren Bestand an Zinshäusern deutlich erhöht und uns so eine stabile Basis für die Entwicklung kommender Projekte 2022 geschaffen. Weiters planen wir eine Intensivierung unseres Engagements in den wachsenden Zinshausmärkten Graz, Linz und Salzburg, in denen wir bereits 2021 aktiv waren. Unser zentrales Betätigungsfeld bleibt aber weiterhin Wien."