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Nachverdichtung - Eine Chance für Salzburg

Nachverdichtung schafft Raum für neues Wohnen. Salzburg hat hier noch Bedarf und bereits durchaus gelungene Projekte.

Beim Bauprojekt Glanbogen wurde der großzügige Grünraum bestmöglich nachverdichtet.
Beim Bauprojekt Glanbogen wurde der großzügige Grünraum bestmöglich nachverdichtet.

Wo Bauland teuer und schwer verfügbar wird, es aber dennoch neuen Wohnraum braucht, fällt regelmäßig das Schlagwort Nachverdichtung.

Bemerkenswerte Ansätze bei der Nachverdichtung

Architektonisch gibt es bemerkenswerte Ansätze: In Japan löst man die Wohnungsnot mit originellen Minihäusern inmitten von Altbestand, ein Architekturbüro realisierte in Tokio etwa auf nur 26 Quadratmetern Grundfläche ein Haus mit einer Gesamtwohnfläche von 51 Quadratmetern.

In Köln hat ein Architekt in eine 3,5 Meter breite Baulücke zwischen zwei Gründerzeithäusern ein Haus mit sechs Etagen, Keller und Dachterrasse mit einer lichten Breite von drei Metern und einer Tiefe von sieben Metern gebaut.

Einer der ersten Nachverdichter war der Architekt Stefan Eberstadt, der vor 20 Jahren das Rucksack House entwickelte: Zur Wohnraumerweiterung hängte er an Stahlseilen einen Extraraum an die Fassade eines Hauses.

Das Thema Nachverdichtung hat auch Salzburg erreicht

Vor einem Jahr ließ die Stadt mit dem Projekt Bonus aufhorchen, das Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern - diese machen mehr als die Hälfte des Gebäudebestands in Salzburg aus - bei einer möglichen Nachverdichtung beraten und unterstützen sollte. Die Nachfrage war gegeben, besonders groß sei das Interesse für die Schaffung von Generationenwohnen sowie für Wohnraum für Pflegerinnen gewesen, ist aus dem Büro der Baustadträtin Barbara Unterkofler zu hören. Nicht selten wird auch das vererbte Haus auf teurem Boden zur Belastung. Weil man die Miterben nicht auszahlen kann, gehen die Grundstücke an Bauträger, die an der Stelle des Einfamilienhauses Mehrparteienwohnraum schaffen.

Das kann in gewachsenen Siedlungsstrukturen auch Probleme mit sich bringen: Die Fläche wird durch die Nachverdichtung in der Regel stärker versiegelt, vorhandener Straßenraum wird zu eng, die Infrastruktur reicht nicht mehr aus. Wo hingegen diese Aspekte mitgedacht oder vermieden würden und die Bauerweiterung mit vorgegebenen Dichten und Verbauungsplänen konform gehe, spreche kaum etwas gegen eine Nachverdichtung, sagt Stefan Netsch, wissenschaftlicher Leiter des Masterstudiengangs Smart Buildings in Smart Cities an der FH Salzburg. Die Nachverdichtung auf kleinen Grundstücken löst das Wohnproblem in Salzburg nur bedingt: Wohnungen in solchen Anlagen werden in der Regel auf dem freien Markt verkauft, zu entsprechenden Quadratmeterpreisen.

Gelungene Nachverdichtungsprojekte in Salzburg

Salzburg verfüge über einige gelungene Nachverdichtungsprojekte, über die zu wenig gesprochen werde, sagt Stefan Netsch. Er nennt die Wohnanlage Glanbogen, wo in der General-Keyes-Straße zwischen den 20 in den 1950er-Jahren von der US-Armee gebauten Wohnhäusern sechs Neubauten aus Holz und Beton errichtet wurden, und das unter Beibehaltung von ausreichend Grünraum.

Durch Nachverdichtung sollten Städte im Idealfall nach innen wachsen, betont Netsch, um eine weitere Versiegelung auf der grünen Wiese zu vermeiden. Fakt ist, dass der ökologisch verträgliche Flächenfraß von 2,5 Hektar pro Tag in Österreich bei 13 Hektar liegt, das sind 20 Fußballfelder. Dass Salzburg "zu dicht" würde, wie sich manche Menschen etwa über das neue Stadtwerke-Areal beschweren, sieht der Stadtplaner nicht so negativ. Dort seien so manche Probleme städtebaulich gut gelöst worden: Zwischen Schiene und stark befahrener Straße entstand eine ruhige Wohngegend mit Nutzungsmischung, die Bewohner fänden ein gutes Angebot an sozialer Infrastruktur vor. Bei der GSWB, die gemeinsam mit Heimat Österreich den Wohnraum dort geschaffen hat, spricht man von einer hohen Zufriedenheit bei den Bewohnern. "Ja, es ist dicht, aber wir leben in einer Stadt", sagt Christian Lechner, Leiter des Geschäftsbereichs Technik bei der GSWB, "und ich glaube, dass man hier den Mut haben muss, höher zu bauen. Das muss nicht unbedingt schlecht sein."

Auch Bezirkshauptstädte verdichten nach

Bedarf für neues Wohnen sieht man dort nicht nur in der Stadt Salzburg gegeben, auch die Bezirkshauptstädte ziehen nach. In der Farmachstraße in Saalfelden beispielsweise erweiterte die GSWB die alte Südtirolersiedlung mit 38 Wohnungen um fünf Häuser, sodass nun 86 Parteien Wohnraum finden. In der Lanserhofsiedlung an der Moosstraße wurden in die Jahre gekommene Dienstwohnungen der Salzburger Landeskliniken saniert und 180 geförderte Wohnungen dazugebaut.

Herausforderungen bei der Nachverdichtung

Die große Herausforderung sei das "Arbeiten am lebenden Objekt", betont man bei der GSWB. Abgesehen davon seien auf dem Katasterplan der Stadt Salzburg, die Nachverdichtungsmöglichkeiten festschreibt, keine "großen Würfe" zu erwarten.

2021 hat das Land Salzburg für die Gemeinden räumliche Entwicklungskonzepte erstellt, die den Ist-Zustand festhalten, konkrete Ziele für die Zukunft werden daraus erst abgeleitet. Beim Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (Sir) sieht man Potenzial bei der Umnutzung von teilweise aufgelassenen Gewerbeflächen. In Lehen und entlang der Kleßheimer Allee sei schon einiges entstanden, sagt Inge Strassl von der Sir Wohnbauforschung. Nachverdichtung sei zudem gut möglich in Stadtteilen mit alter kleinstrukturierter Bebauung, in der Josefiau oder in Maxglan beispielsweise. Salzburg habe zu wenig verfügbaren geförderten Wohnraum, sagt Inge Strassl. Wer einmal eine solche Wohnung ergattert habe, bleibe in der Regel dort lange wohnen. Weil davon zu wenige auf dem Markt sind, bleibt neuen Mietern nur mehr der freie - und in der Regel teurere - Mietmarkt zur Wahl.

Für den Leiter der Abteilung Smart Building an der FH Salzburg, Alexander Petutschnigg, geht es bei Fragen um die Verdichtung allem voran um die zeitgemäße Nutzung von Gebäuden. Bestehende Gebäude sollten nicht nur auf die Möglichkeit einer Nachverdichtung geprüft werden, sondern auch im Hinblick auf thermische Optimierung oder Erneuerung der technischen Gebäudeausstattung, Stichwort Klimaschutz. Ökologischer Wohnbau steht deshalb hoch im Kurs und bietet viele Möglichkeiten für neues Wohnen im städtischen Umfeld.