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Nachhaltigkeit ist der Toptrend im Immobiliensektor

Die Reduktion von CO2 im Gebäudesektor rückt stark in den Fokus. EU-Taxonomie bringt vieles in Bewegung - Investoren erwarten nachhaltige Neubauten.

Österreichs erstes Plus-Energie-Quartier, das PEQ 21 in der Wiener Pilzgasse, erhielt ein Platin-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.
Österreichs erstes Plus-Energie-Quartier, das PEQ 21 in der Wiener Pilzgasse, erhielt ein Platin-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

"Nachhaltigkeit", das ist das zentrale Stichwort der Immobilienbranche und das wird noch lange so bleiben. Unabhängig davon, dass das Wort "nachhaltig" gerne und oft völlig falsch verwendet wird, ist auch anzunehmen, dass sich viele mit dem Etikett schmücken, es aber eine reine Fassade bleibt. Hier wird wohl der Markt bereinigend wirken. Und daneben gibt es eine größer werdende Menge an Anbietern, die sich sehr wohl viele Gedanken zum Thema machen.

Gebäudesektor verbraucht zu viele Ressourcen

"Klimawandel ist unser Thema. Die Kredite mit billigem Geld sind nicht mehr da, dann muss man auch etwas Besonderes bieten. Das bekommt alles ein anderes Gewicht", bestätigte Andrea Gebhard, Präsidentin der deutschen Bundesarchitektenkammer, bei der Fachmesse Expo-Real in München. "Jedes Bauvorhaben ist Teil eines Umfelds, das Kultur- und gleichzeitig auch Naturwelt ist. Der Gebäudesektor verbraucht zu viele globale Ressourcen. Die Erstellung, der Betrieb und Abriss von Gebäuden verursachen einen Großteil des Abfallaufkommens auch in Deutschland."

Quartier Rossmarkthöfe in Sankt Pölten.
Quartier Rossmarkthöfe in Sankt Pölten.

Die Umsetzung einer klimaneutralen Wertschöpfungskette sei zeit- und kostenintensiv, dennoch stünden riesige staatliche und privatwirtschaftliche Investitionen für eine klimagerecht gebaute Umwelt an, die nur gemeinsam mit den richtigen Allianzen umsetzbar sind.

Christine Lemaitre, Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, kritisiert allerdings, dass das Thema ESG (Environment, Social, Governance) zwar Thema bei den Firmen sei, es aber keine offizielle Definition gibt: "Das kann dann schnell ein Marketinggag sein." Sie hofft in diesem Zusammenhang darauf, dass die EU-Taxonomie eine "neue gemeinsame europäische Sprache gegen ,Bubbles' wird".

Nachhaltigkeit hat hohen Stellenwert

"Immobilieninvestitionen sind ihrer Natur nach langfristig, daher darf und kann das aktuell herausfordernde Umfeld nicht dazu führen, dass wichtige strategische Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit nicht konsequent vorangetrieben werden. Dies gilt sowohl auf Unternehmens- als auch Immobilienebene", betont Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting Wien: "Die EU-Taxonomie wie der steigende Druck seitens internationaler Mieter, die ebenfalls Nachhaltigkeitsziele zu erreichen haben, machen es für Investoren unverzichtbar, Nachhaltigkeitsaspekten einen äußerst hohen Stellenwert einzuräumen. Objekte, die ESG-Vorgaben nicht erfüllen, werden immer schwerer finanzier-, vermiet- und veräußerbar." Für Investoren sei es daher unabdingbar, möglichst nachhaltig zu agieren, wobei neben der ökologischen immer mehr auch die soziale Nachhaltigkeit ins Blickfeld rücke.

"Klimawandel und Ungleichheit sind langfristige Probleme und wenn ihre Lösung weiter hinausgezögert wird, werden sie zu einer noch größeren Krise werden als die enormen Herausforderungen, die wir jetzt schon sehen", ergänzt Lars Huber, Europa-CEO des amerikanischen Immobilienunternehmens Hines und Vorsitzender des Urban Land Institute (ULI) in Europa. Allerdings sind laut Huber bereits Fortschritte zu verzeichnen: "Die Branche ist auf dem besten Weg, den Übergang zu einer Netto-Null-Lösung zu schaffen, und es ist ermutigend, die Nachfrage nach kohlenstoffarmen Gebäuden zu sehen, die unserer Meinung nach weiter zunehmen wird." Er sei fest davon überzeugt, dass es möglich ist, echte Veränderungen herbeizuführen.

Weitere Innovationen gefordert

Auch wenn ein Großteil der erforderlichen Technologie bereits verfügbar ist, bedarf es laut Huber noch weiterer Innovationen und ihrer Vermarktung. Noch wichtiger sei es jedoch, dass das Wissen um die Nutzung neuer Technologien und die Anpassung von Branchenpraktiken weit verbreitet sind. "Dies ist ein Aufruf an die Industrie, sich zusammenzuschließen. Gemeinsam können wir zu den Bemühungen des privaten Sektors im Kampf gegen den Klimawandel beitragen und hoffentlich die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor verstärken."

Vorzeigeprojekt in Krems

"Unser Ziel seit 2018 ist es, weg von fossiler Energie zu kommen", merkt etwa Heinz Fletzberger, Vorstand der Süba AG, an. "Wir haben derzeit 30 Projekte mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro. 50.000 Quadratmeter sind gerade in Bau." Darunter ist beispielsweise das Plus-Energie-Quartier 21 in der Wiener Pilzgasse. "Hier wird mehr Energie erzeugt als verbaut, das senkt die Betriebskosten", sagt Fletzberger. Die Süba hat eine eigene Green-Building-Strategie entwickelt. Das zeigt sich aktuell an einem Projekt in Krems mit einem CO2-optimierten Energie- und Gebäudekonzept mit thermischer Bauteilaktivierung, Photovoltaikanlagen sowie Erdwärmesonden. Abgerundet wird das Haustechnikkonzept durch Verwendung von Luftwärmepumpen sowie großflächige Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Die Gebäude mit 64 Eigentumswohnungen können mit geringstem Einsatz fossiler Energie und ohne zusätzliche Wärmeabgabe an die Umgebung kosteneffizient temperiert werden.

Dass sein Unternehmen diesen Weg gehe, habe auch handfeste wirtschaftliche Gründe. "Immer mehr institutionelle Investoren kaufen nur mehr solche Objekte", sagt Fletzberger. Dahinter stehen nicht nur die Nachhaltigkeitsziele der UN, sondern auch die EU-Taxonomie, die Druck in die richtige Richtung aufbaue.