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Nachhaltiges neues Wahrzeichen in Antwerpen

Das Provinzgebäude ist ein Musterbeispiel für ausgeklügelte Architektur und Energieeffizienz.

Die auf der Spitze stehenden Dreiecke werden als Fensteröffnungen genutzt.
Die auf der Spitze stehenden Dreiecke werden als Fensteröffnungen genutzt.

Die belgische Hafenstadt Antwerpen liefert in den letzten Jahren immer wieder neue Beispiele für ihre innovative städtebauliche Entwicklung. Nicht zuletzt das MAS Museum aan de Stroom, entworfen von Neutelings Riedijk, und Zaha Hadids Havenhuis im nördlichen Teil der Stadt zeugen hier vom Aufbruch in eine neue Baukultur. Und auch mit dem kürzlich fertiggestellten Provinciehuis ist nun wieder ein großer Wurf gelungen.

Büroturm mit Spin-Effekt
Der neue Sitz der Provinzregierung Antwerpen besteht aus einem transparenten zweigeschoßigen Kongressgebäude, das im rechten Winkel mit dem neuen Büroturm kreuzt, der wie eine Brücke über dem Flachbau steht. Um eine Verschattung der Nachbargebäude durch das 59 Meter hohe Provinciehuis zu verhindern, entschieden sich die Architekten dafür, das Volumen über acht Etagen nach Süden hin ausschwingen zu lassen, mit der Nordwestecke als Drehachse. Jede Etage dreht sich ein wenig weiter zurück. Gleichzeitig wird die Breite der Etagen um einen Bruchteil reduziert, sodass die resultierende Gesamtfläche genau dem vorgegebenen Bedarf von 27.300 m2 entspricht. Dieser Spin-Effekt ist dramatisch: Das neue Gebäude windet sich buchstäblich in die Höhe. Das Gebäude ist als Brückenbauwerk über und durch den Pavillon konzipiert. In der Mitte des Grundrisses spannt sich ein großer Fachwerkbinder aus Stahl von einem Kern zum anderen. Zwei weitere Fachwerkbinder sind in die Betonseitenwände integriert. Die Diagonalstreben dieser beiden Fachwerkträger geben die Grundstruktur der Fassade vor: eine Aneinanderreihung von Dreiecken, die engbündig jeweils abwechselnd auf ihrer Spitze und auf ihrer Basis stehen. Die auf der Spitze stehenden Dreiecke werden als Fensteröffnungen genutzt, die auf der Basis stehenden Dreiecke bestehen aus Beton und bilden ein die gesamte Fassade tragendes System.

Energiespeichersystem
Das Provinzhaus ist nach BREEAM, dem Bewertungssystem für ökologische und soziokulturelle Aspekte der Nachhaltigkeit von Gebäuden, als "Excellent" zertifiziert und das Nonplusultra in puncto Nachhaltigkeit.

Die Fassade ist lediglich zu 40 Prozent verglast. Gleichzeitig wird durch die Reduzierung der Fensterflächen die Wärmeeinstrahlung reduziert. Das verhindert eine Überhitzung des Gebäudes und trägt zu einem niedrigen Energieverbrauch bei. Das Passivhaus ist außerdem völlig unabhängig von fossilen Brennstoffen. Heizung und Kühlung des Gebäudes mit zwei repräsentativen Obergeschoßen für die Provinzverwaltung, offenen Arbeitsetagen mit verschiedenen Arbeitsplatztypen, Bibliothek, Restaurant sowie Landtagssitzungssaal und Auditorium erfolgen über ein Bohrloch-Energiespeichersystem, kombiniert mit einer Betonkernaktivierung. Für das Energiespeichersystem wurden 350 Bohrlöcher bis zu einer Tiefe von 350 Metern in den Baugrund unterhalb der Tiefgarage eingebracht. Das Speichersystem ist damit das größte, das bisher in Belgien errichtet wurde. Ein geschlossenes hydraulisches System zieht im Winter mittels einer Wärmepumpe Wärme aus der Erde und nutzt die niedrige Erdtemperatur im Sommer zur Kühlung.

Xaveer De Geyter Architects (XDGA) ist es mit Antwerpens neuem Provinzgebäude gelungen, ein eindrucksvolles neues Wahrzeichen für die Stadt zu schaffen. Es bezeugt beispielhaft den Aufbruch hin zu einer neuen, zukunftsträchtigen Baukultur.