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München ist beim Wohnen ein extrem teures Pflaster

Die Abschaffung der Gemeinnützigkeit hat sich in der bayerischen Hauptstadt nicht bewährt. Wohnen in München wird immer noch teurer.

Lichtblicke im Wohnbau sind in München die ehemaligen Kasernenareale.
Lichtblicke im Wohnbau sind in München die ehemaligen Kasernenareale.

Keine Frage, Salzburg ist zum Wohnen ein teures Pflaster. In Österreich. Ein Blick über die Grenze zeigt aber, dass es gar nicht so weit entfernt noch viel teurer ist, etwa in München. Dort kämpfen die Verantwortlichen seit Jahren an mehreren Fronten, um finanzierbaren Wohnraum auch für weniger begüterte Menschen zu ermöglichen.

München zählt zu den am stärksten boomenden Wirtschaftsmetropolen in Europa. In den vergangenen zehn Jahren ist die Bevölkerungszahl um zwölf Prozent auf 1,5 Millionen gestiegen. Es gibt aber zu wenig Wohnungen, was den Preis nach oben treibt. Die Nettomiete kalt im Neubau liegt inzwischen bei 19,90 Euro pro Monat und Quadratmeter. Bei gebrauchten Wohnungen ist der Wert mit 17,90 Euro nicht signifikant niedriger. Wer lieber auf Eigentum setzt, muss für eine neue Wohnung mit durchschnittlich 9053 Euro pro Quadratmeter rechnen. Dagegen machen sich die Wiener Preise mit Neubaumieten von 10,20 Euro, Altbaumieten von 7,80 Euro (jeweils netto, kalt) und durchschnittlichen Quadratmeterpreisen von 4400 Euro pro Quadratmeter im Neubau fast schon bescheiden aus.

"Für einen Normalverdiener ist München viel zu teuer", sagt Frank De Gasperi von der stadteigenen Wohnungsgesellschaft Gewofag: "Bis zur Hälfte des Einkommens geht in München für die Miete drauf." In "Nobelbezirken" wie Schwabing stelle sich die Frage, ob sich selbst Akademiker die dortigen Preise noch leisten könnten. In schönen Innenstadtlagen liegen die Kaufpreise bei bis zu 30.000 Euro pro Quadratmeter.

München hat, so wie ganz Deutschland, das Problem, dass 1990 die Gemeinnützigkeit im Wohnbau abgeschafft wurde. Vielerorts wurden die Genossenschaften privatisiert beziehungsweise große Wohnungsbestände verkauft. Das rächt sich nun. In München versucht die Stadt, dem mit den beiden eigenen Wohnbaugesellschaften Gewofag und GWG gegenzusteuern, teils mit verblüffenden Konzepten. So wurde etwa beim öffentlichen Freibad "Dantepark" ein städtischer Parkplatz überbaut. Von der Idee bis zum Einzug dauerte es nur ein Jahr. Der reine Bau war, dank vieler vorgefertigter Elemente, überhaupt in nur 180 Tagen fertig. Mit einer Investitionssumme von zehn Mill. Euro wurden auf einer Grundfläche von 3800 Quadratmetern 5300 Quadratmeter Geschoßfläche errichtet. Im Rahmen des "Wohnen für alle"-Programms wurden 100 Wohnungen errichtet, 85 Einzimmerwohnungen mit 22 bis 29 Quadratmetern und
14 Zweizimmerwohnungen mit 50 Quadratmetern. Dort wurden zur Hälfte anerkannte Flüchtlinge und Bedürftige, darunter auch Studenten, untergebracht. Die Miete kalt beträgt 9,40 Euro, wobei es für Mieter nach Einkommen gestaffelte Zuschüsse gibt. Die Einkommensgrenze liegt bei 14.000 Euro, eine Einzimmerwohnung kostet 330 Euro warm, unbefristet. Ziel war, Menschen auch mit niedrigen Einkommen in Gegenden wohnen zu lassen, wo man es sich sonst nicht leisten könnte.

Eine andere Möglichkeit, günstigen Wohnraum zu schaffen, sind die leer stehenden ehemaligen Kasernenareale, wie es sie auch in anderen Städten, auch in Salzburg, gibt oder gab. Dort werden teils Vorzeigeprojekte umgesetzt, etwa auf dem Areal der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne. 1800 Wohnungen sollen dort entstehen, davon 500 in einer ökologischen Mustersiedlung als reiner Holzbau bzw. in Hybridbauweise.

Eine andere Lösung für München sind die von der Stadt ausgewiesenen Erhaltungssatzungsgebiete. Derzeit fallen rund 160.000 Wohnungen darunter. Wird dort ein privater Wohnbau verkauft, hat die Stadt die Möglichkeit, in den Kaufvertrag einzusteigen, sollte der Käufer nicht eine Abfindungserklärung unterschreiben. Sie verpflichtet den neuen Eigentümer, dort keine Luxuswohnungen zu errichten, eine Maximalmiete von 11,50 Euro einzuhalten und die Wohnungen auch nicht in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Akzeptiert der Käufer das nicht, steigt die Stadt in den Vertrag ein und setzt diese Punkte selbst um. Zuletzt wurden auf diese Weise 300 Wohnungen um 150 Millionen Euro erworben.

"Wir in Österreich brauchen solche Rückkäufe nicht", freut sich deshalb Bernd Rießland, Obmann des GBV (Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen), anlässlich einer Studienfahrt des VWbf (Verein für Wohnbauförderung) nach München. "Wien verfügt über 415.000 Sozialwohnungen, in München sind es 116.000", ergänzt VWbf-Obmann Michael Gehbauer. In München gehen 1500 der 8500 neu errichteten Wohnungen auf das Konto der beiden städtischen Gesellschaften, in Wien errichten die 30 Genossenschaft 4800 der 12.000 neuen Wohnungen pro Jahr. "Die Förderungen in Wien ermöglichen wesentlich niedrigere Mieten als in München."

Rießland: "Es stellt sich immer die Frage: Wer ist der Eigentümer? Wien fühlt sich der sozialen Miete verpflichtet, München eher dem Kapital." Die Vorkaufsrechtsregelung sei durchaus interessant, weil sie ganze Gebiete vor einer Gentrifizierung schützen kann. "So etwas gibt es in Österreich nicht und so etwas brauchen wir auch kaum. Ich würde mehr um niedrigere Preise kämpfen." Positiv sieht er hingegen die Kasernenverkäufe: "Österreich neigte hier mehr zum Versteigern zum Höchstpreis. In Deutschland dagegen akzeptiert der Bund die Vorgaben der Stadt."

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