SN.AT / Leben / Wohnen

Moderne Gläser und Fenster - Die neuesten Fähigkeiten

(Nur) vor Kälte, Schall und Feuer zu schützen war gestern: Heute reinigt sich Glas von selbst und ändert auf Knopfdruck auch die Farbe.

Selbstreinigendes Glas gibt es schon in einigen Varianten.
Selbstreinigendes Glas gibt es schon in einigen Varianten.

"Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen, fünf Teile Kreide, schmelze es und du erhältst Glas." Dieses vermutlich älteste überlieferte Rezept zur Herstellung von Glas entstammt der Tontafelbibliothek des assyrischen Königs Assubanipal (7. Jh. v. Chr.). Auch heute könnte man auf dieser Grundlage wahrscheinlich Glas herstellen: Das Resultat hätte aber vermutlich wenig mit dem Hightech-Werkstoff gemein, der Glas heute ist. Moderne Gläser und Fenster warten mit geradezu erstaunlichen technischen Fähigkeiten und Eigenschaften auf. Zusätzlich zu ihren "Grundaufgaben" findet sich in ihrem Repertoire eine große Palette von Sicherheitsfunktionen, wie etwa im Schall-, Brand- oder dem Einbruchsschutz. Und noch viel mehr: Glas wird immer "intelligenter" - Fenster von heute können sich selbst reinigen, sich auf Knopfdruck verfärben und Strom produzieren.

Von der Wärmedämmung zur Energiegewinnung

Lieferten Einscheibenfenster in den 1970er-Jahren im besten Fall einen Wärmedurchgangskoeffizienten - also einen U-Wert - von 4,5, hat sich dieser mittlerweile um das Zehnfache verringert. Damit ist vor allem im Bereich der Passiv- und Niedrigenergiehäuser ein neuer Standard gesetzt worden. Gut isolierende Fenster sparen nicht nur - sie generieren Energie. Die "passive solare Nutzung" ist heute aber nur eine Möglichkeit unter vielen, um Fenster zur Energiegewinnung zu nutzen.

Transparente glasähnliche Solarpaneele

Ein revolutionärer technischer Sprung in diesem Bereich gelang vor einiger Zeit Forschern am amerikanischen MIT: Sie entwickelten vollständig transparente, glasähnliche Solarpaneele. Bis dahin war es nur möglich gewesen, halbtransparente Solarzellen zu erzeugen. Es galt: Je transparenter, desto schlechter der Wirkungsgrad. Obwohl die neuen, völlig durchsichtigen Solarzellen zwar derzeit noch nicht den optimalen "Output" haben, bildet die Technologie die Grundlage großer Hoffnungen: Große Glasfassaden könnten in der Zukunft als Kraftwerke genutzt werden. Energie würde genau dort entstehen, wo sie auch ge- und verbraucht wird, nämlich in den Städten und Ballungszentren.

Wahlweise reflektierendes oder absorbierendes Glas

Glas wird immer vielseitiger, die technischen Möglichkeiten ausgeklügelter: So können Fenster und Gläser heute längst auch Sonnenschutzfunktionen übernehmen. Die Wirkung kann hier durch verschiedene Methoden erzielt werden: Reflexion oder Absorption. Dem Absorptionsglas werden schon bei der Schmelze Farbstoffe (zum Beispiel Eisen- oder Kupferoxide) zugefügt, durch die das Licht quasi geschluckt wird. In der zweiten Variante wird für die gewünschte Reflexion Fensterglas mit metallischen Substanzen beschichtet, die einen Teil der Sonnenenergie nach außen zurückwerfen und dadurch die Aufwärmung der Innenräume verringern.

Intelligentes Glas

Unter dem Begriff der "intelligenten Gläser" (englisch: smart glass) werden heute jene zusammengefasst, deren Farbgebung mittels elektrischer Spannung verändert werden kann. Dabei gibt es verschiedene Techniken und Anwendungsfelder. Je nach Ausführung können diese Gläser beispielsweise die Funktion eines Sichtschutzes übernehmen. Eine milchige Scheibe - mit flüssigen Kristallen - wird so auf Knopfdruck klar und durchsichtig. Auch durch chemische Beschichtungen werden dem Glas neue Eigenschaften eingehaucht. Bedampfte Scheiben können sich durch einen Stromimpuls wie Sonnenbrillen verdunkeln und undurchsichtig werden. Der Effekt beruht auf den Eigenschaften von Lithium-Ionen: Sobald ein Stromstoß durch die Scheibe fließt, wandern die Ionen zu einer Schicht aus Wolframoxid - das Glas verdunkelt sich.

Selbstreinigendes Glas

Die Erfüllung eines Herzenswunsches für Fensterputzmuffel kommt zum Schluss: Selbstreinigendes Glas gibt es mittlerweile schon in einigen Varianten, zum Beispiel beschichtet mit Titanoxid, wodurch es photokatalytische und hydrophile Eigenschaften erwirbt. Durch die Einwirkung von (Sonnen-)Licht werden organische Materialien auf der beschichteten Glasoberfläche zersetzt, sie bleibt dadurch sauber. Damit das Prinzip auch funktioniert, müssen die Glasflächen aber auch unbedingt der Sonne und dem Regen ausgesetzt sein. Das Fazit: Seine kombinierbaren und vielfältigen Eigenschaften machen Glas zum Multitalent. Und: Die Entwicklung geht weiter. Unglaublich, was aus Sand, Asche und Kreide so alles entstehen kann.