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Gestaltung von Privatgärten in Salzburg

Privates Grün kann einen großen Beitrag für das Klima leisten. Niemand weiß, wie groß die Gesamtfläche von Salzburgs Privatgärten ist und was dort wächst.

Verborgen, aber öffentlich zugänglich: der botanische Garten der NAWI in Salzburg-Freisaal.
Verborgen, aber öffentlich zugänglich: der botanische Garten der NAWI in Salzburg-Freisaal.

In Österreich gibt es mehr als zwei Millionen Gärten, rund 1,3 Millionen Balkone und fast eine Million Terrassen. Manche sind grün, manche grau. Welche Auswüchse die Liebe zu Stein und Beton in der Privatgartenszene hat, zeigt die Seite "Gärten des Grauens" auf Facebook und Instagram. Dort postet der deutsche Botaniker und Biologe Ulf Soltau Beiträge zur "Kiesgartenkultur" in Deutschland.

Pflegeleichte Privatgärten ohne Nutzen für Biodiversität

In Salzburg-Stadt sind 58 Prozent Grünfläche, niemand weiß, wie viel davon die privaten Stadtgärten ausmachen, auch nicht die Stadtverwaltung, wie aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Barbara Unterkofler zu erfahren ist. Wie diese Gärten gestaltet sind, bleibt in der Verantwortung der Grundbesitzer. Alles Geschmackssache also.

Der österreichische Privatgarten soll vor allem pflegeleicht sein, beobachtet Rosemarie Stangl vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau an der BOKU Wien. Für sie sind graue Betonwüsten in den Privatgärten alarmierend, "überall wird versiegelt, auch die Vorgärten. Pflastersteine haben meist keine offenen Fugen, in denen das Wasser versickern kann." Jeder wolle seinen Garten unkrautfrei, minimal im Aufwand und ästhetisch "sauber" halten. Besonders bedenklich sind für sie die vielen Neubauprojekte, bei denen der Bodenaufbau und jeglicher Bewuchs radikal entfernt werden. Darf ein Minimum an Garten entstehen, beinhaltet der oft Gewächse mit sterilen Blüten ohne Nutzen für die Biodiversität.

Dass private Gärten als wichtiger Umweltbeitrag bei den Kommunen nicht unbedingt im Fokus stehen, weiß der Stadtökologe an der Universität Salzburg, Jürgen Breuste, zu gut. Er schreibt gerade an einem Lehrbuch über urbane Gärten, die im Ökosystem Stadt zu wenig berücksichtigt werden, auch in Salzburg. Dabei leisten diese Gärten eine ganze Reihe von wertvollen Beiträgen: Sie dienen der Erholung, regulieren das Klima und den Wasserhaushalt, dienen der Nahrungsmittelproduktion, sind Habitate für viele Lebewesen und tragen zur urbanen Biodiversität bei. Besonders wertvoll dort seien die Bäume, betont Breuste. Eine genaue Übersicht gibt es jedoch keine. Empfehlungen zum Thema Ökosystem Garten seien in Salzburg nicht gerade entwickelt, das ist jedenfalls seine Erfahrung. Die deutsche Stadt Saarlouis hingegen schenkt ihren Hausbesitzern Bäume für deren Vorgärten - ein kleiner Beitrag zum Klimaschutz.

Gesunde Böden unbedingt erhalten

Ungepflasterte, artenreiche Gärten mit diversen Wuchshöhen und Altersstrukturen stellen wichtige und wertvolle Ökosystemleistungen bereit, sie puffern Hitze und Regenwasser, dienen der Grundwasserneubildung und sind Nahrungsquelle, alles wichtige Beiträge, gerade in Zeiten der Nachverdichtung von Innenstädten. In Salzburg wird diese aktuell mit dem Projekt "Bonus" gefördert. Es handelt sich dabei um die Forcierung von Innenentwicklung und Nachverdichtung über den Ausbau von bestehenden Ein- und Zweifamilienhäusern, die in Salzburg-Stadt immerhin über 50 Prozent des Gebäudebestands bilden.

Bei uns herrsche die Meinung vor, dass rund um die Städte ohnehin genügend Grün wachse, sagt Rosemarie Stangl von der BOKU Wien, so gesehen hat der gesunde innerstädtische Boden keine große Bedeutung. "Es geht nicht nur darum, gesunden Boden zu erhalten. Es müssen die Oberflächen offen gehalten werden für Verdunstung und Abfluss, und dazu braucht es einen gesunden Boden", betont sie.

Das Gegenteil tritt ein: Mehr und mehr werde gesunder Bodenaufbau, der über hundert Jahre und mehr entstehe, zubetoniert und der Nutzung entzogen. Kurz gehaltener Rasen, auf dem nahezu ununterbrochen der Rasenroboter mäht, gibt der Artenvielfalt keine Chance, Insekten und Tiere sind durch den Stress und die Mähmesser gefährdet und flüchten. Dieser Boden leistet lediglich den Nutzen der Verdunstung, was in Trockengebieten kontraproduktiv ist.

Mehr "Urban Cool Spots" für die Städte

Die Photosynthese und die Umwandlung von CO2 in Sauerstoff bedeuten in heißer werdenden Regionen Kühlung, das ist wissenschaftlich belegt. "Urban Cool Spots" werden im städtischen Bereich immer wichtiger, wenn auch die kühlende Wirkung mehr oder weniger mit der Grenze zur bebauten Fläche beengt wird. So gesehen nutzt der grüne Privatgarten vor allem den Eigentümern, Mietern und angrenzenden Nachbarn selbst. Wärmebilder von sogenannten "Urban Heat Islands" zeigen, dass es in den stark versiegelten Stadtarealen an heißen Tagen um bis zu zehn Grad wärmer als in der nicht versiegelten Umgebung ist. Dazu komme, sagt Rosemarie Stangl, dass die moderne Architektur auf Giebeldächer verzichte, wo sich die Hitze sammeln könne. In den Neubauten mit Flachdächern bilde sich oft Hitzestau, fehlen dazu Vorverschattung durch Bäume und Gartenbewuchs, schafft man sich seine "Heat Islands" selbst. Die Ingenieurbiologin warnt deshalb vor vorschnellem Entholzen: Jeder Baum im Altbestand, der gefällt wird, ist ein großer Verlust. Jungbäume brauchen Jahrzehnte, um ihre ökologische Wirkung zu entfalten.

Wie könnte man die Wichtigkeit des Themas den Grundstückseigentümern näherbringen? Der Stadtökologe Jürgen Breuste betont: "Wer naturnah gärtnern will, findet genügend Informationen im Netz. Mehr Aufmerksamkeit könnten emotional gefärbte Kampagnen wie beim Bienenthema bringen. Doch letztlich hängt es davon ab, was der Einzelne aufnehmen möchte." In Deutschland wird aktuell gefordert, zwei Prozent der Landfläche der Wildnis zu überlassen. Das findet Breuste grundsätzlich gut, vorausgesetzt, die Nutzung wird gezielt und ausgewogen entschieden. Doch hier sieht er schon jetzt Diskussionspotenzial: Verbuschen Ackerflächen oder Almen, würde das wahrscheinlich Klagen aus dem Tourismus nach sich ziehen, weil es die optisch "saubere" Landschaft nimmt. Wir brauchten mehr Mut für Gstätten, sagt Jürgen Breuste. Was die heißer werdenden Innenstädte betrifft, so widerspricht der Biologe der Altstadtsatzung: "Nur weil Wolfgang Amadeus Mozart in Salzburgs Innenstadt keinen Baum hatte, heißt es nicht, dass heute dort keiner sein darf."

TIPPS



Pflasterungen und Betonfugen, wo es geht, vermeiden und den Boden offen lassen. Rasengittersteine nutzen, Pflastersteine mit großen offenen Fugen versehen, dort kann das Grün wachsen und mit dem Rasenmäher geschnitten werden. In Gärten sollte es wilde Ecken geben, in denen auch Unkräuter wachsen dürfen, die oft wertvolle Pollennahrung zur Verfügung stellen. Nach Möglichkeit auf Mähroboter verzichten.