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Eine Wohnanlage wie keine andere

Ein Zustandsbericht 20 Jahre nach der Fertigstellung. Zu Besuch bei Stadtplanerin Veronika im Stadtteil Maxglan in einer einst umstrittenen Wohnanlage.

Viel Licht und eine optimale Raumausnutzung prägen die Wohnanlage.
Viel Licht und eine optimale Raumausnutzung prägen die Wohnanlage.
Über der Wohnanlage erhebt sich mächtig der Untersberg.
Über der Wohnanlage erhebt sich mächtig der Untersberg.

Als sie die Wohnung das erste Mal betrat, wusste sie sofort: "Die passt zu mir. Die will ich haben", erzählt Veronika. "Die Aussicht auf den Untersberg und die Durchsicht, die Luftigkeit der Wohnung" hatten es ihr auf den ersten Blick angetan und wirklich, man fühlt sich in dieser Wohnung wie über den Boden schwebend, ein bisschen wie in einem Wohnschiff, denn die Breite der Wohnung ist auch gleich die Breite des Hauses.

Ausblick ist nach Süden und Norden möglich, wenn auch im Norden nur über kleine "Guckerl". Schon als Kind wollte sie nie im Erdgeschoß wohnen, wie sie erzählt, und diesem Motto ist sie auch in ihrer ersten eigenen Wohnung treu geblieben.

Seit 12 Jahren lebt Veronika gerne in der Anlage in Maxglan

Seit fast zwölf Jahren steuert sie nun dieses Schiff und fühlt sich noch immer pudelwohl und das mag etwas heißen, da sie ansonsten die Veränderung und die Abwechslung liebt. In ihrer Kindheit ist sie mehrmals in Deutschland und Österreich umgezogen, als Studentin ebenfalls. Nun hat sie ihren Hafen gefunden, so scheint es. Heute zieht es sie nur regelmäßig auf Reisen in die Ferne.

Vor allem die eingeschnittene sechs Quadratmeter große Terrasse, die zwischen Wohn- und Schlafzimmer eingebettet liegt, ist einer ihrer zwei Lieblingsplätze. Rundum verglast, lässt sie nicht nur viel Licht in die Räume, sondern vergrößert die Wohnung auch optisch. Man kann es fast nicht glauben, dass sie nur über 51 Quadratmeter verfügt.

Sobald die Temperaturen es erlauben, genießt Veronika hier die Sonne und die absolute Privatheit. Niemand kann hier einsehen, obwohl sich über ihr der Himmel öffnet und obwohl sie in einer 48-Parteien-Anlage wohnt, die anfänglich gerade aufgrund ihrer dichten Bebauung sehr umstritten war. Mit öffentlich ausgetragenen Debatten direkt vor der Siedlung, wo sich Gegner und Befürworter gegenüberstanden. Von dem war zwar keine Rede mehr, als Veronika in die Wohnanlage einzog, aber es finden sich in Salzburg - vielleicht gerade deswegen - keine Nachfolgeprojekte, die ähnliche Konzepte verfolgen.

Attraktivität durch unterschiedliche Wohnformen

Das finde sie persönlich sehr schade, sagt sie, da gerade diese Mischung aus verschiedenen Wohnformen die Anlage so attraktiv mache. So gibt es unten reihenhausartige Maisonettewohnungen mit Garten, die alle über eigene Eingänge verfügen, und darüber liegen die Zweizimmerwohnungen mit ebenfalls separaten, außen liegenden Stiegenanlagen und vier Penthousewohnungen, die sich in extravaganten Ecklösungen widerspiegeln. Man muss zwar ein paar Stufen steigen, bis Veronikas Wohnung erreicht ist, dafür hat sie nur eine direkte Nachbarin, der Stiegenaufgang gehört den beiden Parteien quasi allein. Jeder hat somit das Gefühl, in sein eigenes "Haus" einzutreten.

Die Stadtplanerin genießt die Lebendigkeit der Reihenhäuser mit ihren schmalen, langen Vorgärten, die Buntheit und Individualität, die sie hervorbringen. Teilhabe ist möglich, aber auch Rückzug in die eigenen vier Wände. Privatheit. Dieses Stichwort fällt oft im Gespräch. Es ist wohl das wichtigste Thema beim Wohnen und ist für sie in dieser Siedlung optimal gelöst.

Auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen ist ihr auch als Stadtplanerin ein großes Anliegen. Die Gestaltung folgt erst als zweiter Schritt. In der eigenen Wohnung von äußeren Einflüssen ganz ungestört zu sein ist für sie ein Stück Freiheit.

"Ich habe hier oben meine eigene Welt", sagt Veronika. Woran mag das noch liegen? Am großen Abstand der beiden Wohnzeilen zueinander? Der Öffnung der Siedlung zur Glan hin mit Aussicht auf wie Federn im Wind wippende Birken oder am mächtigen Untersberg, der hinter der gegenüberliegenden Wohnzeile in seiner ganzen Breite über dem Gebäude zu schweben scheint? Es wird wohl eine Mischung aus all den genannten Faktoren sein.

Was wünscht man sich mehr als Bewohnerin?

Einen zusätzlichen Raum hätte sie gern, sagt sie und lacht dabei. Die vielen Hobbys wie Malen, Schreiben eines Reiseblogs und Saxofonspielen brauchen Platz. Einfach alles stehen lassen zu können und nicht immer aufräumen zu müssen.

Das wäre auch eine Anregung für die ganze Siedlung: etwas mehr Gemeinschaftsflächen, vielleicht eine Werkstatt, in der man sein Rad reparieren und auch sonst einmal selbst Hand anlegen kann. Mehr für alle verfügbare Gerätschaft, um auch etwas für die Allgemeinheit tun zu können. Und noch eine Schwachstelle hat sich an der Wohnung in den vergangenen Jahren aufgrund der Klimaveränderung aufgetan: die fehlenden Vordächer. Der "Hitzeeintrag" - wie es so schön im Fachjargon heißt - ist an den heißen Sommertagen so groß, dass es trotz Querlüftung eine Herausforderung ist, in der Wohnung zu schlafen. Aber bis jetzt halten sich diese Tage noch in Grenzen.

Der zweite Lieblingsplatz darf nicht unerwähnt bleiben, die rote Couch mit einem 50er-Jahre-Beistelltisch, den ein Freund Veronika geschenkt hat. Hier trinkt sie Kaffee und isst zu Abend mit Blick auf ihre Bilder, die Bücherwand und auf die nicht allzu häufig genutzte Küche. Die Farbe Rot musste damals unbedingt sein, heute würde sie eine Couch in Erdtönen bevorzugen.

Was mag sie noch an ihrer Wohnung? Dass sie so praktisch ist, kommt die Antwort nach einigem Überlegen. Jeder Platz, jede Nische kann sinnvoll genutzt werden, ob als begehbarer Schrank, ob als Abstellfläche im Vorraum. Und was mag sie noch an der Siedlung? Die ockerfarbene Plane, die sich als Membran wie eine Haut über die Außenfläche der beiden Wohnzeilen spannt und auch nach 20 Jahren noch gut funktioniert. Das Spezielle, das Besondere gefällt ihr an der Wohnanlage. Dass sie nicht aussieht wie viele andere.