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Ein Möbelhaus treibt es bunt - Affen bevölkern eine Hauswand des Möbelhauses Leiner in Graz

Leiner hat in Graz zu einem Graffiti-Wettbewerb aufgerufen. Ein Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Kunst, der der Sprayerszene neuen Schwung geben könnte.

Gernot Passath vor seinem Wandgemälde auf der Leiner-Dachterrasse in Graz.
Gernot Passath vor seinem Wandgemälde auf der Leiner-Dachterrasse in Graz.

Street Art, diese Kunstform, die stets zwischen Subversion und Faszination changiert, hat in Graz ein legitimes neues Kunstwerk bekommen.

Möbelhaus Leiner rief zum Street-Art-Wettbewerb auf

Anlässlich seines 50. Bestehens rief das Möbelhaus Leiner zu einem Street-Art-Wettbewerb auf, es galt, zwei Wandflächen künstlerisch zu gestalten. Diese beiden Werke wurden am Donnerstag präsentiert, sie tragen die Handschrift des Projektgewinners Gernot Passath, der zu den Urgesteinen der Grazer Sprayerszene zählt. Seine "Stadtaffen" zieren nun eine 80 Quadratmeter große Wand der Restaurant-Dachterrasse und eine 50 Quadratmeter-Wandfläche an einer Durchfahrtsstraße neben dem Möbelhaus.

Die Idee für den Wettbewerb hatte der Standortleiter Robert Kogler, der die große Betonwand auf der Restaurant-Terrasse als sehr trostlos empfand und sich "Natur" in diesem grauen Raum wünschte. Mehrere Monate hat es gedauert, bis der Wettbewerb auf die Beine gestellt werden konnte, fachlich unterstützt wurde der Prozess von der Stadt Graz. Der Sieger Gernot Passath freut sich nicht nur über das Preisgeld von 8000 Euro, mit diesem Wettbewerb erhofft man sich in der Grazer Sprayerszene neuen Schwung für diese Kunstform. Denn im Gegensatz zu Salzburg, wo es seitens der Politik ein Zugeständnis für Straßenkunst gibt, hegte der langjährige Grazer Bürgermeister keine großen Sympathien für diese künstlerische Ausdrucksform.

Street Art und Hip-Hop sind untrennbar verbunden

Während die Salzburger Sprayerszene von der Nähe zu Deutschland und dem dort stattfindenden kulturellen Austausch profitieren konnte und nach Ansicht der Grazer Künstler weiter und auch bedeutender ist, war die Grazer Szene von den Einflüssen Einzelner geprägt. Dazu zählt das Kunstkollektiv Permanent Unit Mitte der Nullerjahre, das den Balanceakt zwischen Grafik, Illustration und Street Art geschafft hat und musikalisch nicht von Hip-Hop, sondern von Punk getragen war.

„Ich glaube, der humorvolle Weg ist einfacher, um mit Themen zu begeistern.“
Gernot Passath, Street-Art-Künstler

Gernot Passath arbeitete mit diesem Kollektiv eng zusammen und genoss die Einflüsse, den Wagemut und den Versuch verschiedenster Künstler, sich eine Welt nach ihrer Façon zu gestalten. Aus der Landwirtschaft kommend, bekam er auch am elterlichen Hof die Möglichkeit, freie Wandflächen zu gestalten, auf seinen Reisen konnte er die künstlerischen Einflüsse anderer Städte, die in puncto Street Art schon weiter waren, auf- und mit nach Hause nehmen. So hat er auch zu seiner Ausdrucksweise gefunden, die sehr wohl politische Botschaften beinhaltet, aber vor allem von Humor getragen ist. "Ich glaube, über den humorvollen Weg ist es einfacher, Themen aufzumachen und zu begeistern", sagt er. Die Idee, Affen ins Zentrum seiner Kunstwerke zu rücken, entspringt der jüngsten Vergangenheit, hat er doch in der nicht sehr arbeitsintensiven Zeit der Pandemie unzählige Dokumentationen mit Affen angesehen.

Street Art hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm verändert

Damals, als man noch heimlich sprayte und das Tun entweder im legalen Graubereich oder ganz in der Illegalität stattfand, waren die Kunstwerke noch weit davon entfernt gewesen, als solche gesehen zu werden. Passanten nahmen sich nicht einmal die Zeit, stehen zu bleiben und das Werk anzusehen, erinnert sich Passath. Heute hingegen habe sich das grundlegend geändert, das zeigte sich auch bei seiner Arbeit für Leiner. Viele Menschen seien stehen geblieben und hätten ihre Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass die gerade die in Graz omnipräsente Farbe Betongrau einen neuen Anstrich bekomme.

Das von Leiner ausgegebene Motto "Natur in der Stadt" hat er eher frei interpretiert, wie Passath berichtet. Vielmehr war ihm wichtig, dass das Thema in einem der weniger aufregenden Viertel von Graz, dem Beginn der Annenstraße gleich in Bahnhofsnähe, funktioniert. Bei seiner Arbeit assistiert hat ihm übrigens einer der Finalisten, Florian Perl, laut eigenen Ausgaben auch ein Zeichen für die gute Stimmung innerhalb der Grazer Sprayerszene, die seinesgleichen suchen würde, wie Passath ergänzt.

Street Art ist spätestens seit Banksy zum fixen Begriff in der Kunst geworden

Zuletzt lief in einem Grazer Einkaufszentrum eine Schau des bekannten wie unbekannten britischen Künstlers, die von vielen kritischen Stimmen begleitet wurde, weil sie vom Künstler nicht autorisiert war. Auch Passath hat die Schau nicht gesehen: Seiner Meinung nach hätten die Themen, die Banksy aufgreift und politische Brisanz haben, nicht unbedingt im kommerziellen Leben Platz, vor allem nicht auf einem Frühstückshäferl.

Doch genau das ist das Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz, in dem sich Street Art befindet, auch für den steirischen Künstler: Die Arbeit muss Spaß wie Sinn machen, aber auch die Lebenskosten zahlen. Und hier zieht er persönlich seine Grenzen, an wen er sein Handwerk verkauft.

Die Kooperation mit Leiner hat ihm jedenfalls Spaß gemacht. Als Vermittler zwischen Unternehmen und Künstlern fungierte die Stadt Graz mit ihrem Referat "Design in the City", das Design im öffentlichen Raum fördern will. Als städtisches Projekt oder gar Gestaltungselement für den öffentlichen Raum sieht man Street Art dort nicht, diese Kunstform solle vielmehr eine "subversive Kultur" bleiben, wie Bereichsleiter Wolfgang Skerget betont. Dennoch würden vonseiten der Grünraumabteilung für Sprayer immer wieder Wände zur Verfügung gestellt. Dieser Schulterschluss mit den öffentlichen Einrichtungen ist auch Gernot Passath wichtig. Er findet gut, dass die Stadt Graz in den Leiner-Wettbewerb involviert war. "Das ist sehr wertschätzend für unsere Arbeit."