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Blackout: Was geht, wenn nichts mehr geht?

Ist das Szenario eines großflächigen Blackouts realistischer geworden? Ein Experte für Smart Building und Smart Cities an der FH Salzburg schätzt die Lage ein.

Georg Brunauer ist Professor am Campus Kuchl, Department Green Engineering and Circular Design, der FH Salzburg. Er gründete vor zehn Jahren ein Hochtechnologie-Spin-off für Wasserstofftechnologie an der TU Wien.
Georg Brunauer ist Professor am Campus Kuchl, Department Green Engineering and Circular Design, der FH Salzburg. Er gründete vor zehn Jahren ein Hochtechnologie-Spin-off für Wasserstofftechnologie an der TU Wien.

Wenn der Akku des Smartphones leer ist, geht gar nichts mehr: kein Telefon, keine Nachrichten, keine elektronische Geldbörse, kein Ticket für den Zug. Was aber, wenn insgesamt der "Akku" ausgeht und das Stromnetz großflächig zusammenbricht? Lassen sich dann in einem Smart Home noch Türen öffnen, Lichter einschalten, Heizung und Lüftung steuern? Georg Brunauer, Professor am Studiengang Smart Buildings in Smart Cities an der Fachhochschule Salzburg am Campus Kuchl gibt Antworten auf diese Fragen.

Smart Home klingt eigentlich eher nach Spielerei für Technikbegeisterte. Warum beschäftigt sich die Wissenschaft damit? Georg Brunauer: Mit "smart" verbindet man immer eine hoch technisierte Lösung. Wir versuchen den Studierenden aber nahezubringen, dass es nicht nur um ein vollautomatisiertes Haus geht, das alle Stückeln spielt. Gerade wenn es um Energie geht, fängt "smart" schon beim Bauen an, bei der Ausrichtung nach der Sonne, bei den nachhaltigen, regionalen Baumaterialien, bei der Dämmung. Im Wesentlichen geht es bei Smart Homes um "Low Tec", also ausschließlich Technik, die Sinn hat.

Warum haben wir diese Diskussion um Blackouts? Ein Blackout kann nicht nur durch kriminelle Energie herbeigeführt werden, sondern auch, wenn ein Energienetz durch den Ausbau der Erneuerbaren immer instabiler wird. Deutschland hat durch den Ausstieg aus Atomkraft und aus Kohle eine besonders große Herausforderung. Wenn Wind und Solar so massiv ausgebaut werden wie dort, ist das ein absoluter Stressfaktor für das Netz.

Smart Homes brauchen eine verlässliche Strom- und Netzversorgung. Was wäre im Fall eines tagelangen Blackouts? Wer in seinem Smart Home alles automatisiert hat, hat eigentlich keine Rückfallvariante. Das Haus soll ja per se ohne mein Zutun laufen. Zusätzlich überall manuelle Bedienungen für den Spezialfall einzubauen, widerspricht eigentlich der Idee eines Smart Homes. Das heißt, man braucht im Smart Home eine Notstromversorgung, damit die technische Steuerung weiterhin funktioniert.

Können private PV-Anlagen die Folgen eines Blackouts effektiv abmildern? Nicht automatisch. Viele glauben, dass sie mit PV-Anlage und Batterie schon Selbstversorger sind. Aber Vorsicht, zusätzlich braucht man einen inselfähigen Wechselrichter, um den Sonnenstrom für sich nutzen zu können. Der schaltet das Netz im Falle eines Blackouts frei und trennt damit das Gebäude vom Netz. Ist das Stromnetz wieder da, schließt ein inselfähiger Wechselrichter die Verbindung wieder. Ein herkömmlicher Wechselrichter liefert den Strom immer ins Netz beziehungsweise deckt im Idealfall den Eigenbedarf in einem Gebäude, sofern die Sonne scheint.

Reichen die heute üblichen 5 Kilowattpeak von privaten PV-Anlagen aus, um im Fall eines Blackouts autark zu sein? Nein, das geht sich nicht aus. Eine Wohnung braucht ungefähr 3,5 Kilowattstunden, ein Haus noch mehr. Den Energiebedarf untertags abzudecken, solange die Sonne scheint, ist kein Problem. Mindestens das Doppelte wird benötigt, um damit auch über die Nacht zu kommen. Um wirklich autark zu sein, ist ein Vielfaches einer Dachfläche notwendig - und zusätzlich ein großer Speicher. Das ist kostenmäßig gar nicht abbildbar und auch keine sinnvolle Investition.

Was würde dann Sinn haben? Nachhaltiger wäre es, auf gemeinschaftliche regionale Energiegemeinschaften zu setzen (Zusammenschluss in der Region zur Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie, Anm.) Das macht das EAG - Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz 2020 nun möglich. Alles, was ich sonst allein für ein einzelnes Haus machen muss, wird dann von einer Genossenschaft, einem Verein oder dergleichen erledigt. Wenn hier Bürger aktiv eingebunden werden, wären beispielsweise auch Probleme mit Genehmigungen für Windräder oder größere PV-Anlagen vom Tisch. Denn wenn eine regionale Energiegemeinschaft für sich eine solche Anlage aufstellt, ist die Akzeptanz sicher höher, als wenn das ein Großinvestor oder Energieversorger macht.

Könnten die derzeit gebauten privaten PV-Anlagen helfen, Insellösungen im Fall eines Blackouts aufzubauen? Zurzeit noch viel zu wenig. Wir haben folgendes Dilemma: Auf der einen Seite wollen wir die erneuerbare Energie massiv ausbauen. Andererseits werden die Anlagen heute so gebaut, dass der Strom ins Netz abgegeben wird. Das ist eine absolute Herausforderung für die Netzbetreiber, weil von allen PV-Anlagen tagsüber Spitzenstrom anfällt, der das Netz massiv belastet. Deshalb sind jetzt nur "Minimalanlagen" auf unseren Dächern. Wenn wir eine Wende herbeiführen wollen, müssten wir aber das Maximum an Sonnenstrom ausschöpfen und parallel dazu auch Speicher schaffen, damit das Netz nicht überstrapaziert wird.

Durch die EU-Klimaziele werden immer mehr fossile Energien durch Strom ersetzt. Ist es klug, sich so abhängig von einem Energieträger zu machen? Stand 2020 war die Energiestruktur in Österreich noch so aufgebaut, dass wir zu 40 Prozent Öl und zu 40 Prozent Gas importierten. Die Energiewende wird sicher elektrisch dominiert sein, weil wir sonst das Ziel nicht erreichen. Aber ich plädiere dafür, Technologien dort einzusetzen, wo sie sinnvoll sind: Beim Individualverkehr ist das zweifelsohne E-Mobilität, aber im Bereich Schwerverkehr und bei Bussen sowie in der Industrie wird es Wasserstoff sein, weil das auch für das Netz besser ist. Wasserstoff kann dort produziert werden, wo die Kapazitäten vorhanden sind, und über das bisherige Erdgasnetz an Tankstellen und die Industrie verteilt werden. Dann beziehen wir nicht nur aus dem Stromnetz Energie, sondern weiterhin auch aus dem Gas- und dem Wärmenetz. Wir nennen das in der Fachsprache "Sektorenkopplung". Und diese werden wir auch in Zukunft brauchen.