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Bedenkliche Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt

Viele Auswirkungen am Immobilienmarkt werden erst nächste Generationen spüren. Die Makler sind zukünftig gefordert.

Der Immobilienmarkt treibt teils seltsame Blüten, nicht nur in der Stadt Salzburg.
Der Immobilienmarkt treibt teils seltsame Blüten, nicht nur in der Stadt Salzburg.

Der Bedarf an Wohnraum in den österreichischen Landeshauptstädten bleibt ungebrochen hoch. Für das neue Jahr 2020 gibt es allerdings keine Anzeichen auf sinkende Preise. Ganz im Gegenteil, die Kaufpreise für Zinshäuser, Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen steigen laut Einschätzung des Immobilienrings Österreich weiter.

Obwohl die Zahlungsbereitschaft von Immobilienkäufern aktuell keine Grenzen kenne, sei eine sichere Einschätzung über die Entwicklung der nächsten Jahre schwierig, sagt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings: "Immer mehr Haushalten fehlen die Eigenmittel zur Gründung von Eigentum. Das kann mittelfristig zu einem großen Risiko für Immobilienwerte in den Städten führen."

Dauerhafte Null- und Minuszinsen treiben zudem die Immobilienpreise an. Während sich der Preisanstieg in internationalen Städten wie Dubai, New York, Vancouver oder Seoul verlangsamt oder deutlich sinkt, entwickeln sich die Preise europäischer Städte wie Frankfurt, Berlin, Genf, Zürich, Madrid, Paris oder Wien weiterhin stark nach oben. Spiegelfeld: "Der Wohnimmobilienmarkt in Europas Metropolen bleibt weiter im Fokus gesellschaftlicher Debatten."

Das Wohnungsangebot in Wien im Preisbereich von rund 7000 Euro pro Quadratmeter sei groß, die Vermarktung aber schwierig. Spiegelfeld: "Wenn eine 90-Quadratmeter-Wohnung mit Nebenkosten rund 750.000 Euro aufwärts kostet, dann ist das von zwei Doppelverdienern in den 30ern bis 40ern kaum machbar. Selbst wenn deren Eltern tatkräftig unterstützen." Wenn deren Kinder in zwanzig Jahren erwachsen seien, würden die Folgen erst richtig spürbar werden. Denn diese könnten von ihren Eltern kaum finanzielle Unterstützung erwarten.

"Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie es der jetzt heranwachsenden Generation einmal gehen wird", sagt Spiegelfeld. Bürgern mit unteren und mittleren Einkommen sollen bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung geboten werden und privater Immobilienbesitz solle effizienter gefördert werden, fordert der Immobilienring-Präsident.

Besondere Blüten im alpinen Österreich-Wohntourismus treibe der geplante Bau von Luxus-Chalets in Mittersill in Salzburg. So sei im Kaufpreis eines Chalets ein e-Porsche enthalten, um ein CO2-freies Pendeln etwa aus München zu ermöglichen, führt der Salzburger Immobilienmakler und Vizepräsident des Immobilienrings, Andreas Gressenbauer, an. Gleichzeitig würden in der Stadt Salzburg in einer nicht optimalen Wohnlage mit hoher Verkehrsbelastung Penthäuser vom Plan weg verkauft, bei einem Quadratmeterpreis von 18.000 Euro.

Beispiele, die Gressenbauer Sorgen bereiten: "Die Gier nach Veranlagung ist zurzeit nicht zu bremsen. Wer in unserer Branche seriöse Bewertungen abgibt, ist aus dem Geschäft." Denn die Verkäufer spekulieren auf weiter steigende Preise. Vor allem im High-End-Luxusbereich und in Speziallagen sei kein Ende der Hochpreisrallye abzusehen. Hier gehe es um Besitz und nicht um Rendite, erläutert Gressenbauer.

Das seit Jahren extrem hohe Preisniveau in den Landeshauptstädten hat zu einem Run auf Grundstücke und Wohnimmobilien am Stadtrand geführt. Die Kauf- und Mietpreise haben sich den Marktverhältnissen angepasst. "Die Hoffnung von Wohnungssuchenden, günstigen Wohnraum im Speckgürtel größerer Städte zu finden, schwindet zunehmend", meint Gressenbauer. Erstmals seit den 1960er-Jahren baue die Stadt Salzburg wieder Gemeindewohnungen. Die vor Kurzem übergebenen zehn Kleinwohnungen stellen einen Wendepunkt der Stadtpolitik dar. "Grundsätzlich ist dieser Schritt zu begrüßen, um mehr finanzierbaren Wohnraum für die Bevölkerung zu schaffen", konstatiert Gressenbauer: "Jetzt müssen Erfahrungen gesammelt werden, ob dieser Weg auch wirtschaftlich vertretbar ist. Sollte sich die Fiskalpolitik nicht ändern, wird der Staat mehr einspringen müssen." Allerdings werde der Staat nicht alles stemmen können, es brauche auch die privaten Unternehmen.

"Viele Einfamilienhäuser und Villen aus den 1960er- und 1980er-Jahren benötigen dringend eine energetische Sanierung. Jedoch wird die notwendige Investition den künftigen Erben hinterlassen und Erspartes für die Pflege im höheren Alter aufbewahrt", meint Spiegelfeld. Manchmal gebe es auch die Situation, dass die Bewohner mit ihrem Haus zwar über ein Immobilienvermögen verfügen, aber kaum Geld zum Leben haben. "Gerade im Zuge der Klimadiskussion müssen wir überlegen, welches Angebot zur Sanierung gemacht werden kann. Denn sollte eine neue CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe eingeführt werden, dann wäre genau diese Bevölkerungsgruppe am stärksten betroffen", gibt Spiegelfeld zu bedenken.

Wichtig sei, so Spiegelfeld, dass seitens der Makler eine beidseitige Vertretung für Anbieter wie Suchende bleibe. Nur so sei eine rechtliche Sicherheit für beide Seiten auch künftig gewährleistet. "Für die Honorierung der Maklerleistungen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Der Immobilienring wird der Politik dazu Vorschläge unterbreiten." Vor Kurzem trafen zu diesem Thema ausgewählte IR-Makler aus ganz Österreich im Rahmen der Immobilienring Denkwerkstatt zusammen, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Gressenbauer appelliert: "Wir müssen intensiv und rasch akzeptable Möglichkeiten finden. Den Kopf in den Sand zu stecken bringt nichts. Wir Makler müssen neuen Bedürfnissen der Kunden Rechnung tragen und uns mit den Innovationen der Digitalisierung dringend mit- und weiterentwickeln."

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