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Auch für Fertighäuser gilt jetzt: Wohnen muss mehr "können"

Die Fertighausunternehmen sind ohne größere Blessuren durch das Coronajahr gekommen. Die Zeichen stehen weiterhin gut: Viele Menschen möchten jetzt in stabile Werte investieren.

Jeder dritte Neubau ist bereits ein Fertighaus.
Jeder dritte Neubau ist bereits ein Fertighaus.

2019 wurde noch als Rekordjahr für die Fertighausbranche gefeiert: Im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser konnten die Verkaufszahlen in diesem Jahr um beachtliche 5,6 Prozent gesteigert werden. 2020 kam jedoch abrupt alles anders. "Der Ausbruch der Coronapandemie hat die ,normalen' Rahmenbedingungen natürlich auch im Fertigbausektor grundlegend auf den Kopf gestellt", berichtet Christian Murhammer, Geschäftsführer des ÖFV (Österreichischer Fertighausverband). "Speziell die Monate März, April und Mai waren von erheblicher Verunsicherung geprägt", sagt er rückblickend. "Einerseits war unklar, ob und wie die Baustellen betrieben werden dürfen, andererseits war es notwendig, rasch Anpassungen an diese spezielle Situation vorzunehmen. So mussten zum Beispiel Onlinekundengespräche statt persönlicher Face-to-Face-Begegnungen organisiert werden." Trotz der ungewöhnlichen Umstände habe man die Situation in den meisten Unternehmen gut bewältigt, sagt Murhammer. Diesen Eindruck sieht er auch durch die Verkaufszahlen bestätigt. "Es gibt zwar Einbußen, jedoch lediglich um 3,3 Prozent. Die Branchenbilanz 2020 fällt damit trotz der schwierigen Pandemiebedingungen immer noch besser aus als 2018."

Mehr belagsfertige Häuser

Auch die Umsätze der Mitglieder des ÖFV konnten bei leicht rückläufigen Stückzahlen im Corona-jahr um acht Prozent gesteigert werden. Begründet werden könne dies mit der deutlich gestiegenen Nachfrage nach schlüssel- und belagsfertigen Häusern, erläutert Murhammer. "2020 wurden um 4,3 Prozent weniger ,Ausbauhäuser' errichtet als 2019." Eine andere Ursache für die positive Umsatzentwicklung erkennt der ÖFV-Geschäftsführer in der fortschreitenden Haustechnik: "Die Häuser werden immer hochwertiger ausgestattet."

Die stabile wirtschaftliche Situation habe schließlich auch dazu geführt, dass im Jahresverlauf 2020 mehr Mitarbeiter in den Mitgliedsbetrieben beschäftigt werden konnten, zeigt sich der Geschäftsführer der Qualitätsgemeinschaft erfreut. "Rund 2500 Menschen haben in den Herstellerbetrieben derzeit einen sicheren und soliden Arbeitsplatz."

Was bringt das nächste Jahr?

Wie aber geht es nun weiter? Seitens des Verbands zeigt man sich zuversichtlich. "Die Zahlen des ersten Quartals legen neuerlich klar dar, dass die Nachfrage nach Fertighäusern ungebrochen anhält", sagt Christian Murhammer. "Viele Menschen wollen jetzt - nach langen Wochen und Monaten in manchmal sehr beengten Wohnverhältnissen - ein oft lang geplantes Bauprojekt realisieren. Andere wiederum haben gerade durch die Pandemie ein verstärktes Sicherheitsbedürfnis entwickelt und möchten nun in stabile Werte investieren." Aufseiten der Herstellerbetriebe zeigt diese Einstellung ebenfalls Wirkung. "Die Auftragsbücher einiger Fertighausfirmen sind bereits bis in das Jahr 2022 voll", weiß Murhammer. Interessierte würden natürlich dennoch nicht abgewiesen, sondern selbstverständlich wie immer gut beraten und informiert.

Bild: SN/öfv
„Viele Menschen möchten in stabile Werte investieren.“
Christian Murhammer, ÖFV


Wohnen muss mehr können

Abseits der guten wirtschaftlichen Bilanz der Fertigbaubranche hat Corona eine Tatsache sehr deutlich hervorgebracht: Das Zuhause muss deutlich mehr leisten als bisher. "Wenn es kein Büro und keine Schule mehr gibt, kein Gasthaus und keine Events, wenn sich wirklich alles auf lange Dauer zu Hause abspielt, braucht es weit mehr als eine ,Übernachtungsstation'", zeigt sich Geschäftsführer Murhammer überzeugt. Aus der Situation hätten auch viele Unternehmen ihre Schlüsse gezogen. "In den Planungsabteilungen beschäftigt man sich zunehmend damit, wie etwa perfekte Arbeitsplätze im neuen Zuhause angelegt sein sollten, oder damit, wie ideale Rückzugsorte für die Bewohner geschaffen werden können." Denn so einige Veränderungen der Coronazeit - wie etwa das Homeoffice - könnten bleiben oder zumindest weiterhin stärker auftreten, auch wenn alles wieder zur "Normalität" zurückkehrt. Die Fertighäuser der Zukunft werden dies jedenfalls berücksichtigen.

Materialpreise explodieren

Mit großer Beunruhigung verfolgt man seitens der Fertighausunternehmen derzeit jedoch die Preisentwicklungen bei den Baumaterialien. "Egal ob Holz, Stahl, Verbindungsmittel oder Dämmstoffe: Lange Lieferzeiten und extrem steigende Preise binnen weniger Tage treffen die Fertighausunternehmen im Moment besonders hart. Die Kosten für manche Materialien haben sich mittlerweile sogar verdoppelt", berichtet Christian Murhammer. "Kalkulationen haben ergeben, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen Fertighäuser praktisch über Nacht um acht bis neun Prozent hätten teurer werden müssen." Die gute Nachricht: Sie werden es nicht. Die Mitglieder des Österreichischen Fertighausverbands stehen nach wie vor zur Fixpreisgarantie. Der Preis, der vereinbart wurde, hält, und die Preissteigerungen gehen zulasten der Unternehmen.