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Alte bäuerliche Holzzäune - Halt ohne Nagel und Draht

Ihre Funktion stand im Vordergrund. Sie sollten Eindringlinge fern- und das Vieh zusammenhalten. Alte bäuerliche Zäune überraschen mit ihrer Typenvielfalt und baulichen Details.

In den Salzburger Gauen haben sich unterschiedliche Zaunformen entwickelt. Der Steckenzaun ist zum Beispiel typisch für den Pongau.
In den Salzburger Gauen haben sich unterschiedliche Zaunformen entwickelt. Der Steckenzaun ist zum Beispiel typisch für den Pongau.
Steinhag mit Kreuzhag, Au bei Lofer, 1940.
Steinhag mit Kreuzhag, Au bei Lofer, 1940.

Holzzäune sind Zeugnisse der bäuerlichen Kultur, die allerdings im Landschaftsbild zusehends verschwinden. Dies liegt zum einen daran, dass für manch eine Variante eine große Menge an Holz benötigt würde. Zum anderen haben sich die Feldgrößen aufgrund von Grundzusammenlegungen gewandelt und die alten Arten der Einfriedung sind für die Arbeit mit den heute üblichen Landwirtschaftsmaschinen nicht mehr geeignet. "Es fehlen natürlich auch die Arbeitskräfte, die die aufwendigen Holzzäune und Steinmauern herstellen könnten", weiß Monika Brunner-Gaurek, im Salzburger Freilichtmuseum zuständig für wissenschaftliche Dokumentation und Kulturvermittlung. Auf dem Museumsareal steht eine Vielzahl an verschiedenen bäuerlichen Zäunen. Zudem beherbergt der Kellbauernkasten eine kleine Zaunausstellung.

Das Zaunrecht

Wie Brunner-Gaurek schildert, waren Höfe und Dörfer schon im Mittelalter von kreisrund angelegten Zäunen umschlossen. Gehöfte genossen nämlich erst vollen Rechtsschutz, wenn sie eingezäunt waren. Klare Grundgrenzen vermieden oder regelten Nachbarschaftskonflikte. Im Zaunrecht in den mittelalterlichen Volksrechten waren die Zaunbeschau, die Zaundurchlässe, die Zaunhöhe, der Holzbezug für die Zäune sowie die Termine für den Zaunbau klar geregelt.

"lebende Zäune"

Doch nicht immer waren Einfriedungen aus Holz. Hecken bildeten "lebende Zäune" und waren ebenso wertvolle Ökosysteme wie Steinmauern, wie es sie etwa auf Almen gab. Dort wurden die umherliegenden Steine aufgeklaubt und aufeinandergeschichtet. Der Vorteil eines sogenannten Steinhags war, dass er dauerhaft stehen bleiben konnte. Holzzäune hingegen, die zum Beispiel in Lawinenbereichen standen, mussten vor dem Winter abgebaut werden. Die Einzelteile seien in sicheren Mulden aufbewahrt worden, sagt Brunner-Gaurek. Im Frühjahr waren dann mehrere Männer wochenlang damit beschäftigt, die Zäune wieder aufzubauen. Neues Holz zum Ausbessern mussten sie in Bündeln den Berg hinauftragen, falls die Alm über der Baumgrenze lag und deshalb kein Rohstoff vor Ort zur Verfügung stand.

Regionaltypische Zauntypen

Im Laufe der Zeit haben sich in ganz Salzburg regionaltypische Zauntypen entwickelt - von schlicht bis aufwendig, von durchlässig bis sehr dicht. Typisch für den Tennengau ist etwa der Schräghag und für den Pongau der Steckenzaun. Beide Formen bestehen aus Stecken aus Lärchen- und "Girschten" aus Fichtenholz. Die zwei Varianten unterscheiden sich durch die Bearbeitung der "Girschten". Im Flachgau herrschte der Stangenhag vor.

Angebrannte Stempen

Gleich, welcher Zaun einst aufgestellt wurde oder heute errichtet wird: Bevor Stempen in den Boden geschlagen werden, werden sie "zwischen Tag und Nacht", also dem Bereich kurz über und unter der Bodenkrume, angebrannt. "Damit hält der Stempen länger, denn an dieser Stelle fault er als Erstes", erklärt Zimmerer Franz Greisberger. Er ist Werkstättenleiter des Salzburger Freilichtmuseums und baut beziehungsweise repariert immer wieder Zäune.

Fixierung mit Zaunringen

Je nach Variante werden die Einzelteile mit Holznägeln und/oder Zaunringen fixiert. Aus Gründen der Sparsamkeit verzichteten Bauern lange Zeit auf Eisennägel und Draht. Die Zaunringe bestehen aus in Saft stehenden Fichtenästen. Sie kommen für 30 Minuten in ein heißes Wasserbad oder sie werden über Feuer gehalten. Danach lassen sie sich biegen und zu Ringen flechten. Auch Bauerngärten wurden eingezäunt, etwa mit einem Flechtzaun aus Weidenästen, wie im nördlichen Flachgau, oder einem Hanichl, bei dem es auch Metallnägel als Befestigungsmittel gab. Beim Hanichl lassen sich ebenfalls verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten entdecken. Die Stangen konnten am oberen Ende entweder gerade oder schräg abgeschnitten oder angespitzt sein. Damit keine Hasen in den Garten konnten, um dort das Gemüse oder die Blumen zu fressen, wurde ein Brett über der Grasnarbe am Zaun montiert oder die Lücken im unteren Bereich des Zauns mit kürzeren Stangen minimiert.

Mondphase entscheidend

Beim Schlagen des Holzes für Zäune wurde auf die Mondphasen geachtet. Greisberger wartet Zäune - sie werden im Frühjahr nachgeschlagen - zum Beispiel bei abnehmendem Mond, "dann halten sie besser und das Holz splittert nicht so sehr".

"Wir wollen den ein oder anderen dazu anregen, einen Zaun zu bauen."

Damit bäuerliche Zäune auch in Zukunft erhalten bleiben, läuft in Leogang aktuell ein Leader-Projekt. Auf rund zwei Kilometern Länge wurden und werden im Ortskern und entlang der wichtigsten Straßen verschiedene Zauntypen aufgestellt, um sie ins Gedächtnis der Menschen zurückzubringen und das Ortsbild zu verschönern. "Das Projekt stößt in der Bevölkerung auf Begeisterung", teilt Bürgermeister Josef Grießner mit. "Wir wollen den ein oder anderen dazu anregen, einen Zaun zu bauen." Erste Erfolge gebe es bereits. Zwar läuft das Projekt Ende des Jahres aus, die Zäune haben jedoch kein Ablaufdatum. "Sie bleiben stehen, bis sie morsch werden, und dann werden sie ausgebessert", kündigt der Bürgermeister an.