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Zinshausinvestment: "Geld in einen sicheren Hafen bringen"

Wer in ein Zinshaus investiert, schaut immer weniger auf die Rendite. In ganz Europa hat die Coronapandemie zu Veränderungen auf den Märkten geführt.

„Wir erwarten ein sehr gutes Zinshausjahr.„
„Wir erwarten ein sehr gutes Zinshausjahr.„

Die Coronakrise hat den Wunsch nach Sicherheit verstärkt. Institutionelle Investoren haben ihre Strategie angepasst und setzen auf weniger Risiko. Zudem bringen private Käufer mehr Eigenkapital ein, da finanzielle Mittel von anderen Anlageformen abgezogen werden. Diese Faktoren lassen die Nachfrage auf dem Zinshausmarkt dynamisch steigen. "Wir erwarten ein sehr gutes Zinshausjahr. Um ein Rekordjahr vorauszusagen, ist es jedoch noch zu früh", berichtet Markus Arnold von Arnold Immobilien.

Bild: SN/arnoldimmobilien
In Wien stehen die Bezirke eins bis neun im Fokus, wobei Häuser in Szenevierteln alles toppen
Markus Arnold

Quadratmeterpreise um rund 140 Prozent gestiegen

Besondere Nachfrage besteht in Wien. Seit März haben sich hochwertig sanierte und gut vermietete Häuser um zehn Prozent verteuert. "Denn Investoren wollen sich um nichts mehr kümmern müssen", sagt Arnold. Das schlägt sich auf die Einstiegspreise nieder. "Wenn alles passt, werden für Häuser in Topqualität und -lage derzeit Spitzenpreise bezahlt. Im besonderen Fokus stehen die Bezirke eins bis neun, wobei Häuser in Szenevierteln alles toppen. Außerhalb des Gürtels wird es deutlich billiger", erklärt der Experte.

In den vergangenen zehn Jahren sind laut Arnolds Analyse die durchschnittlichen Quadratmeterpreise um rund 140 Prozent gestiegen. "Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Rendite beim Zinshausinvestment fast völlig in den Hintergrund gerückt ist", sagt Arnold: "Es geht vielmehr darum, Geld in einen sicheren Hafen zu bringen." Außerhalb Wiens besteht die größte Nachfrage nach solchen Anlagemöglichkeiten in Oberösterreich und der Steiermark, wobei sich das Interesse eher auf die Landeshauptstädte fokussiert. Lokale Investoren hingegen greifen auch außerhalb von Linz und Graz zu. Diese "Landzinshäuser" bringen aufgrund der absolut niedrigen Preise mehr Rendite. "In Wels beispielsweise sind das immerhin zwischen drei und vier Prozent", schildert Arnold.

Die Berliner Niederlassung von Arnold Immobilien verzeichnet eine ähnliche Situation wie in Österreich. Berlin und andere deutsche Landeshauptstädte boomen, während Sekundärstädte mit günstigen Renditen und Preisen locken.

Derzeit wird auch von internationalen Investoren das heimische Zinshaus stark nachgefragt. Aufgrund des strengen Mietrechtsgesetzes komme eher der Neubau infrage, berichten die Arnold-Immobilien-Niederlassungen aus Berlin, Pressburg, Prag und Budapest. Das größte Interesse verzeichnen derzeit die neuen Niederlassungen in Mailand und Madrid, wo die Coronapandemie die größten Eruptionen hervorgerufen hat. "In unsicheren Zeiten kann der Immobilienstandort Österreich ganz besonders punkten", resümiert Arnold.

Dass die Coronapandemie Veränderungen auf den Märkten auslöst, das registriert auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). Wien und ganz generell Österreich verzeichneten im zweiten Quartal 2020 eine merkliche Beschleunigung des Preisanstiegs für Wohnimmobilien. Nach einer Abschwächung der Preisdynamik seit Jahresmitte 2019 erreichten die Preiszuwächse damit wieder die Werte vom ersten Halbjahr 2019.

Starke Nachfrage an günstigen sowie teuren Wohnungen

In Wien betrug der Preisanstieg im zweiten Quartal 2020 4,1 Prozent im Vorjahresvergleich und 2,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. In Österreich ohne Wien war zu Jahresbeginn 2020 bei den Immobilienpreisen ein Plus von 2,8 Prozent verzeichnet worden, im zweiten Quartal beschleunigte sich der Anstieg auf plus 6,8 Prozent (jeweils im Vorjahresvergleich) und auf plus 3,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Nachfrage nach Wohnungen über die verschiedenen Preissegmente hinweg gestaltete sich ähnlich wie vor der Coronapandemie. Sowohl günstige als auch teure Wohnungen wurden auch im zweiten Quartal 2020 unverändert nachgefragt.

Für die Beschleunigung in Österreich ohne Wien war vor allem die Preissteigerung bei Einfamilienhäusern verantwortlich - mit einer Verdreifachung auf 10,6 Prozent im zweiten Quartal (nach 3,3 Prozent im ersten Quartal). Auch in Wien blieben die Preise für Einfamilienhäuser auf hohem Niveau, nach einer Zuwachsrate von 10,4 Prozent im ersten Quartal stiegen die Preise im zweiten Quartal um 11,7 Prozent, jeweils im Vorjahresvergleich.

"Möglicherweise ist dies auf den durch Effekte der Coronapandemie (Trend zu Homeoffice, Erfahrungen im Lockdown, Social Distancing) verstärkten Wunsch nach Wohnen im Grünen bzw. mit Garten zurückzuführen. Es wird sich im weiteren Jahresverlauf zeigen, ob sich dieser Trend fortsetzt", heißt es in der OeNB-Analyse.

Die Pandemie traf die Wohnimmobilienmärkte in den CESEE-Ländern in einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Aufschwungphase. Die Preise für Wohnimmobilien stiegen im ersten Quartal 2020 laut Eurostat-Daten weiterhin dynamisch mit Zuwachsraten weit über dem EU-Durchschnitt in fast allen Ländern mit Ausnahme von Ungarn. Die Wohnbaukreditvergabe war grundsätzlich stark, ebenso wie die Bautätigkeit.

Erste Daten zeigen, dass sich die Krise dort dämpfend auf die Nachfrage nach Wohnimmobilien ausgewirkt hat. Ausschlaggebend hierfür sind insbesondere niedrigere Einkommen, eine verschlechterte Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie die erhöhte Unsicherheit der Haushalte. "Die Notenbanken und Regierungen der Region haben umfangreiche Maßnahmen zur Abfederung der kurzfristigen Auswirkungen der Krise getroffen, die auch die Wohnimmobilienmärkte stützen sollten", schreibt die OeNB. Weiterhin wird Haushalten und Banken grundsätzlich eine größere Widerstandsfähigkeit im Vergleich zur Finanzmarktkrise 2008/09 attestiert: "Dennoch stellt die Coronapandemie die CESEE-Wohnimmobilienmärkte vor große Herausforderungen."

In den meisten EU-Mitgliedsstaaten (exklusive CESEE-Länder und Österreich) setzte sich der dynamische Anstieg der Immobilienpreise im ersten Quartal 2020 bis kurz vor dem Einsetzen der Coronapandemie hingegen fort. Besonders stark stiegen die Immobilienpreisindizes (weit über dem EU-Durchschnitt) in Deutschland, Luxemburg, Schweden, Portugal und Malta. Unterhalb des EU-Durchschnitts liegen Finnland, Spanien, Frankreich und Zypern sowie besonders deutlich weiterhin Italien.

Das allgemeine Konsumentenvertrauen ist im Zuge der Coronapandemie gesunken und angesichts der gestiegenen Verunsicherung sank auch die Nachfrage nach neuen Wohnimmobilienkrediten deutlich. Angebotsseitig musste auch die europäische Bauwirtschaft - wie die meisten anderen Branchen - ihre Aktivitäten ab Mitte März herunterfahren, am Ende des Shutdowns nahm sie ihre Aktivitäten aber rasch wieder auf.