SN.AT / Leben / Wohnen

Wohnbau droht Abwärtsspirale

Der jahrelange Aufschwung wurde durch den Shutdown gestoppt. Verspätete Fertigstellungen und ein Einbruch bei den Baugenehmigungen halten bis 2023 an.

Im Wohnbau wird die Coronakrise noch jahrelang zu spüren sein.
Im Wohnbau wird die Coronakrise noch jahrelang zu spüren sein.

Die Coronakrise wird 2020 den jahrelangen Aufschwung der Baubranche jäh stoppen. Im heurigen Jahr wird ein Rückgang von 2,7 Prozent erwartet, dies ist jedoch erst der Anfang einer Abwärtsspirale, wie Interconnection Consulting in einer neuen Studie zeigt.

Fachkräftemangel und 'neue' Vorschriften verzögern die Arbeit

Die verschärften Hygiene- und Sicherheitsvorschriften bremsen die Baufertigstellungen bereits jetzt. "Dabei sind es neben der allgemeinen Regelung des Sicherheitsabstands von einem Meter, den es auch auf Baustellen einzuhalten gilt, die organisatorischen Maßnahmen, die das Arbeiten auf den Baustellen erschweren beziehungsweise verzögern", sagt Studienautor Ernst Rumpeltes: "Dazu zählen die zeitliche Staffelung der Beschäftigten und der verschiedenen Arbeitsschritte ebenso wie die Trennung der Arbeitsbereiche von verschiedenen Gewerken."

Hinzu kommt, dass durch die geschlossenen Grenzen ein Fachkräftemangel auf den heimischen Baustellen herrscht, der die Arbeiten und die Fertigstellungen nochmals verzögert. "Die Wiederöffnung der Grenzen wird zwar definitiv zu einer raschen Behebung des Arbeitskräftemangels führen", hofft Rumpeltes: "Dennoch war die Branche die vergangenen zwei Monate mit der Problematik konfrontiert." Dieser Zeitraum könne nicht so einfach in den restlichen Monaten dieses Jahres aufgearbeitet werden, "zumindest nicht ohne Lockerung von Arbeitszeitregelungen. Auch die Regelung bezüglich der Nutzung von Schlafräumen - sie dürfen nicht mit mehr als einer Person belegt sein - ist ein hemmender Faktor."

Erst 2023 ist mit einem erneuten Aufschwung zu rechnen

Außerdem haben Kurzarbeit und massive Arbeitslosigkeit klar negative Effekte auf die Kaufkraft und Investitionsbereitschaft heimischer Haushalte. "Damit werden auch die Investitionen in Eigenheime zurückgehen", fürchtet der Experte. Dies werde zu einem Einbruch der Baugenehmigungen in diesem Jahr um 14,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr führen, was sich wiederum auf die Fertigstellung von Wohnanlagen in den folgenden Jahren auswirkt.

Während der Abschwung 2020 noch relativ moderat verläuft, wird dieser, laut den Prognosen von Interconnection im Folgejahr sehr drastisch ausfallen und 8,7 Prozent betragen. Durch die Verzögerungen zwischen Baugenehmigungen und Fertigstellung der Wohnanlagen wird der Tiefpunkt bei den Fertigstellungen von Wohnanlagen erst 2022 erreicht werden. "2023 ist zum heutigen Zeitpunkt wieder mit einem Aufschwung bei den Baufertigstellungen zu rechnen."

Damit die Prognosen doch nicht so eintreten, gebe es schon Gegenmaßnahmen. "Kurzfristig würde es Maßnahmen benötigen, die ein effizientes Arbeiten auf den Baustellen ermöglichen und den Faktor Arbeitskraft nicht weiter beschränken, da dies momentan der limitierende Faktor ist. Das wären beispielsweise eine Lockerung der Arbeitszeitregelungen, Förderungen von Kleinunternehmen der Baubranche, um den Fortbestand zu gewährleisten und die Arbeitslosigkeit im Bausektor zu senken, oder Arbeitsmarktmaßnahmen zur schnellen Wiedereingliederung arbeitsloser Personen aus dem Sektor Bau." Mittelfristig gesehen benötigt es Maßnahmen, die darauf abzielen die Bautätigkeit und somit die Baugenehmigungen zu forcieren. "Dabei gilt es vor allem, Investitionen in den Wohnbau attraktiv zu machen, indem man die in den letzten Jahren rasant gestiegenen Baukosten senkt, etwa durch vereinfachte behördliche Verfahren." Gelockerte Bauauflagen und Umwidmungen öffentlicher Fläche zu Bauland wären ebenfalls Maßnahmen, den Wohnbau für private Bauträger/Investoren wieder attraktiv zu machen.