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Viele Faktoren belasten den Immobilienmarkt

Preisanstiege, Baustopps und Energieeffizienz beeinflussen den Markt. Auch die restriktiveren Kreditvergaben erhöhen die Nachfrage auf dem Mietmarkt.

Der Traum vom eigenen Haus lässt sich immer schwieriger umsetzen.
Der Traum vom eigenen Haus lässt sich immer schwieriger umsetzen.

Die Pandemie und damit einhergehende Lieferengpässe machen der globalen Wirtschaft schon seit einiger Zeit zu schaffen. Der Krieg in der Ukraine kippt zusätzlich Öl ins Feuer.

Was bedeutet das für den Immobilienmarkt in Österreich?

Dieser Frage ging das Immobilien-PropTech-Unternehmen PriceHubble in einer Online-Umfrage unter Immobilienexperten - darunter Makler, Banken oder Kreditanbieter, Asset Manager, Entwickler oder auch Immobilienverwalter - in Österreich nach.

Die allgemeine Stimmungslage zeigt dabei ein deutliches Bild: Eine Mehrheit von fast zwei Dritteln rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit negativen bis sehr negativen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf ihr jeweiliges Unternehmen. Zur Begründung der pessimistischen Einschätzung gaben viele Befragte an, dass die Gründe in der Unsicherheit auf dem Markt, Verzögerungen bei der Lieferung von Roh- und Baustoffen sowie gestiegenen Baukosten liegen.

Wenn es darum geht, ob sich die Ukraine-Krise auf die Anzahl der Aufträge niederschlägt, sind sich die Befragten uneinig. 40 Prozent der Immobilienexperten erwarten einen Rückgang in der Anzahl der Aufträge in den nächsten zwölf Monaten. Sie begründen diese Einschätzung vor allem damit, dass infolge des Materialmangels weniger Objekte angeboten werden und dass die Nachfrage seitens der Investoren verhaltener wird. 33 Prozent rechnen mit einer verbesserten Auftragslage - insbesondere da sie davon ausgehen, dass einige Marktteilnehmer die Krise nicht überstehen. 27 Prozent rechnen mit gleichbleibendem Volumen. Die Mehrheit der Experten ist außerdem der Ansicht, dass Projekte verschoben werden. Mehr als die Hälfte davon rechnet mit einer Verschiebung von bis zu zwei Jahren.

Starke Teuerung bei Wohnimmobilienpreise erwartet

Bei den Kaufpreisen für Wohnimmobilien rechnet die Mehrheit der Befragten (zwei Drittel) in den nächsten zwölf Monaten mit einer starken Teuerung auf dem Markt. Ein Großteil geht sogar von einem Preisanstieg von mehr als zehn Prozent aus. Passend dazu sind 65 Prozent der Experten auch überzeugt, dass die Mietpreise in die Höhe gehen werden. Als Grund wird angegeben, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt, da ein Kauf infolge steigender Zinsen unattraktiver wird. Außerdem würden die Mietpreise inflations- und indexbedingt in die Höhe schießen.

Ein Makler konkretisiert: "Die Neubaumieten werden sich erhöhen, wenn mehr Menschen in die Miete gedrängt werden und dadurch eine größere Nachfrage entsteht. Die Altbaumieten nur bedingt, aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen." Auch bei Luxusimmobilien rechnet die Mehrheit der Befragten damit, dass die Preise steigen oder maximal gleich bleiben. "Dort, wo Geld vorhanden ist, wird man als Investor trotz des gestiegenen Preisniveaus verstärkt den sicheren Hafen des Betongoldes suchen", kommentiert ein Entwickler. Vom Fernbleiben russischer Kundschaft könnte höchstens das oberste Luxussegment betroffen sein.

Speziell bei Immobilien mit einer hohen Energieeffizienzklasse wie A oder A+ rechnen 69 Prozent der Befragten mit einer stärkeren Veränderung der Kaufpreise und 58 Prozent auch mit einer stärkeren Veränderung der Mietpreise. Die Frage, ob die Nachfrage nach Wohnungen oder Häusern mit einer hohen Energieeffizienzklasse seit Beginn des Kriegs gestiegen sei, beantwortete rund die Hälfte mit "Ja". Auch auf lange Sicht geht ein Großteil der Umfrageteilnehmer von einem positiven Trend bei energieeffizienten Wohnimmobilien aus. "Abhängig von der Energieeffizienzklasse bei bestehenden Gebäuden sowie den fortschreitenden gesetzlichen Regelungen werden Abschläge beim Verkauf jener Immobilien erwartet, die gewissen Anforderungen nicht entsprechen. Die Kosten für notwendige Sanierungsmaßnahmen sollten bei der Preisfindung berücksichtigt werden", kommentiert ein Entwickler.

"Wir möchten für mehr Transparenz auf dem Markt sorgen und Experten aus der Finanz- und Immobilienbranche Analysen zur Verfügung stellen, damit diese fundiert und effizient Entscheidungen treffen können", erläutert Jörg Buß, Geschäftsführer von PriceHubble Österreich, die Hintergründe der Studie: "Unser Anspruch beinhaltet auch, dass wir regelmäßig Insights zu Themen bieten, die die Branche bewegen."


ES GIBT NOCH GÜNSTIGE FLECKEN, ETWA IN NIEDERÖSTERREICH



Wo sind Immobilien noch finanzierbar, wo lässt es sich noch günstig wohnen? IMMOcontract, die an zehn Standorten in Niederösterreich vertreten ist, hat sich die Marktlage in Niederösterreich genauer angesehen. CEO Sascha Haimovici: "Ganz grob lässt sich sagen, dass je weiter man sich in Niederösterreich von Wien entfernt - also über den sogenannten Speckgürtel hinaus -, desto günstiger werden die Immobilien, auch wenn insgesamt über die letzten Jahre hinweg wie überall ein Preisanstieg zu bemerken war."

Ein gutes Beispiel ist hier das nördliche Niederösterreich, das von einem starken Zuzug vor allem von jungen Familien in der Coronazeit geprägt war und weiterhin ist. Haimovici: "Besonders auf dem Häusermarkt haben die Preise um rund 65% zugelegt, das liegt über dem durchschnittlichen Preisanstieg in Rest-Niederösterreich, der aufgrund unserer Erfahrung bei rund 40% liegt."

Doch was bedeutet das in konkreten Zahlen? Während der durchschnittliche Quadratmeterpreis 2020 für Einfamilienhäuser in der Region noch bei 793 Euro lag, sind die Preise 2022 auf rund 1303 Euro gestiegen. Allerdings gilt es auch hier regional zu unterscheiden, der Preis für ein Einfamilienhaus im Bezirk Horn ist immerhin um 80% höher als ein Haus im Bezirk Gmünd.

"Wenn man das allerdings in Relation zu den Wiener Preisen setzt - hier liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Einfamilienhaus aktuell bei rund 6027 Euro -, sieht man, dass das nördliche Niederösterreich insgesamt noch sehr günstig ist", bestätigt der Experte.

Aber auch im näheren, infrastrukturell optimal erschlossenen Einzugsgebiet zur Bundeshauptstadt findet man Orte, die vergleichsweise günstig und damit auch im Rahmen der neuen Kreditvergaberichtlinien finanzierbar sind. "In der Region um St. Pölten - hier vor allem in Richtung Traisental oder auch Pressbaum - liegt der Quadratmeterpreis für Einfamilienhäuser bei rund 3500 Euro. Noch günstiger sind die Regionen um Gänserndorf und Mistelbach, wo man im Durchschnitt mit knapp 2000 Euro pro Quadratmeter rechnen muss."

Auch die Wohnungspreise sind rund um Wien noch erschwinglicher als innerhalb der Stadtgrenzen. Wenngleich die Immobilienpreise für Wohnungen in Mödling, Wien-Umgebung und Tulln zu den teuersten in ganz Niederösterreich zählen, zahlt man in Mödling für eine gebrauchte Eigentumswohnung im Durchschnitt rund 3800 Euro pro Quadratmeter, in Wien liegt der Wert bei 4900 Euro.

Haimovici: "Niederösterreich weist - nach dem Burgenland - mit zirka 72% die zweithöchste Eigentumsquote Österreichs auf, wobei vor allem die Einfamilienhausbebauung prägend ist." Diese habe auch im Wiener Umland in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Das ist ein Trend, den wir aus heutiger Sicht auch weiter beobachten werden können. Damit werden auch die Preise weiter steigen."

Zudem ergibt ein sehr heterogenes Bild in Bezug auf die Marktpreise der unterschiedlichen Immobilienarten. Beispielsweise sind die Grundstückspreise rund um Wien am höchsten: In Mödling können Verkäufer Preise von bis zu 550 Euro pro Quadratmeter verlangen, während man in Gmünd nur etwa 45 Euro pro Quadratmeter zahlt. Dies bedeute, dass bezahlbares Wohnen oder Bauen in Niederösterreich sehr gut möglich sei, sofern man bereit ist, sich auf regionale Gegebenheiten einzulassen, und beispielsweise - etwa wenn sich der Arbeitsplatz in Wien befindet - längere Wege in Kauf nimmt. Haimovici: "Auch die Wahl des Wohnorts ist eine sehr individuelle Entscheidung, für die es in der Beratung viel regionales und lokales Know-how benötigt."