Zukunftsfähige Räumlichkeiten brauchen auch neue Firmenstrukturen. Homeoffice, Remote Work und Digitalisierung verändern das künftige Arbeitsumfeld fundamental.

"Es waren sehr einflussreiche zwei Jahre", sagt Laura Wiesner mit Hinweis auf die Veränderungen durch die Pandemie. Sie ist Geschäftsführerin des Innviertler Büromöbelherstellers Wiesner-Hager: "Doch vieles davon gab es als Ideen schon lang vorher, wurde aber jetzt verstärkt angegangen."
Identifikationsfaktor Büro
Die Lehren für den künftigen Büroalltag müssten nun gezogen werden. Denn dabei geht es um weit mehr als "bloß" um Einrichtung. Keine Infrastruktur könne gut funktionieren, wenn das dahinterstehende Unternehmenskonzept nicht passt, bestätigt Patrick Berger von der FH Salzburg. "Die Menschen haben ihr Zuhause nach den eigenen Bedingungen gestaltet, das wollen sie auch im Büro." Umso mehr, weil man ja sehr viel Zeit im Büro verbringt. "Wichtig ist, Arbeitsräume zu schaffen, wo Menschen auch arbeitsfähig sind", betont der Experte. Und da verschieben sich schon die Ansprüche. "Während die Babyboomer noch das Einzelbüro bevorzugen, auch aus Gründen der Wertigkeit und des Prestiges, wollen die Angehörigen der Generation Z kein ,Zellenbüro' mehr." Das Büro müsse schön, aber in erster Linie funktionell und flexibel sein. Gerade die junge Generation wolle sich den Arbeitsraum so einrichten, wie sie es individuell braucht.
"In Zeiten des Fachkräftemangels gilt das umso mehr", sagt Berger. "Neben dem Gehalt sind es zusätzliche Faktoren, die einen Arbeitgeber attraktiv machen. Einer davon ist der Arbeitsraum, andere Faktoren sind Zufriedenheit, Wohlfühlen oder Raum für Kreativität." Das erfordere viele Veränderungen bei den Unternehmen und "das geht jetzt erst richtig los", sagt der Experte.

Wie das in der Praxis konkret aussehen kann, weiß Daniel Rossgatterer, Geschäftsführer von ACP Tekaef, einem stark auf IT konzentrierten Anbieter von Bürolösungen, ebenfalls aus dem Innviertel. Sein Unternehmen habe eine klimaneutrale Firmenzentrale errichtet, mit Großraumbüros, in denen es "viele kleine Einheiten" gebe. Bei der Entwicklung wurden die Mitarbeiter integriert, nun gebe es beispielsweise eine "Superküche", für die sogar zwei Köchinnen angestellt sind. "Wir schauen aber nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Familien dahinter", erzählt Rossgatterer. Das tolle Büro sei ein wesentlicher Identifikationsfaktor, was dazu führe, dass sich trotz Mangels an IT-Fachkräften mehr Menschen bewerben, als aktuell gebraucht werden.
Zentrale Punkte für das Büro von morgen
"Man darf Einrichtungskonzepte nicht über die Mitarbeiter drüberstülpen", weiß auch Laura Wiesner. Man müsse sie je nach Unternehmen entwickeln. Trotzdem gebe es einige zentrale Punkte, die das Büro von morgen prägen werden, sagt die Expertin.
Erster Punkt ist die physische Distanz. "Das hat nichts mit Social Distancing wie in der Pandemie zu tun", sagt Wiesner. Es braucht also keine Plexiglaswände, sondern dünner besiedelte Büros, flexible Raumteiler oder freie Zonen.
Eine Riesenherausforderung für die Unternehmen ist einerseits die Remote Work, also die ortsunabhängige Arbeit von überallher, andererseits das inzwischen bekannte Homeoffice. Wiesner: "Remote gewinnt stark an Bedeutung, immer weniger Menschen müssen in einem Büroprozedere arbeiten." Bei manchen sei das nicht zu vermeiden, die Technik helfe aber mit, verstärkt ortsunabhängig arbeiten zu können. "Das gilt auch innerhalb der Büroräumlichkeiten, wo man sich für ungestörtes Arbeiten oder Gespräche einfach woanders hinsetzen kann."
Etwas anders liegt die Sache beim Homeoffice: "Es ist gekommen, um zu bleiben", weiß die Expertin. "Offen ist aber, mit welchem Anteil." Deshalb sind die Homeoffice-Regelungen noch stark im Wandel, etwa im Bereich Banken und Versicherungen. Wiesner: "Es braucht auf jeden Fall vernünftige Rahmenbedingungen, auch hinsichtlich der Ergonomie, Steh- und Sitzmöglichkeiten, Licht oder Akustik."

Weitere Herausforderung im Büro und Arbeitsalltag sind Hybrid-Meetings. "Da haben die Unternehmen stark aufgerüstet." Die Mitarbeiter sind nun unabhängiger und können selbst wählen, ob sie an einem Meeting physisch oder per Internet teilnehmen. "Die Firmen haben zwar schnell aufgerüstet, vieles ist aber nur provisorisch passiert. Jetzt braucht man dafür ein Gesamtkonzept, was die technische, aber auch räumliche Ausstattung betrifft, inklusive Licht und Akustik." Neue Raumtypen sind also notwendig, das bedeutet "Coworking Units" für Team- und Projektarbeit ebenso wie multifunktionale Räume und ruhige Zonen, sogenannte "Silent Spaces".
Punkt sechs der wichtigsten Herausforderungen für eine zukunftsorientierte Büroraumplanung ist für Wiesner "Activity Based Working", also Arbeiten abseits des klassischen Schreibtischs. "Die Tätigkeit bestimmt den Arbeitsort, mit kreativen Gestaltungsfreiheiten", sagt Wiesner.
Und schließlich nennt die Expertin noch ein Stichwort, das man seit Jahrzehnten kennt, ohne dass es jemals Realität wurde: das papierlose Büro. Doch diesmal könnte es durch die Digitalisierung tatsächlich etwas werden mit Büros ohne raumhohe Kästen mit Aktenordnern. "Man hört langsam auf, alles zu archivieren, das liegt an der Digitalisierung und wird durch Homeoffice und Remote Work noch zusätzlich angetrieben", erklärt Wiesner. "Künftig wird man kleinere Stauräume haben, die teils als Raumtrenner fungieren, und Platz für private Dinge bieten." Jedenfalls, sagt Wiesner, bräuchten all diese Büroraumlösungen im Hintergrund Organisationsänderungen im Unternehmen.