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Online Shopping: Das Internet verändert die Städte

Der Bedarf an Verkaufsflächen sinkt. Besonders mittelgroße Städte in Österreich spüren diesen Wandel deutlich.

Vor allem der Einzelhandel, speziell die Modebranche, ist vom Online Shopping betroffen.
Vor allem der Einzelhandel, speziell die Modebranche, ist vom Online Shopping betroffen.

Das Internet verändert die Innenstädte. Alexa, Siri & Co. hinterlassen auch im Stadtbild ihre Spuren. Denn knapp 13 Prozent der Konsumausgaben der Österreicher werden bereits online ausgegeben. Ohne den wenig onlineaffinen Lebensmittelhandel sind es bereits mehr als 18 Prozent, darauf weist die RegioPlan Consulting hin.

Die Bewirtschaftung der Verkaufsflächen sind kaum mehr rentabel

In dem für die Geschäftszonen so wichtigen Fashionbereich werden inzwischen fast 25 Prozent der Ausgaben online getätigt. "Jener Umsatz geht den Geschäften in den Innenstädten, den Geschäftsstraßen sowie Shoppingcentern und den Nahversorgungszonen verloren, was die Bewirtschaftung dieser oft sehr teuren Flächen kaum mehr rentabel macht", warnt Wolfgang Richter, CEO und Gründer von RegioPlan Consulting. Innerstädtische Handelszonen mit 25 Prozent und mehr Leerständen sind demnach keine Seltenheit mehr. Aktuell seien etwa Wiener Neustadt, Villach, St. Veit an der Glan, Liezen, Bruck an der Leitha sowie viele andere in einer schwierigen Lage. Nur mehr die allerbesten Einkaufsstraßen und Stadtzentren haben geringe Probleme, aber auch hier steigen die Leerstandsquoten. Aktuell liegen sie bei fünf Prozent, Tendenz steigend.

Aber ist das Internet daran allein schuld?

"Der Trend lässt sich deutlich ablesen. Seit fünf Jahren geht die Verkaufsfläche - ausgenommen im Lebensmittelhandel - um jährlich zirka zwei Prozent zurück", sagt Richter: "Betroffen sind nicht mehr nur B- oder C-Lagen, sondern auch die stärksten Handelszonen. Die Expansionslust der Einzelhändler ist ebenso stark zurückgegangen."
Waren es noch vor wenigen Jahren viele Unternehmen, die sich
um die besten Standorte gestritten haben, expandieren im Moment nur wenige, und dies vorwiegend im Diskontbereich. Viele Händler wollen ihre Geschäftsflächen verkleinern oder schließen Standorte. Einige Unternehmen mussten überhaupt Insolvenz anmelden oder befinden sich in groben Schwierigkeiten.

Die Zahl der Mietinteressenten sinkt

Richter: "Während noch vor wenigen Jahren gute Shopping Malls Wartelisten für mögliche Handelsmieter gehabt hatten und in guten innerstädtischen Lagen sowieso keine bezahlbare Handelsfläche verfügbar war, sehen wir im Moment, dass die Zahl der Mietinteressenten stark zurückgegangen ist." Insbesondere sind es die kleineren Städte und Gemeinden, die von diesem Trend betroffen sind: "Während wir bei den Topgeschäftsstraßen noch kaum über längere Zeit Leerstände sehen, ist die Situation in kleineren Städten oder generell in schwächeren Handelszonen mit Leerstandsquoten von 15 Prozent oder mehr oft dramatisch. Die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller und es besteht dringend Handlungsbedarf."
In einzelnen Branchen läuft schon fast ein Drittel des Marktes über Onlinebestellungen. Aber es sind nicht nur die Onlineeinkäufe, die die Expansionslust der stationären Händler dramatisch bremsen, sondern auch die zahlreichen anderen elektronischen Services. Es ist nicht mehr notwendig, wegen Bankgeschäften, Behördenwegen, Reisebuchungen, Apotheken etc. in die Stadt zu kommen. Das alles spiegelt sich in den Frequenzzahlen wider und die zumeist üppigen Verkaufsflächen in den Einkaufszentren am Stadtrand tun das Übrige. Wenn die Menschen nicht mehr kommen müssen, um einzukaufen beziehungsweise zu ihrer Ware zu gelangen, werden viele dies einfach nicht mehr machen, es sei denn, es gibt einen anderen Grund zu kommen. Derartige Gründe kann es viele geben: Gastronomie, Kultur, Neues erleben, Sachen ausprobieren, Events, Kommunikation, Freunde treffen, Freizeitangebote, u. v. m. Wer sich anpassen und positionieren kann, wird es trotz Alexa schaffen, ist Richter überzeugt.

Das Internent entortet den Einzelhandel

Dass das Internet gravierende Auswirkungen auf den Handel hat, ist schon länger bekannt. "Eines hat es jedoch vor allem getan, den Einzelhandel ,entortet'", weiß der Experte: Der Kaufakt kann schnell und bequem von überall erfolgen, denn wenn Alexa oder die anderen sprachgestützten Bestellsysteme einkaufen gehen, tun sie dies nicht in der Innenstadt oder in der Shopping Mall. Das alles drückt auf die Kundenfrequenzen in den innerstädtischen Handelszonen. Die Passantenfrequenzen in den Stadtkernen und innerstädtischen Handelszonen sinken aktuell im Durchschnitt um etwa vier bis sechs Prozent pro Jahr. Was wiederum weniger Umsatz für die Geschäfte und dementsprechend mehr Leerstand zur Folge hat.

Nur in wenigen Fällen können die steigenden Touristenfrequenzen die Lücken füllen. "Hinzu kommt, dass Stadtplaner, Verkehrsplaner, Baubehörden und Lokalpolitiker viele Fehler machen. Eine koordinierte Planung, die die Bedürfnisse der potenziellen Kunden erkennt und berücksichtigt, fehlt zumeist", kritisiert Richter: "Die Kunden müssen nicht mehr in die innerstädtischen Handelszonen kommen. Durch Internet und periphere Einkaufszentren haben sie längst andere Optionen. Die verantwortlichen Planer, Politiker, aber auch Geschäftsleute und Investoren müssen nun lernen, was sie den Kunden bieten können, damit sie kommen wollen. Der Tourismus hat es vorgezeigt: Es wird künftig darum gehen, die Menschen nicht als Umsatzspender und Steuerzahler, sondern als Gäste zu betrachten."

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