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Nahversorger profitierten

Shoppingcenter standen 2020 stark unter Druck. Nur jene Einkaufstempel, die auch Nahversorgung anbieten, konnten ihre Stellung behaupten.

Auch im Europark Salzburg sollte bald wieder „Normalität“ einkehren.
Auch im Europark Salzburg sollte bald wieder „Normalität“ einkehren.

Freud und Leid liegen beim Erfolg von Shoppingcentern nahe beieinander. Durch die zahlreichen Coronaverordnungen mit Öffnungen, Teillockdowns und harten Lockdowns hat sich deren Geschäftsmodell im vergangenen Jahr ganz unterschiedlich entwickelt. Auch der Standort und der Geschäftemix spielten dabei eine große Rolle.

Eines zeigt der neue "Shoppingcenter Performance Report Österreich 2021" von Ecostra. Dieser Report basiert auf einer Mieterbefragung, in der die Expansions- und Vertriebsleiter der führenden Filialunternehmen die Wirtschaftlichkeit ihrer Geschäfte aus einem Portfolio von 155 Einkaufs- und Fachmarktzentren in ganz Österreich bewerten.

In Vorarlberg waren die Voraussetzungen offenbar gut, denn dort liegen gleich mehrere Center im Spitzenfeld. Das Einkaufszentrum Messepark in Dornbirn zählt seit Jahren zu den Top-Performern in der österreichischen Handelslandschaft und konnte auch 2020 trotz der lange Zeit geschlossenen Grenze zur Schweiz und der damit für den Messepark fehlenden Schweizer Kundschaft wieder den ersten Platz belegen. "Das ist in der Tat eine Überraschung, mit der wir so nicht gerechnet hatten. Offensichtlich wurden die Schweizer Kunden durch Vorarlberger kompensiert, die nun verstärkt im eigenen Bundesland ihr Geld gelassen und auf Einkaufsfahrten ins benachbarte Ausland verzichtet haben", sagt Joachim Will, Geschäftsführer der Wiesbadener Wirtschaftsberatung Ecostra.

Neben dem Messepark war eine vergleichbare Entwicklung auch bei anderen Vorarlberger Einkaufszentren zu beobachten. So schaffte es das GWL in Bregenz, hinter dem Riverside in Wien-Liesing, auf den dritten Platz im Ranking. Der im Süden Vorarlbergs in Bludenz-Bürs lokalisierte Zimbapark befindet sich ebenfalls in den Top Ten.

Will: "Gerade bei den Shoppingcentern hat Corona das Ranking durcheinandergewirbelt. Center-Standorte mit einer klaren Nahversorgungsprägung sind nach oben katapultiert worden." Als Beispiel nennt er das Stadtteilzentrum west in Innsbruck, das sonst immer in den hinteren Bereichen des Rankings zu finden war und nun in die Top Ten vorgestoßen ist. "Der Erfolg des west basiert wesentlich auf dem Umstand, dass dieses Center mit Merkur, Hofer und einem Müller-Drogeriemarkt über starke Nahversorgungsanker verfügt und dies nun in diesen Zeiten ausspielen kann", erläutert der Ecostra-Chef. Auch das Riverside in Wien fällt in diese Kategorie der Nahversorgungszentren und hat sich von einem 26. Platz im Center-Ranking 2020 auf den zweiten Stockerlplatz verbessert.

Nichtsdestotrotz konnten sich verschiedene modelastige und groß dimensionierte Flaggschiffe des Handels in diesen stürmischen Zeiten ebenso gut behaupten. Der von einem weiträumigen Einzugsgebiet profitierende Europark in Salzburg findet sich wieder in den Top Ten und auch die Plus City in Pasching und das dez in Innsbruck haben von ihren Mietern weiterhin gute Bewertungen erhalten.

Schlusslichter des Center-Rankings sind in diesem Jahr mit der Shopping Arena und dem Forum 1 zwei Salzburger Center, wobei die im Süden der Stadt Salzburg in der Alpenstraße gelegene Shopping Arena die "rote Laterne" hält. An drittletzter Stelle findet sich die BahnhofCity im Wiener Hauptbahnhof. "Die beiden Salzburger Einkaufszentren wurden bereits in den Vorjahren von den Mietern kritisch bewertet und haben offensichtlich auch keine besonders ausgeprägte Nahversorgungsfunktion, mit der sie in diesen Zeiten punkten können", begründet Will diese Entwicklung.

Wie bereits in den Vorjahren, so wurde auch bei der aktuellen Befragungsrunde die Rutter-Gruppe von den Mietern als kompetentester Betreiber von Shoppingcentern ausgezeichnet. Seit der Report im Jahr 2012 erstmals erstellt wurde, hat noch nie ein anderes Unternehmen die Rutter-Gruppe von der Spitze des Betreiber-Rankings verdrängen können. An zweiter Stelle folgt die Spar-Tochter SES und an dritter Stelle die ECE. Neben der allgemeinen Leistungsfähigkeit der Betreiber in Fragen wie Vermietung, Center-Organisation und Marketing konnten die Mieter in diesem Jahr auch ihre Erfahrungen mit den jeweiligen Betreibern im Umgang mit den Herausforderungen der Coronakrise bewerten. Im Ergebnis ist die Reihenfolge identisch, wobei aber hier die Rutter-Gruppe als Sieger den Abstand auf die Zweit- und Drittplatzierten nochmals deutlich ausbauen konnte.

Die im Zuge der Infektionsschutzmaßnahmen behördlich verordneten Maßnahmen, wie Ladenschließungen und Zugangsbeschränkungen, haben den Handel durchwegs einem enormen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Etwa 32 Prozent der befragten Filialisten haben angegeben, dass ihr Unternehmen durch Corona in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. In Reaktion haben über zwei Drittel der Center-Mieter ihre Mietzahlungen entweder ganz oder teilweise ausgesetzt, wobei aufgrund dessen mit 15 Prozent der Befragten aber nur ein vergleichsweise geringer Anteil in juristische Auseinandersetzungen mit Vermietern verwickelt ist. Will: "Scheinbar wurden in vielen Fällen einvernehmliche Lösungen gefunden, da es auch für die Center-Betreiber von großer Bedeutung ist, dass nach Wiedereröffnung die Mieter noch vorhanden sind und nicht Ladenleerstände und heruntergelassene Rollbalken das Bild dominieren."

Gleichwohl ist davon auszugehen, dass nach dem Lockdown der Druck auf die Mieten anhält. Etwa 80 Prozent der befragten Filialisten wollen ihre Miethöhe nachverhandeln. "Bei der Vergleichsuntersuchung im deutschen Shoppingcenter-Markt hatten wir ein fast identisches Ergebnis. Es zeigt sich zudem, dass die Mieter mit einer gewissen Skepsis die weitere wirtschaftliche Entwicklung ihrer Standorte betrachten", erklärt der Experte. So gehen 75 Prozent der Filialisten davon aus, dass die restriktiven Maßnahmen während der Coronapandemie zu einer nachhaltigen Verlagerung von Umsatzanteilen aus dem stationären Handel in das Internet führen werden. "Auch dieser Wert deckt sich mit den Ergebnissen aus Deutschland."