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Keine Entspannung in Sicht

Der Immobilienmarkt hat auch 2021 zugelegt. Viele Käufer gehen auch wegen der Pandemie lieber auf Nummer sicher.

Immobilieneigentum in Stadt und Land ist gefragt wie nie.
Immobilieneigentum in Stadt und Land ist gefragt wie nie.

Das Jahr 2021 war für die Immobilienwirtschaft durchaus erfolgreich, trotz der Pandemie. Das zeigen die ersten Marktanalysen, die zu Jahresbeginn veröffentlicht werden. Und das dürfte auch so weitergehen. Denn die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Österreich wird auch im Jahr 2022 weiter steigen. Sowohl als Wertanlage als auch für die Eigennutzung bleibt die Investitionsfreude in vermeintlich sichere Liegenschaften ungebrochen hoch, wie etwa der Marktüberblick für Wohnimmobilien (auf Basis von Daten von Immoservice Austria/terravistor GmbH) von Engel & Völkers für 2021 veranschaulicht. Entsprechend zogen im abgelaufenen Jahr wie auch schon im Jahr davor die Preise für Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser in allen Bundesländern nochmals deutlich an.

Bild: SN/engel & völkers wien
Es fehlen alternative, attraktive Anlage- möglichkeiten.
Philipp Niemann, Engel & Völkers Wien

"2021 war ein außergewöhnliches Immobilienjahr. Die Inflation, das knappe Angebot und die weiter steigenden Preise führen bei Kunden dazu, noch intensiver und rascher in Immobilien zu investieren", so Geschäftsführer Philipp Niemann vom Engel & Völkers Market Center Wien. "Es fehlen alternative, attraktive Anlagemöglichkeiten und für größere Barvermögen drohen sogar spürbare Strafzinsen. Das befeuert die Preise am Wohnimmobilienmarkt zusätzlich."

Das höchste Wachstum bei den Wohnpreisen im Vergleich zum Vorjahr hatte demnach das Burgenland mit einem Plus von 20,5 Prozent zu verzeichnen, wo die Zahl an Eigentumswohnungen jedoch sehr gering ist. Es folgen Tirol mit plus 17,0 Prozent und Salzburg mit plus 15,6 Prozent. Unter den Landeshauptstädten gab es den höchsten Anstieg in Innsbruck (plus 17,4 Prozent), dicht gefolgt von Salzburg (plus 17,3 Prozent) und Bregenz (plus 16,7 Prozent). Den geringsten Anstieg unter den Landeshauptstädten wies St. Pölten mit einem Plus von immerhin 10,3 Prozent auf. In der Bundeshauptstadt Wien stiegen die Preise für Eigentumswohnungen um durchschnittlich 14,3 Prozent.

Das höchste Preisniveau unter den Bundesländern weist weiterhin Wien auf

In Wien kostete eine Eigentumswohnung 2021 durchschnittlich rund 5417 Euro/Quadratmeter. Es folgen Vorarlberg (5218 Euro/Quadratmeter) und Tirol (5065 Euro/Quadratmeter). Unter den Landeshauptstädten liegen Innsbruck mit 6374 Euro/Quadratmeter und Salzburg mit 5595 Euro/Quadratmeter noch vor Wien.

Die durchschnittlichen Verkaufspreise für Ein- und Zweifamilienhäuser stiegen im Vergleich zu 2020 ebenfalls in allen Bundesländern. Einen besonders deutlichen Anstieg verzeichnet Tirol mit einem Plus von 72,9 Prozent. Hier hat die hohe Nachfrage im Premiumsegment einen deutlichen Anteil an dieser enormen Preissteigerung. Im Bundesland Kärnten stiegen die Verkaufspreise um 33,6 Prozent, gefolgt von Salzburg mit einem Anstieg um 29,4 Prozent und Wien um 22,6 Prozent. Unter den Landeshauptstädten gab es den höchsten Anstieg in Linz (plus 32,2 Prozent) vor Bregenz (plus 23,1 Prozent) und Graz (plus 20,9 Prozent).

Das höchste Preisniveau unter den Bundesländern weist nun Tirol auf. Hier kostete ein Haus 2021 durchschnittlich rund 977.000 Euro. Es folgen Wien mit 855.000 Euro und das Bundesland Salzburg mit 705.000 Euro. Unter den Landeshauptstädten liegen Innsbruck (1,26 Mill. Euro) und Salzburg (994.000 Euro) noch vor Wien. Der teuerste aller Bezirke bleibt Kitzbühel, der durchschnittliche Verkaufspreis stieg hier auf rund 2,6 Millionen Euro.

"Durch diese enormen Preissteigerungen entwickelt sich die eigengenutzte Immobilie zunehmend zu einem Luxusgut. Die Preisentwicklung ist Ergebnis aus günstigem Geld durch historisch niedrige Zinsen bei einer guten wirtschaftlichen Entwicklung und steigenden Löhnen", sagt Niemann. Hinzu kommen schockartige Unsicherheiten, ob die Finanzkrise, die Coronapandemie oder die aktuelle Debatte über eine zunehmende Inflation. All das hat einen Einfluss auf das Vermögen der Menschen. "Diese Umstände führen dazu, dass viele Menschen auf ein sicheres Investment in Form einer eigengenutzten oder fremdgenutzten Immobilie setzen", erklärt der Experte.

Neue Trends in den Städten

Auf dem großstädtischen Wohnungsmarkt in Österreich, also der Bundeshauptstadt Wien und einigen Landeshauptstädten wie Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck, zeichnen sich für 2022 einige neue Trends ab, erklärt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen GmbH: "Insbesondere ist die Tendenz zu Kleinstwohnungen und Mikroapartments gebrochen, da im Mietbereich wieder deutlich mehr Drei- oder Vierzimmerwohnungen gesucht werden als in den Vorjahren." Allerdings werde gerade in diesem Segment weiterhin größter Wert auf effiziente Grundrisse gelegt, um die gewünschte Zimmerzahl auf möglichst kleiner Fläche zu erreichen. "Der Trend zu mehr Zimmern schlägt sich daher nur abgeschwächt in steigender Wohnungsgröße nieder", erklärt Schunker: "Gesucht und gebraucht werden mehr Zimmer mit möglichst wenig Zusatzfläche, um die eigenen Wohnbedürfnisse optimal zu erfüllen und zugleich die Höhe der monatlichen Mietkosten gering zu halten."

In der Regel seien im Neubau Dreizimmerwohnungen heute zwischen 65 und 75 Quadratmeter, Vierzimmerwohnungen zwischen 80 und 90 Quadratmeter groß. Für diese Entwicklung sind mehrere Gründe verantwortlich: Zum einen hat die Coronakrise mit Homeoffice und Homeschooling den Bedarf nach zumindest einem zusätzlichen Zimmer verstärkt, um eine räumliche Trennung zwischen den Haushaltsmitgliedern zu ermöglichen. Des Weiteren eröffnet das stark gestiegene Angebot an Mietwohnungen den Wohnungssuchenden erfreulicherweise ein größeres und vielfältiges Angebot. Vor allem in Stadtteilen mit starker Neubautätigkeit und großvolumigen Wohnbauprojekten wird daher die Vermarktungsdauer tendenziell länger.

Die guten Möglichkeiten für Wohnungssuchende im Mietbereich schlagen sich laut Expertin auch in durchschnittlich länger werdenden Laufzeiten bei befristeten Mieten nieder. "Hier gibt es ein gemeinsames Interesse von Vermietern und Mietern", sagt Schunker. "Vermieter senden so das Signal, dass sie an möglichst langfristigen Vermietungen interessiert sind, und Mieter nehmen die perspektivische Sicherheit einer langen Vertragslaufzeit gern an, um auch gegebenenfalls in die individuelle Gestaltung ihrer Wohnung zu investieren."

Keine Trendwende ist bei Eigentumswohnungen zu erkennen.

"Hier werden die Preise nach einem Zuwachs um durchschnittlich 6,5 Prozent im Jahr 2021 voraussichtlich um weitere 5,5 bis 7,0 Prozent steigen, da sich das Angebot bei zugleich steigenden Bau- und Grundstückskosten weiter verknappen wird", das betreffe vor allem Wien. Dort beginnen die Quadratmeterpreise für Wohnungen im Erstbezug mittlerweile bei rund 5000 Euro, die stärkste Nachfrage liegt bei einem Gesamtkaufpreis von rund 300.000 Euro. "Dreizimmerwohnungen mit den heute praktisch unverzichtbaren Freiflächen sind um diesen Preis nur sehr selten zu bekommen, daher liegt der Schwerpunkt des Markts weiterhin bei Zweizimmerwohnungen", erklärt Schunker.

Die Verbesserung der Nachhaltigkeit wird 2022 ein zentrales Thema für die Wohnungswirtschaft sein. Dabei rückt nach der bereits recht eindrucksvollen Senkung des Energiebedarfs jetzt verstärkt die Bodenversiegelung ins Blickfeld. Schunker: "Die stark gestiegenen Energiepreise werden zudem eine Motivation darstellen, nachhaltige Energiequellen wie Photovoltaik, Solarthermie und Erdwärme noch stärker zu forcieren." Im Bereich des Wohnungsbestands werde das neue Wohnungseigentumsgesetz, das einfachere Beschlussfassungen der Eigentümer zum Thema Nachhaltigkeit bringt, eine neue Dynamik entfalten. Schunker: "Für die Eigentümer wirtschaftlich sinnvolle und gleichzeitig gesellschaftlich und ökologisch wünschenswerte Maßnahmen können so einfacher umgesetzt werden."