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Die Investoren bleiben an Bord

Österreich ist als stabiler Markt auch jetzt beliebt. Wien mischt unter den Metropolregionen Europas in den vordersten drei mit.

Wien gehört für Investoren zu den attraktivsten Metropolen in Europa.
Wien gehört für Investoren zu den attraktivsten Metropolen in Europa.

Während es auf dem heimischen Immobilienmarkt für Wohnimmobilien eine große Nachfrage gibt, hinterlässt das Virus beim europäischen Investmentvolumen deutliche Spuren. Im dritten Quartal 2020 wurden laut einer CBRE-Analyse 49 Mrd. Euro in europäische Immobilien investiert, was einem Rückgang von 36 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 entspricht. Insgesamt beläuft sich das Investmentvolumen von Jänner bis September 2020 in Europa auf 183 Mrd. Euro und liegt damit elf Prozent unter Vorjahresniveau.

Erreichten die Immobilieninvestments im ersten Quartal 2020 aufgrund von Mega-Deals in Deutschland, Großbritannien und Skandinavien noch Rekordniveaus, so wirkte sich im zweiten und dritten Quartal bereits die Pandemie deutlich auf die Transaktionen aus. Jene Länder, die das Virus besser unter Kontrolle hatten, mussten weniger Rückgänge bei den Investitionen hinnehmen. Die Schweiz ist das einzige Land in Europa, in dem in diesem Jahr ein massives Plus beim Investitionsvolumen verzeichnet wurde. Von Jänner bis September wurde um 24 Prozent mehr investiert als im selben Zeitraum 2019, im dritten Quartal war das Investmentvolumen um 124 Prozent höher als in den Sommermonaten des Vorjahres. In Deutschland wurde in den ersten drei Quartalen um zehn Prozent mehr investiert als im Vergleichszeitraum 2019, im dritten Quartal war allerdings ein Rückgang um 34 Prozent zu verzeichnen, was im Vergleich noch immer moderater ist als im Rest Europas.

Logistik und Wohnanlagen stabil, Retail unter Druck

Keine Asset-Klasse wurde von der Pandemie verschont, allerdings war der Logistik-Sektor einmal mehr der stabilste. Von Jänner bis September war dieser Sektor nur drei Prozent im Plus gegenüber dem Vorjahr, im dritten Quartal gab es allerdings ein Minus von neun Prozent. Eine ähnliche Entwicklung gab es im Sektor der Wohnanlagen, der über die ersten neun Monate ähnlich gut verlief wie im vergangenen Jahr, allerdings im dritten Quartal 49 Prozent unter dem Vorjahresniveau blieb. Der Retail-Sektor war 2019 bereits unter Druck, das Investmentvolumen der ersten drei Quartale 2020 war ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres, im dritten Quartal allerdings 18 Prozent unter dem Vorjahreswert. Am meisten sind die Sektoren Office und Hotel vom Investmentrückgang in Europa getroffen.

Bild: SN/cbre
Der Qualitätstrend bei Immobilien setzt sich weiterhin fort.
Chris Brett, CBRE Europe

"Der Rückgang bei den Immobilieninvestments in Europa hatte unterschiedliche Auswirkungen auf die Preise. Einerseits sind Multifamily- und Logistik- sowie Prime-Office-Immobilien in Deutschland, Frankreich und Großbritannien nach wie vor sehr gefragt, wodurch die Renditen bei Büroimmobilien in den wichtigsten deutschen Städten und Paris erneut gesunken sind", sagt Chris Brett, Head of EMEA Capital Markets bei CBRE. Dies sei ein Resultat des Qualitätstrends, der sich noch weiter fortsetzen werde. "Unternehmen wollen Büros in Toplagen mit Topausstattung mieten, was sich auch im Investoreninteresse widerspiegelt. Andererseits sind die Preise für Büroimmobilien in B-Lagen und mit Sanierungs- bzw. Vermietungsbedarf, für durchschnittliche Retailobjekte sowie Hotels, für die wir in den kommenden Quartalen eine angespannte Situation erwarten, unter Druck."

Österreich ist sicherer Markt

Österreich gilt als sicherer und stabiler Markt, der von der Krise weniger getroffen wurde als andere europäische Länder. Bis zum Jahresende werden laut Analyse voraussichtlich drei Mrd. Euro in österreichische Immobilien investiert werden, zum Ende des dritten Quartals waren es bereits 2,3 Mrd. Euro, wobei Büroimmobilien die stärkste Assetklasse bisher in diesem Jahr waren. "Die Investoren sehen Wiener Büroimmobilien auch außerhalb des Premiumsegments aufgrund der geringen Neuflächenproduktion und des grundsätzlich moderaten Mietlevels derzeit noch deutlich positiver als in anderen europäischen Märkten", analysiert Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich: "Die in den Boomjahren oft von Investorenseite skeptisch beurteilte geringe Marktdynamik bei den Mieten und der hohe Anteil an öffentlichen Mietern auf dem Wiener Büromarkt stellen aktuell einen Vorteil für den heimischen Büroinvestmentmarkt dar."

Immobilien in europäischen Hauptstädten nach wie vor beliebt

Immobilien-Investments in den Metropolen Europas bleiben auch weiterhin begehrt. Das bestätigt auch eine Umfrage des deutschen Meinungsforschungsinstituts Kantar unter 400 institutionellen Investoren in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien. Demnach hält fast jeder vierte Investor den Wiener Immobilienmarkt für den attraktivsten in Europa (23 Prozent). Noch höher in der Gunst der Anleger stehen lediglich die englische Hauptstadt London (39 Prozent) und Berlin (35 Prozent).

Länderübergreifend sind 88 Prozent überzeugt, dass Wohnimmobilien-Investments in europäischen Hauptstädten in den kommenden fünf Jahren nicht an Attraktivität verlieren. Insbesondere die österreichischen Investoren zeigten sich dabei heimatverbunden, hier wurde Wien von 80 Prozent der Befragten als Topstandort genannt. Auf Platz zwei wählten die Österreicher den Immobilienmarkt Berlins (53 Prozent), auf Platz drei landete Amsterdam (26 Prozent). Umgekehrt wird insbesondere im Nachbarland Deutschland aufmerksam verfolgt, was sich auf dem österreichischen Immobilienmarkt tut. Dort landete Wien mit 29 Prozent auf Platz zwei der präferierten Investmentstädte hinter Berlin (51 Prozent).

Der Bauträger "Wiener Komfortwohnungen" hatte die Umfrage in Auftrag gegeben, um umfassende Einblicke in die Markteinschätzungen, Bedürfnisse und Investment-Kriterien institutioneller Investoren zu gewinnen. Durch die Ergebnisse sieht Geschäftsführer Alexander Finster seine Strategie bestätigt. "Der massive Wohnraum- und Baubedarf in den europäischen Metropolen trifft auf Investorenseite auf das Bedürfnis, finanzielle Mittel gerade in turbulenten Zeiten sicher und gewinnbringend anzulegen", sagt er. "Diese Interessen zusammenzuführen ist der Schlüssel zur dringend benötigten gesellschaftlichen Antwort auf den Megatrend der Urbanisierung."

Pandemie verändert Verhalten der Investoren nur wenig

Die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie bringen die meisten Investoren der Umfrage zufolge bisher nicht aus der Ruhe. Nahezu zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) haben nach eigener Aussage nicht vor, ihr Anlageverhalten bei Immobilien zu ändern bzw. innerhalb des Portfolios umzuschichten. Bei den österreichischen Anlegern ist der Anteil etwas niedriger (57 Prozent).

Grundsätzlich bleibt für die überwältigende Mehrheit aller Befragten (88 Prozent) die Lage einer Immobilie das entscheidende Auswahlkriterium (Österreich: 94 Prozent). An zweiter Stelle landete das Merkmal "Bau- und Ausführungsqualität" mit länderübergreifend 47 Prozent der Nennungen. Insbesondere den österreichischen Investoren ist dieses Kriterium mit 65 Prozent deutlich wichtiger als den Befragten in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz.

Sowohl in Wien als auch in anderen Metropolregionen setzen Investoren zudem immer mehr auf Wohnquartiere in den sogenannten Speckgürteln: Die "Metropolregion" landete unter den befragten Investmentprofis mit 34 Prozent der Nennungen auf Platz zwei der bevorzugten Lagen hinter "Innenstadtlage/Stadtzentrum" (46 Prozent).

Finster ist überzeugt, dass das Umland noch viel stärker in den Blick von Investoren und Bauwirtschaft rücken wird. "Das Wachstums- und Verdichtungspotenzial der Innenstädte ist erschöpft, sodass sich die Nachfrage zwangsläufig in neue, suburbane Zentren mit guter Infrastruktur und Anbindung verlagert."