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Das Zinshaus zieht aufs Land

Das Investment in Zinshäuser war bisher vor allem ein Wiener Thema. Angesichts des dortigen engen Marktes suchen Interessenten immer mehr in den Bundesländern.

Typische Wiener Zinshäuser sind gefragt, aber rar. Viele Investoren schauen sich jetzt in den Bundesländern um.
Typische Wiener Zinshäuser sind gefragt, aber rar. Viele Investoren schauen sich jetzt in den Bundesländern um.

Der österreichische Zinshausmarkt ist seit Jahren ein stabiler und attraktiver Sektor. Und er ist vor allem ein Wiener Phänomen, zumal sich dort auch Tausende der klassischen Wiener Gründerzeithäuser befinden, die das Stadtbild prägen.

Zinshäuser: weniger Rendite - mehr Sicherheit

Für Anleger sind diese Zinshäuser in den vergangenen Jahren immer attraktiver geworden, obwohl die Renditen sinken und die meisten dieser Häuser unter die sogenannte Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes fallen, also nur Richtwertmieten plus eventuelle Aufschläge verlangt werden dürfen. Vor zehn Jahren lag die Rendite bei Zinshäusern noch bei fünf bis sechs Prozent, heute bekommt man keines mehr mit mehr als einem Prozent. Dennoch sind die Häuser gefragt, denn es ist auf dem Markt genug Geld da und die Anleger achten weniger auf die Rendite als auf die Sicherheit. Und da kann das Zinshaus punkten. Interessant sind vor allem jene Gebäude, die nicht vermietet sind. Sie werden oft baulich ausgehöhlt und faktisch neu errichtet, die einzelnen Wohnungen dann auf dem Markt verkauft. Das ist - richtig gemacht - dann schon ein attraktives Investment.

Da der Markt in Wien nicht so viel hergibt, wie nachgefragt wird, weichen Investoren zunehmend in die Bundesländer aus. Auch wenn beispielsweise die Stadt Salzburg kaum "typische" Zinshäuser hat, so sind die Investoren hier dennoch interessiert, ebenso wie in Graz, Linz, Innsbruck oder Klagenfurt.

Das bestätigt auch der neueste Zinshausreport der Hudej Zinshaus GmbH in Wien.

Drei Trends am Zinshausmarkt

Demnach prägen drei wesentliche Trends den österreichischen Zinshausmarkt im vergangenen Jahr: Share Deals nehmen zu, Wien bleibt auf hohem Niveau und die Bundesländer heben ab.

Gerhard Hudej, Gründer und Geschäftsführer der Hudej-Zinshäuser-Gruppe, analysiert alljährlich den Markt, so auch für das Jahr 2020. Alle bis inklusive Februar verbücherten Zinshaus-Transaktionen des Jahres 2020 wurden erfasst und durch eigene Recherchen ergänzt beziehungsweise überprüft.

"Das bisherige Ergebnis unserer Recherchen zeigt, dass sich der Zinshausmarkt im Jahr 2020 sehr gut entwickelt hat", konstatiert der Experte: "Aber die Zahlen sind aufgrund der Krise noch lückenhaft, da in den Grundbuchsämtern der großen Städte offenbar starke Verzögerungen eingetreten sind. Wir werden daher konkrete Daten erst Mitte bis Ende des zweiten Quartals bekannt geben können."

Bild: SN/hudej
Professionelle Marktteilnehmer bevorzugen Share Deals.
Gerhard Hudej, Hudej Zinshaus GmbH

Jetzt schon zeigt sich aber: In allen Bundesländern außer Wien sind im Jahr 2020 die Zinshausmärkte stark gewachsen. "Die Steigerungen in den Bundesländern waren teilweise außergewöhnlich hoch und übertreffen alle bisherigen Jahre", erklärt Hudej. Deutlich zu beobachten sei etwa die Tendenz zum Share Deal. Dabei wechselt nicht die Immobilie an sich den Besitzer, sondern das Unternehmen, dem die Immobilie gehört. Das spart Steuern und Abgaben, steht aber "normalen" Anlegern kaum offen, sondern nur institutionellen Investoren. Die wichtigsten Gründe für Share Deals sind die hohen Preise und der wachsende Anteil der Profis unter den Verkäufern. "Denn professionelle Marktteilnehmer bevorzugen den Share Deal, um bei den Nebenkosten und den Steuern zu sparen - umso mehr, je höher die Preise sind", weiß Hudej.

Marktdaten werfen Fragen auf

Die derzeit vorliegenden Marktdaten werfen allerdings Fragen auf, da sie ein sehr ambivalentes Bild für das Jahr 2020 ergeben. Österreichweit ergibt sich aktuell ein Rückgang beim Transaktionsvolumen, aber ein starker Anstieg bei der Transaktionsanzahl. In Wien zeigen sich bisher sowohl beim Volumen als auch bei der Anzahl an Transaktionen rückläufige Zahlen. In Graz stieg die Transaktionsanzahl stark, das Volumen aber ist laut heutigen Zahlen deutlich geringer als im Vorjahr.

Die Erklärung von Hudej: "Dort, wo die größten Volumina gedreht wurden - also in Wien und in der zweitgrößten Stadt Graz -, wirkt sich die Verzögerung in den Grundbuchsämtern am stärksten auf das Volumen aus." Da Wien gleichzeitig Stadt und Bundesland ist, weisen Transaktionsanzahl und Volumen noch ein Minus gegenüber 2020 auf.

In der Steiermark gibt es aber außerhalb von Graz auch andere Transaktionen im Bundesland. Daher wird hier bisher nur beim Volumen ein Minus ausgeworfen, während die Transaktionsanzahl aus heutiger Sicht schon höher ist als im Vorjahr. "Da Wien den Gesamtmarkt am stärksten beeinflusst, ergibt sich für ganz Österreich aus heutiger Sicht ein Minus beim Volumen, aber ein Plus bei der Transaktionsanzahl."

Insgesamt zieht man bei Hudej Zinshäuser aus den bisher vorliegenden Zahlen und der eigenen Marktbeobachtung folgende Schlussfolgerung: Die aktuelle Situation hat den Zinshausmarkt nicht beeinträchtigt, aber zu starken Verzögerungen in den Grundbuchsämtern geführt, vor allem in Wien und Graz. Daher wird es für 2020 zu sehr hohen Nachläufen bis weit ins Jahr 2021 hinein kommen. Erst Mitte des laufenden Jahres wird man somit über valide Zahlen für 2020 verfügen, möglicherweise erst noch später.

Interessant ist ein Blick auf die Stadt Salzburg, die - wie erwähnt - weniger typische Zinshäuser hat, als vielmehr Stadtvillen, oft auch aus der Gründerzeit. Die Stadt hat naturgemäß mit 56 Prozent des Volumens den höchsten Anteil an Zinshauskäufen 2020 im gesamten Bundesland. Konkret sind es 36 Transaktionen um 74,2 Mill. Euro. Immerhin: Eine Liegenschaft in Mattsee wechselte um 5,2 Mill. Euro den Besitzer. Insgesamt erreicht der Zinshausmarkt im Bundesland ein Volumen von 131,8 Mill. Euro für 92 Objekte. Von diesen 92 Verkäufern waren 66 Private, 25 Firmen und ein institutioneller Investor. Bei den Käufern ändert sich das Bild, denn 50 Käufer waren Firmen und 40 Private.