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Airbnb: Ist die Luft draußen?

Airbnb ist beliebt bei Reisenden und beliebter Sündenbock auf dem Immobilienmarkt. Die gegenwärtige Lage stellt alles auf den Kopf. Tausende Wohnungen könnten nun auf den Markt kommen.

Auch Airbnb-Vermieter leiden unter der Krise, die Preise rasseln in den Keller. Viele überlegen wieder eine reguläre Vermietung.
Auch Airbnb-Vermieter leiden unter der Krise, die Preise rasseln in den Keller. Viele überlegen wieder eine reguläre Vermietung.

Airbnb ist seit Jahren ein heftig umstrittenes Thema nicht nur in Immobilienkreisen. Denn günstig zu nächtigen, vor allem, wenn man keine hohen Ansprüche hat, ist nicht nur für junge Menschen ganz wesentlich, auch ältere Semester übernachten inzwischen gerne fernab von Hotels & Co. Das ist nicht verwerflich, sondern füllt eine Marktlücke im touristischen Angebot. Heikel wird es, wenn alle Aspekte betrachtet werden. Denn gerade teure Reiseziele sind oft nur auf einer solchen Basis zu besuchen, denn junge Interrail-Reisende oder Rucksacktouristen haben kein großes Budget. Da freut man sich, wenn die Tochter ein günstiges Airbnb-Angebot in Paris findet. Ist es aber umgekehrt, wenn also Gäste im teuren Salzburg auf diese Angebote ausweichen, dann schaut die Sache anders aus, da ist die Freude schnell vorbei. Denn viele Eigentümer und auch Mieter sind hierzulande auf den Geschmack gekommen und haben ihren Wohnraum auf Airbnb angeboten, um sich ein Nebeneinkommen zu sichern, nicht immer auf legaler Basis, Stichwort: Steuerhinterziehung. Städte wie Salzburg haben inzwischen einen neuen rechtlichen Rahmen geschaffen, wo und wie Airbnb-Vermietung noch möglich ist.

Airbnb entzieht dem deutschen Immobilienmarkt Wohnraum

Der Hauptkritikpunkt kommt aber von anderer Seite. Für Airbnb werde dem Immobilienmarkt Wohnraum entzogen, was sich direkt auf die Preisspirale auswirke. Wie weit diese Behauptung stimmt, lässt sich in Österreich bisher nicht darstellen. Für Deutschland hat nun das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) eine Erhebung für die Hauptstadt Berlin durchgeführt. Seit rund zehn Jahren steigen dort die Mietpreise von Wohnimmobilien stark an. Kurzzeitvermietungen über Vermittlungsplattformen wie Airbnb stehen im Verdacht, diese Entwicklung weiter zu verstärken. Die DIW-Studie zeigt: Durch eine zusätzliche Airbnb-Unterkunft steigen die Angebotsmieten der umliegenden Wohnungen um durchschnittlich 13 Cent je Quadratmeter. "Dies ist vor allem auf Airbnb-Angebote zurückzuführen, die länger als 180 Tage untervermietet werden und so dem regulären Wohnungsmarkt entzogen werden", erklärt Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am DIW Berlin. Zwischen den einzelnen Berliner Stadtbezirken zeigen sich große Unterschiede: Die Mietsteigerungen je zusätzlichem Airbnb-Angebot reichen von monatlich acht Cent je Quadratmeter in Berlin-Mitte bis 46 Cent je Quadratmeter in Berlin-Lichtenberg. Die meisten Airbnb-Unterkünfte werden zwar im Stadtzentrum angeboten, der Airbnb-Effekt auf die Wohnungsmieten ist hier dennoch etwas geringer als der berlinweite Durchschnitt.

Nachteile für Anwohner

DIW-Immobilienexperte Claus Michelsen erläutert: "Werden in einem Kiez (Stadtteil, Anm.) sehr viele Airbnb-Unterkünfte angeboten, könnten die Nachteile für Anwohner und Anwohnerinnen - beispielsweise nächtlicher Lärm - so sehr ansteigen, dass reguläre Wohnungen weniger gefragt sind. Eine alternative Erklärung könnte sein, dass die Nachfrage nach Wohnungen im Zentrum so groß ist, dass der Airbnb-Effekt nicht mehr ausschlaggebend ist."

Kurzzeitvermietungen haben auch positive Effekte

In ihre kausale Analyse bezogen die Ökonomen neben den Angebotsmieten auch Wohnungsmerkmale wie Größe und Ausstattung, Daten zur Wohnlage wie die nächtliche Lärmbelastung und die Nähe zu Bushaltestellen und Supermärkten ein. Zudem nutzten sie monatliche Daten zu den Airbnb-Angeboten in Berlin.

Das im Jahr 2014 beschlossene Zweckentfremdungsverbot-Gesetz habe die Kurzzeitvermietung in Berlin stark eingegrenzt. Infolgedessen wurden auf dem Mietwohnungsmarkt mehr Wohnungen angeboten, wodurch die Mieten etwas gesunken sind. "Je nach Bezirk kann dies bei einer 65 Quadratmeter großen Wohnung eine monatliche Ersparnis von bis zu 38 Euro ausmachen", sagt Studienautor Michelsen. Allerdings wird nur ein geringer Anteil aller Berliner Wohnungen über Airbnb vermietet. Im Jahr 2020 wurden monatlich rund 10.000 ganze Wohnungen angeboten. Dies entspricht etwa 0,5 Prozent der fast zwei Millionen Wohnungen in Berlin. Das Zweckentfremdungsverbot dürfte also die Wohnungsknappheit und damit den Mietpreisanstieg in der deutschen Hauptstadt nicht entscheidend verringern. Zudem können Kurzzeitvermietungen auch positive Effekte haben. "Beispielsweise kann der vorhandene Raum effizienter genutzt werden, wenn kurzzeitig leer stehende Wohnungen an Dritte vermietet werden können", erklärt Studienautor Duso. Kurzzeitvermietung über Airbnb und ähnliche Plattformen zu regulieren könne also das Wohnungsangebot kurzfristig verbessern. Bei einem vollständigen Verbot würden aber klare Verluste entstehen.

Und wie ist die Lage in Österreich?

Durch die aktuelle Krise sei das Vermietungspotenzial via Airbnb de facto bei null, sagt Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin der EHL Wohnen GmbH: "Der Markt ist zusammengebrochen. Das war ohnehin immer eine rechtliche Grauzone. Jetzt kommen viele dieser Wohnungen auf den Markt." Da niemand weiß, ob, wann und in welchem Ausmaß sich gerade der Städtetourismus wieder erholen wird, dürften viele Wohnungsbesitzer nun doch wieder auf den regulären Vermietungsmarkt wechseln. "Ich schätze, dass allein in Wien rund 10.000 leere Airbnb-Wohnungen wieder auf den Markt kommen", sagt Bauernfeind.